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13.12

„Keine Angst. Es ist nur Fernsehen.“ – Hannes Ringlstetter im Gespräch

von Elena Lorscheid unter Radio TV

Auf den Lokalrundfunktagen Nürnberg 2016 berichtete Hannes Ringlstetter, Musiker, Kabarettist und Moderator, über sein Leben zwischen Film- und Musikprojekten, der Heimat und seinem aktuellen Wohnsitz. Angefangen hat er als Praktikant beim Lokalsender TVA – Fernsehen für Ostbayern, seit zwei Wochen ist er mit einer eigenen Show im Bayerischen Fernsehen zu sehen. Blmplus sprach mit ihm über seinen künstlerischen Werdegang und die Rolle der lokalen Medien. 

Ich treffe Hannes Ringlstetter am frühen Nachmittag im Café Jasmin in Schwabing. Den Ort habe ich ausgesucht, und der Musiker passt mit seinem schlichten Sakko hervorragend in die Einrichtung aus den Fünfzigern: „Als ich noch draußen zum Rauchen stand, habe ich mich kurz gefragt, warum du mich in dieses Oma-Café bestellst, aber kaum war ich drin, wurde es mir dann klar.“

„Heimat ist nicht lokal verortet“

Hannes Ringlstetter

Foto: Gerald v. Foris/Agentur Christian Kemme

Wir lassen unsere Blicke durch den Raum voller hip und kreativ aussehender Münchner Menschen gleiten und ich frage ihn ohne Ironie, wie er in München gelandet ist. Ringlstetter grinst, lehnt sich im Sessel zurück und erzählt mir von seiner Heimat in Niederbayern, von den Bildern seiner Kindheit, von ersten Gitarrenübungen und Auftritten auf Dorffesten in Scheunen:

„Heimat ist nicht nur ein Ort, sondern ein Gefühl. Ich verbinde es in erster Linie mit Menschen und Freunden. Es ist nicht lokal verortet. Die Familie hingegen schon. Die Erinnerungen prägen einen am stärksten und bleiben ein Leben lang, auch auf der Suche nach Heimat. Sie ist mehr als Tradition, wenn man den Begriff mit Liebe und Kritik gleichzeitig verbindet. Da macht auch Regionalrassismus keinen Sinn. Ich kann beides sein: ein heimatverbundener Niederbayer, der sich auf der ganzen Welt zuhause fühlt.“

Blmplus: Wie hat dir die Musik den Weg als Künstler geebnet?

Welche Kräfte Songs entfalten können, hat mich immer schon beeindruckt. Der Zugang zur Musik und die Fähigkeit, selbst solche Songs herstellen zu können, sind wohl die wichtigsten Erfahrungen in meinem Leben. Darin habe ich schon sehr früh Freiheit gespürt. Mein Dorf lag in einer total tollen Natur, aber es gab kein kulturelles Leben. Die Enge machte mir als Jugendlicher Angst.

„Unterhaltung ohne Haltung ist eben auch für den Arsch“

Er schaut aus dem Fenster, nippt an seiner Tasse mit Grünem Tee und sagt fast entschuldigend: „Ich hatte heute schon so viel Kaffee.“ Ich kann ihn verstehen und trinke selbst Tee.

Du hast ja auch so wahnsinnig viele Talente. Woher wusstest du, welchen du nachgehen musst?

Meine Ziele sind in der Regel immer projektbezogen und die Projekte will ich gescheit machen. Priorität hat dabei immer das, was mich in irgendeiner Form künstlerisch oder menschlich weiterbringt. Das Musizieren macht mir natürlich am meisten Spaß. Ich liebe es, mir ständig etwas Neues auszudenken.“

Inwiefern konnten dich die regionalen Medien mit deinen Talenten unterstützen?

Hannes Ringlstetter

Foto: Bayerischer Rundfunk

Total! Da war die Zeit des Aufbruchs, als ich mein Praktikum bei TVA machte, und ich hatte durch sie die Möglichkeit, mich erst einmal zu positionieren. Unter uns: Unterhaltung ohne Haltung ist eben auch für den Arsch. Aber ein bisschen Angst ist halt überall, nicht nur bei den Lokalen, sondern allgemein im Medienbetrieb. Man muss sich nur denken: Keine Angst, es ist nur Fernsehen. Die Lokalen dürften schon mutiger sein, da sie nicht so stark im Fokus bezüglich ihrer Quote und des öffentlichen Drucks stehen.“

Peter Rühmkorf hat einmal gesagt: Wer sich nicht ruiniert, aus dem wird nichts. Eins meiner persönlichen Lieblingszitate. Das Leben läuft nicht immer rund. Wie haben dich die Irrungen und Wirrungen des Lebens geprägt?

„Ich darf ergänzen: Ohne die ganzen Fehler und Niederlagen wirst du halt auch kein Künstler. Einer meiner größten Fehler war wohl, aus meiner Band Schinderhannes einen Film zu machen. Ich habe 1,8 Millionen in den Sand gesetzt. Das zahlt man für die Selbstüberschätzung.

„Am besten sollte man zwischen 20 und 30 nicht erfolgreich sein“

Danach passiert dir das nicht mehr und die Selbstwahrnehmung ist auch wieder so, wie sie sein soll. Am besten sollte man zwischen 20 und 30 tunlichst NICHT erfolgreich sein, weil man sonst eingebildet wird. Dies ist gerade in Kombination mit Frauen und Drogen fatal. Nur die Durststrecke bildet.“

Was würdest du den Künstlern von heute mit auf den Weg geben?

„Dass sie sich nichts von arrivierten Künstlern mit auf den Weg geben lassen sollen. Ich finde, als Künstler hat man die Pflicht, unabhängig zu bleiben, und sollte sich von unternehmenstreuer und politischer Werbung fernhalten. Und als Künstler solltest du nicht das tun, was du willst, sondern das, was du kannst.“

Wir nicken beide zufrieden und bestellen noch einen Tee.

Weitere Informationen:

Seit 1. Dezember 2016 ist er mit seiner neuen Personality-Show Ringlstetter immer Donnerstags um 22.30 Uhr im BR zu sehen.

Auf den Lokalrundfunktagen 2016 war Hannes Ringlstetter im Gespräch mit Marion Schieder zu sehen.

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