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02.10

„Ich durfte immer gleich richtig ran“ – Stefan Assfalg im Interview

von Elena Lorscheid unter Radio

Stefan Assfalg (37) ist Unternehmenssprecher und Leiter Medienpolitik bei Antenne Bayern. Für Blmplus berichtet er, wie er damals beim Lokalradio anfing und seine goldene Stimme entdeckt wurde. Das Interview gehört zu unserer Reihe von Radio- oder Fernsehprominenz, deren journalistische Wurzeln in der lokalen Medienlandschaft Bayerns liegen.

„Es ist wichtig, beim Lokalsender anzufangen“

Herr Assfalg, Sie kommen ja aus Tettnang aus dem Oberschwäbischen, der drittgrößten Stadt nahe des Bodensees. Wie war es für Sie da aufzuwachsen? Sehen Sie Ihre Heimat eher dort oder eher in München?

Stefan Assfalg / Foto: Stefan Assfalg

Heimatlich fühle ich mich immer noch sehr mit dem Land verwachsen. Auch nach fast dreizehn Jahren München jetzt. Als Dorfkind liebt man die Natur sein ganzes Leben lang und ich bin richtig klischeehaft aufgewachsen zwischen Hopfen und Wiese mit Hund und Pferden. Klar waren dann Radio und Fernsehen das Tor zu Welt – und das ist auch heute noch so. Als ich dann bei Radio Lindau als Volontär angefangen hatte, lag deren Gebäude direkt an der A96 mit Blick auf den Pfänder. Es war Wahnsinn – während der Morning-Show sah man direkt den Sonnenaufgang.

 

„Im Radio kann man einfach mit der Stimme begeistern“

Woher wussten Sie denn, dass Sie zum Radio wollten? Hat man Sie tatsächlich gleich für die Morning-Show dort eingesetzt?

Radio hat mich immer fasziniert. Ich weiß, das ist eine abgedroschene Floskel, die gerne verwendet wird. Im Radio kann man einfach mit der Stimme begeistern, ohne Bilder. Der Hörer macht sich seine eigene Vorstellung und Radio ist das Medium, mit dem Macher – und ich zähle mich als Radiomacher – genau dieses Kino im Kopf erzeugen können. Ich wollte immer Radio machen, schon als Kind.

In der achten Klasse war ich bei Radio Seefunk in Konstanz im Schülerpraktikum. Die Redakteure haben mir das Beitrags schneiden, damals noch mit Tonband, beigebracht und ich durfte Veranstaltungshinweise machen und in der Morning-Show sitzen. Mir wurden Dinge von Formatradio versucht zu erklären. (lacht) Heute verstehe ich die Zusammenhänge und erkläre selbst die Wichtigkeit von Sendeuhren, festen Playlisten und Masterplänen. Außerdem haben sie dort festgestellt, dass ich eine Radiostimme habe.

„Meine Mutter hätte am liebsten das BWL-Studium gesehen“

Nach dem Praktikum suchte Radio Lindau einen Werbesprecher. Meine Stimme gefiel ihnen. Sie sagten, ich hörte mich älter an, als ich war. Damals bekam ich pro Werbespot so um die fünfundzwanzig Mark. Die kleinen Sender haben noch selbst produziert und ich bin dann jeden zweiten Monat auf meinem Mofa für vier bis fünf Spots dahingefahren. Die Geschäftsführerin von Radio Lindau sagte: „Herr Assfalg, wenn Sie dann mal fertig sind mit dem Abitur, melden Sie sich bei uns.“

Wie ging es dann weiter nach der Schule?

Meine Mutter hätte am liebsten das BWL-Studium gesehen und fragte mich auf dem Abi-Ball, wie es denn nun mit dem Studium aussieht. Und ich sagte: „Am Montag arbeite ich bei Radio Lindau“. So war es dann auch. Erstmal habe ich dann dort ein zwei-monatiges Praktikum gemacht. Ich wollte unbedingt zum Radio und sehen, was die da machen.

Ich bin gleich dort mit 19 Jahren in der Phase eingestiegen, als es hieß, Radio Lindau gibt es nicht mehr lang, und fand es toll, genau bei der Umformatierung dabei zu sein. Ich liebe es, wenn es etwas Neues gibt und man mitgestalten darf. Dort habe ich gelernt, wie die Feuerwehr einsetzbar zu sein. Zu Übernehmen wenn es brennt, zu unterstützen und zu professionalisieren.

Die Gattung Radio lebt von der Veränderung und der stetigen Weiterentwicklung. Für den Hörer im Programm und den Kunden mit Werbemöglichkeiten. Und noch viel mehr im Digitalen-Audio-Bereich mit neuen Plattformen und dafür entwickelten Audio-Formaten. Wer beim Radio denkt, jetzt haben wir was, das lassen wir jetzt die nächsten Jahre genau so laufen, darf direkt dabei zusehen, wie es für den Markt uninteressant wird. Man muss dran bleiben und weiterentwickeln. Oder konsequent sein, wenn ein Ende eines Produktzyklus erreicht ist, die freigewordenen Ressourcen neu investieren und ein attraktiveres Angebot erschaffen.

„Du darfst Fehler machen. Du darfst mitgestalten.“

War es nicht chaotisch, in so einer Umbruchszeit einzusteigen?

Erstmal schon, aber ich habe es genossen. Ich hatte es auf einmal mit Beratern zur Umgestaltung zu tun, die in mir ganz schnell ein Talent gesehen haben: „Ey, der kann ja Technik, der kann strukturieren, ist engagiert und versteht die Zusammenhänge des Wirkens.“ Aus Radio Lindau wurde dann Radio Welle Bodensee. Mir wurde während des Praktikums das Volontariat angeboten und natürlich wollte ich, Teufel nochmal, ja.

Man muss dazu auch sagen, dass es ein kleines Team war, das aus sechs Programmleuten, einem Medienberater und einer Kollegin aus der Verwaltung bestand. Das bedeutete, dass jeder ran durfte bzw. ran musste und das war toll zum Lernen. Du darfst Fehler machen. Du darfst mitgestalten. Und du erkennst, wenn etwas funktioniert. Der Sender wurde später von RSA übernommen.

Sie waren dann die Stimme für alles?

Ja, und es funktionierte und macht mich immer noch stolz, und zwar jedes Jahr, wenn ich mir in der aktuellen Funkanalyse Bayern die Werte zum Standort Lindau anschaue (lacht). Nebenbei habe ich noch in einer Spieleagentur in der Kommunikation mitgearbeitet und bin dann dort hineingerutscht, als es Radio Welle Bodensee nicht mehr gab. Da habe ich auch Reichweitenspiele für Radiosender entwickelt.

Erst später ging es wieder zurück zum Radio und dann nach Österreich zu Antenne Vorarlberg, zuerst als Event-Moderator nebenher. Dort gab es dann einen Geschäftsführerwechsel und mir wurde dann die Stelle des Pressesprechers und Assistenten der Geschäftsführung angeboten – also wieder die Feuerwehr, die alles kann. Dahinter verbarg sich dann die Mitarbeit für Programm, Kommunikation und Marketing. Die Reichweitenspiele waren dann auch in Österreich beim Privat-Radio angekommen und der Sender hatte ein festes und für den Hörer verlässliches Format. Die Imagewerte wuchsen und die Innovationen trieben den Werbemarkt an.

„Ich bin kein Wolfgang Leikermoser und wäre nie einer geworden.“

Und war der Switch vom Moderieren hin zum hinter den Kulissen Arbeiten schwierig?

Nein, auch heute habe ich nicht das Gefühl, ich müsste hinters Mikro. Ich bin kein Wolfgang Leikermoser und wäre nie einer geworden. Da muss man auch realistisch sein. Radio bietet so viele Facetten und es muss nicht jeder in die Morning-Show. Allein schon das frühe Aufstehen.

Zu Antenne Bayern bin ich dann gekommen, weil mich meine Vorgängerin von Antenne Vorarlberg ganz klassisch abgeworben hat. Bei Antenne Bayern wurde die Kommunikationsabteilung umstrukturiert und sie brauchten jemanden, der Programmkommunikation versteht. Der eine Ahnung hat, was die im Programm machen, welche Strategie dahinter steht und dies für Presse übersetzt und so der Weiteste Hörerkreis weiter entwickelt werden kann. Ich wurde dort beim Vorstellungsgespräch sehr familiär und herzlich empfangen, auch von den großen Radio-Persönlichkeiten. Das habe ich als ganz toll und einzigartig empfunden und mein damaliger Geschäftsführer bei Antenne Vorarlberg sagte zu mir: „Ganz klar, Stefan, mach das.“ Wir sind heute noch die besten Freunde.

Was würden Sie heute sagen, inwiefern konnten Sie die regionalen Medien bei Ihren Talenten unterstützen?

„Es ist nie für den Papierkorb.“

Es ist ganz wichtig, bei einem Lokalsender anzufangen und nicht bei einem großen Sender. Weil man dort eine andere Spielfläche hat. Man durchläuft mehr. Die Gefahr ist bei einem großen Sender, dass man dort erkennt, aha, der kann das gut, und dann macht der das ganz lang. Man kommt nicht weiter. Bei einem Lokalsender darf man aufgrund der Personalsituation automatisch viel mehr ausprobieren. Heute kann ich natürlich aus aktuellen Trackings Tendenzen und daraus resultierende Maßnahmen ablesen, aber meine damaligen ersten Gehversuche helfen mir heute noch, diese in einen Kontext zu bringen.

Was würden Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben, die später einmal gerne für Radio oder Fernsehen arbeiten wollen?

Ausprobieren. Machen. Auch mehr machen. Man lernt bei allem etwas. Es muss heute nicht immer gleich für UKW sein. Auch etwas ausprobieren für Online, zum Beispiel Streams. Ideen einbringen, auch wenn man diese erstmal nicht verwenden kann. Ich habe bei Antenne Bayern Dinge umgesetzt, die ich damals niedergeschrieben habe. Und die haben funktioniert. Es ist nie für den Papierkorb, sondern für eine strukturierte Ablage.

 

Stefan Assfalg

Unternehmenssprecher u. Leiter Medienpolitik bei Antenne Bayern

Bereits seit 2006 ist er für ANTENNE BAYERN tätig. Zunächst als Referent Presse / Öffentlichkeitsarbeit, dann als Pressesprecher u. stellvertretender Leiter Unternehmens-kommunikation. Zuvor war er Pressesprecher und Assistent der Geschäftsführung beim österreichischen Radiosender Antenne Vorarlberg in Schwarzach. An der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart lernte er 2004 Öffentlichkeitsarbeit und hat eine Ausbildung zum Systemischen Coach an der Coachingakademie in München abgeschlossen.

 

Anmerkung:

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Die Blmplus Redaktion macht sich Äußerungen ihrer Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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