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30.11

Vertrauen schaffen – Dr. Thorsten Schmiege und Dr. Annette Schumacher zur Zukunft der BLM

von Bettina Pregel unter Inside Netzwelt Radio TV

„Kooperation statt Konfrontation“ ist die Devise von Dr. Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Seit 1. Oktober 2021 steht er gemeinsam mit der neuen Geschäftsführerin Dr. Annette Schumacher an der Spitze der Landeszentrale. blmplus hat das neue Führungstandem gefragt, wie es die BLM in die Zukunft führen will.

blmplus: Seit 1. Oktober steht mit Ihnen ein neues Führungstandem an der Spitze der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Welche Erfahrungen bringt jeder Tandem-Part in die Zusammenarbeit ein?

BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege, Foto: BLM

Dr. Thorsten Schmiege: Das Gute an einem Team ist, wenn man ein gemeinsames Verständnis hat, aber unterschiedliche Sichtweisen einbringen kann. Als langjähriger Referatsleiter in der Bayerischen Staatskanzlei, u.a. zur Fragen der Medienpolitik und des Rundfunkrechts, habe ich eine sehr stark von der gesetzgeberischen Seite geprägte Sichtweise auf viele Themen.

Gleichzeitig habe ich in dieser Zeit viel über politische Prozesse gelernt – und wie schnell sich Verhältnisse ändern können. Angesichts einer Medien­landschaft, die sich ebenfalls mit wachsender Dynamik verändert, ist diese Erfahrung für den BLM-Präsidenten sicherlich hilfreich, um das Radltempo entsprechend anzupassen.

Dr. Annette Schumacher: Das Tandem steht für mich für Teamgeist und Bündelung der Kräfte. Als Teamplayerin bin ich davon überzeugt, dass ein gut funktionierendes Team gerade bei komplexeren Themen wie sie uns künftig noch stärker beschäftigen werden, die besseren Entscheidungen trifft. Dies wird ja umso relevanter, je höher das Tempo der Veränderung und die Vielfalt der Themen sind. Ich bringe Erfahrungen aus dem Markt, mit der Sichtweise der Unternehmen im Bereich der digitalen Plattformen mit. Kombiniert mit den genannten Erfahrungen des Präsidenten, ermöglicht uns das ein für jede Situation passendes Radl­tempo.

Welche Rolle möchte jeder für sich einnehmen, damit das Tandem in die richtige Richtung fährt?

Dr. Thorsten Schmiege: Die richtige Richtung legen wir gemeinsam fest. Nur werde ich stärker als Außenminister agieren, und die Geschäftsführung der BLM übernimmt in der Regel auch viele Aufgaben, die stärker nach innen gerichtet sind. So sind durch den Generationenwechsel in der Belegschaft zum Beispiel Strukturfragen zu lösen.

BLM-Geschäftsführerin Dr. Annette Schumacher. Foto: Stefan Naumann

Dr. Annette Schumacher: Das sehe ich ähnlich. Tandem zu fahren bedeutet, gemeinsam in die gleiche Richtung zu fahren, also das gleiche Ziel zu verfolgen. Aber jeder hat dabei seine eigene Rolle, die es auszufüllen gilt, um wohlbehalten am Ziel anzukommen. Und im besten Fall ist das Ergebnis unserer gemeinsamen Anstrengung mehr als die Summe der einzelnen Beiträge. Ich denke, auch die erstmals paritätische Besetzung des Tandems hat Vorteile.

Kooperation statt Konfrontation

Bleiben wir für eine letzte Frage beim Tandem-Bild. Welche Ziele für die Zukunft steuert das BLM-Tandem an? 

Dr. Thorsten Schmiege: Die zentralen Aufgaben der Landeszentrale sind ganz klar Nutzerschutz und Vielfalts­sicherung. Gerade die Digitalisierung bringt in puncto Nutzerschutz große Herausforderungen mit sich. Wie können wir Heranwachsende darauf vorbereiten, sich sicher im Internet zu bewegen? Wo müssen und wie können wir als Aufsicht klare Grenzen ziehen, wenn es zum Beispiel um Hass und Hetze oder schädliche Inhalte geht?

Wir müssen auch neue Wege bei der Vielfaltssicherung gehen, wenn mittlerweile global aufgestellte Gatekeeper den Zugang zu Medien bestimmen und lokale Anbieter im Konzert der Großen mithalten müssen. Ich bin überzeugt, dass die Devise hier Kooperation statt Konfrontation lauten muss – ohne natürlich in den Wettbewerb zwischen den Anbietern einzugreifen.

Dr. Annette Schumacher: Wir müssen noch stärker da hinschauen, wo sich die jungen Menschen zunehmend aufhalten: im Internet. Und natürlich auch die Funktions- und Arbeitsweise von Suchmaschinen oder Sozialen Medien konsequent transparent machen, um einen kritischen Umgang mit Medien zu vermitteln. Aus der Perspektive der „Innenministerin“ gesprochen, sollte auch die Landeszentrale selbst digitaler werden. Das bedeutet, auch Regulierungs- und Verwaltungsprozesse nachhaltig und digital zu gestalten sowie das Fachwissen konsequent weiter auszubauen.

In welchen Aufgabenbereichen bzw. Themenfeldern soll denn die Kooperation greifen? Nennen Sie uns doch bitte Beispiele dafür.

Als BLM-Präsident hat er sich viel vorgenommen: Dr. Thorsten Schmiege bei der Amtsübergabe. Foto: BLM

Dr. Thorsten Schmiege: Es gibt einige Beispiele, bei denen die Zusammenarbeit bereits hervorragend funktioniert. So gibt es bei der digitalen Radioverbreitung eine Kooperation zwischen BLM und Bayerischem Rundfunk (BR). Diese Zusammenarbeit ist zum Vorteil aller Beteiligten und hat den bayerischen Radioanbietern einen hervorragenden Startvorteil bei der DAB+-Verbreitung verschafft.

Wir wollen aber auch die Zusammenarbeit mit dem BR in der Aus- und Fortbildung ausbauen, z.B. mit der Mediaschool als Flaggschiff der Medienausbildung in Bayern. Alle Unternehmen am Standort Bayern profitieren davon, dass Standortförderung und Vernetzung unter dem Dach der BLM-Tochter Medien.Bayern zusammengeführt worden sind.

Ein weiteres Zukunftsprojekt ist die Entwicklung der Medienplattform Bayern, auf der lokale Angebote IT-mäßig gebündelt und vernetzt werden, die Angebote als solche aber unverändert erhalten bleiben.

Wichtig ist mir außerdem, bei der Medienkompetenz noch stärker mit unseren Partnern, aber auch mit staatlichen Institutionen zusammenzu­arbeiten. Wir wollen unsere Projekte wie den „Medienführerschein Bayern“ oder den „Flimmo“ noch mehr in die Breite bringen. Und beim Thema Nachhaltigkeit wäre eine gemeinsame Initiative mit der Branche wichtig.

Offenen und zukunftsorientierten Dialog führen

Dr. Annette Schumacher: Das sind alles Beispiele, die zeigen, wie wichtig ein offener und zukunftsorientierter Dialog mit den Medienanbietern, Medienschaffenden und den Usern ist. Für die BLM bedeutet das, dass wir auch weiterhin auf hohem fachlichen Niveau an der Weiterentwicklung und digitalen Transformation unserer einzigartigen bayerischen Medienlandschaft arbeiten müssen.

Dabei geht es vor allem darum, für alle Seiten Vertrauen zu schaffen – für die Rundfunk- und Telemedienanbieter in Form von Rechtssicherheit bzw. klaren Leitplanken und für das Publikum in Form von Orientierung und Schutz. Das meint eine konsequente Werbe- und Jugendschutzaufsicht ebenso wie die Vermittlung von Problem- und Verantwortungs­bewusstsein bei den Anbietern. Ich sehe unsere Rolle auch in der Unterstützung und Moderation: Wie lassen sich praktikable Lösungen finden wie beispielsweise die vom Präsidenten angesprochene Medienplattform Bayern?

Herr Dr. Schmiege, Sie haben die Vielfaltssicherung als eine der zentralen Zukunftsauf­gaben genannt und eine digitale Vielfaltsoffensive angekündigt. Wie soll diese konkret aussehen?

Ich habe eine digitale Vielfaltsoffensive ausgerufen, um auf ein Problem hinzuweisen. Wir beobachten eine Explosion an Angeboten im Internet. Gleichzeitig kommt diese Vielfalt immer schlechter bei den Nutzerinnen und Nutzern an. Eigentlich paradox. Das hat unterschiedliche Ursachen: Algorithmen filtern bzw. steuern den Zugang zu Inhalten. Vielfaltssicherung ist dabei kein bestimmendes Kriterium. Auch die Debattenkultur verändert sich, wenn sie immer weniger in gemeinsamen Kommunikations­räumen und immer mehr in homogenen Chat- und Facebook-Gruppen geführt werden.

Wir müssen dafür sorgen, dass die in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaute Vielfalt auf lokaler Ebene auch im digitalen Zeitalter erhalten bleibt. Ganz generell gilt für mich: der beste Garant für Lokales und für Vielfalt insgesamt ist der Föderalismus.

Transformation in Richtung Telemedienaufsicht

Ist die Landeszentrale mit Blick auf die Umsetzung der digitalen Vielfalts­offensive gut aufgestellt ?

Was ihr wichtig ist, erläuterte Dr. Annette Schumacher schon bei der Amtsübergabe. Foto: BLM

Dr. Annette Schumacher: Aber sicher. Mit ihren engagierten und professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat die BLM die Rundfunklandschaft in Bayern und Deutschland entscheidend geprägt und Entwicklungen regulatorisch aktiv begleitet. Klar haben die aktuellen Veränderungen nicht nur tiefgreifende gesellschaftliche Auswirkungen, sondern stellen auch die bayerische Rundfunklandschaft und die Regulierung vor neue Herausforderungen.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit unseren profunden Kenntnissen der Fernseh- und Radiolandschaft, unserem technischen und medienökonomischen Sachverstand und dem Know How in Sachen Medienkompetenz die besten Voraussetzungen mitbringen, die Transformation in Richtung Telemedienaufsicht zu meistern. Dazu überprüfen wir gerade unsere internen Strukturen und stellen uns, wo nötig, neu auf. Dabei wird sicher auch der Einsatz von digitalen, KI-gestützten Tools eine zunehmende Rolle spielen.

Mit Google, Facebook & Co rücken im Medienstaatsvertrag erstmals so genannte Medienintermediäre in den Blick der Regulierung. Was bedeutet das für die Medienaufsicht?

Dr. Thorsten Schmiege: Die Whistleblowerin Frances Haugen hat in den vergangenen Wochen auf einen Missstand hingewiesen, der uns eigentlich nicht überraschen dürfte: Plattformen mit Marktmacht nutzen ihren Einfluss, um ihre Interessen durchzusetzen. Sie fühlen sich der Allgemeinheit nur insoweit verpflichtet, als es ihrem Image, ihrer Marke nützt. Sie sind eben nicht die neutralen Makler der Medienwelt, sondern beeinflussen die Mediennutzung und letztlich auch die Meinungsbildung. Noch deutlicher wird dieser Einfluss, wenn YouTube Beiträge und Meinungen löscht, die gegen die eigenen Richtlinien verstoßen.

Da muss die Frage erlaubt sein: Dürfen private Unternehmen, die sich einer deutschen Regulierung bewusst entziehen wollen, ohne weiteres über Meinungsvielfalt in der deutschen Öffentlichkeit entscheiden? Ich denke, der Medienstaatsvertrag liefert hier eine klare Antwort. Der Zugang zu Inhalten hat transparent und diskriminierungsfrei zu erfolgen – gerade bei wirkmächtigen Plattformen. Auch der europäische Gesetzgeber, der diese Frage derzeit beim Digital Markets Act und Digital Services Act diskutiert, ist gut beraten, Fragen wie die Sicherung von Meinungs- und Medienvielfalt weiterhin in den Mitglieds­staaten bzw. auf der föderalen Ebene zu belassen.

Für die BLM als Medienaufsicht bedeutet die Medienintermediärsregulierung ein neues, aber sehr wichtiges Regulierungsfeld. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob die Kriterien für eine Suche und Anzeige transparent sind und bestimmte Angebote nicht strukturell benachteiligen.

Welche Rolle spielen die Intermediäre als neue „Gatekeeper“ für die Mediennutzerinnen und –nutzer?

Dr. Thorsten Schmiege: Wie groß der Einfluss von Medienintermediären auf die Meinungsbildung ist, inwieweit dieser bereits genutzt wird und wie man dem entgegen­wirken kann, lässt die BLM gerade in einem Forschungsprojekt zusammen mit dem Bayerischen Institut für Digitale Transformation (BIDT) untersuchen. Auch das ist im Übrigen eine Aufgabe der Landes­zentrale: Wissenschaftliche Studien zu beauftragen, die uns als Aufsicht helfen, unserem Regulierungs­auftrag in einer sich stark verändernden Medienwelt gerecht zu werden.

Föderalismus als Garant für Vielfalt

Föderale Vielfalt, nationale Regelungen und globale Plattformen: Ist das nicht aus Regulierungssicht ein Wettbewerb auf zu unterschiedlichen Ebenen? 

Dr. Annette Schumacher: Herr Dr. Schmiege hat es bereits gesagt: Der Föderalismus ist ein ganz wesentlicher Garant für Vielfalt. Die Idee, Medien durch Dezentralisierung vor der Vermachtung zu schützen und Vielfalt bis hin zur regionalen und lokalen Ebene zu fördern, ist doch heute aktueller denn je. Sicher gibt es Aspekte, die auf europäischer Ebene besser aufgehoben sind, um einen einheitlichen Rechtsrahmen zu setzen. Aber wer sollte sich denn in Brüssel ernsthaft gegenüber den großen Plattformen dafür einsetzen, dass lokale und regionale Inhalte nicht diskriminiert werden und auffindbar sind?

Auch das Argument, dass bestimmte Angebote auf einen globalen Markt zugeschnitten sind und daher Regulierungsvorstellungen einzelner Mitgliedstaaten oder gar Aufsichts­behörden schon aus technischen oder ökonomischen Gesichtspunkten keine Berücksich­tigung finden können, halte ich für vorgeschoben. Es ist eine Frage der internen Organisation von Unternehmen, ab welchem Zeitpunkt regulatorische Vorgaben bei der Produktgestaltung einzubeziehen sind. Tut man das von Beginn an – gewissermaßen mit „Vielfalt by Design“ – ist es einfacher, Angebote zu gestalten, die den Nutzerschutz adäquat berücksichtigen und Vielfalt ermöglichen. Blendet man diese einfach aus und muss später nachjustieren, ist das wesentlich aufwändiger und produziert Widerstand.

A propos Nutzerschutz: Junge Menschen vertrauen Informationen in sozialen Netzwerken oft stärker als Radio oder Fernsehen. Andererseits wächst das Misstrauen gegenüber sozialen Medien wegen der Manipulationsmöglichkeiten…

Dr. Thorsten Schmiege: Der Anteil von jungen Menschen, die sich primär oder sogar ausschließlich aus sozialen Netzwerken informieren, ist tatsächlich hoch. Gleichzeitig ist das Vertrauen in diese Nachrichtenquellen besonders niedrig. Das ist ein Widerspruch und auch ein Problem, wenn das Vertrauen in Medien insgesamt dadurch zumindest in der jungen Generation schwindet. Umso wichtiger ist es über die Medienkompetenz bei Heranwachsenden ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Quellen vertrauenswürdig sind und wo Vorsicht geboten ist. Denn insgesamt erleben wir eigentlich ein Comeback von Qualitätsinhalten und seriösen Informationsangeboten – auch weil die Nachfrage danach gerade in der Corona-Zeit sehr gestiegen ist.

Dr. Annette Schumacher: Die Vielzahl der Medienkompetenz-Initiativen, Broschüren und Veranstaltungen, die die Landeszentrale hier bereits auf den Weg gebracht hat, beeindruckt mich. Dies gilt auch für die Aus- und Fortbildung, die ein ganz wichtiger Baustein für Qualitätsjournalismus und Innovation bei den Medienschaffenden ist.

Eine gute Ausbildung ist das A&O

Ein guter Anknüpfungspunkt, um noch ein paar persönliche Fragen zu stellen. Was würden Sie Ihren Kindern sagen, wenn diese Sie mit dem Berufsziel „YouTuberin“ oder „YouTuber“ konfrontieren?

Dr. Thorsten Schmiege: Ob YouTuber, Fernsehjournalist oder Nachrichtenredakteur: Das A&O ist eine gute Ausbildung, am besten trimedial. Zu viele, die bei YouTube unterwegs sind, meinen, die richtige Haltung reicht. Es geht aber vor allem um das journalistische Handwerk. Wichtig wäre mir, dass meine Kinder das Handwerkszeug eines Journalisten von der Pike auf lernen und sich nicht zu früh auf ein ganz bestimmtes Berufs­bild versteifen. Sie sollten auch die harte Arbeit sehen, die hinter einem guten Beitrag bei YouTube steckt. Nicht wenige Fernsehreporterinnen oder Radiosprecher sind mit dem Ziel gestartet, „irgendwas mit Medien“ zu machen, dann bei einem Lokalsender gelandet und haben dort ihre Berufung gefunden.

Dr. Annette Schumacher: Dem kann ich nur beipflichten.

Mit welchem YouTuber würden Sie lieber ein Selfie machen? Mit Rezo oder May Thi Nyguyen Kim?

Dr. Thorsten Schmiege: Ich bin kein Freund von Selfies und Personenkult. Fakt ist, dass Rezo und May Thi Nyguyen Kim für eine Generation stehen, die Informationen an eine junge, Internet-affine Zielgruppe vermittelt. Das allein ist schon begrüßenswert. Ich persönlich erkenne bei May Thi Nyguyen Kim noch etwas mehr wissenschaftlichen und journalistischen Hintergrund und weniger politische Agenda.

Dr. Annette Schumacher: Ich würde lieber mit Rezo diskutieren als ein Selfie mit ihm zu machen.

Welches Berufsziel hatten Sie beide im Kindes- oder Jugendalter?

Dr. Thorsten Schmiege: Als Jugendlicher wollte ich Astronaut werden. Auf dem Planeten BLM fühle ich mich jetzt aber ganz wohl.

Dr. Annette Schumacher: Soweit ich mich erinnere, hatte ich nie einen wirklich konkreten Berufswunsch. Mir war aber schon immer klar, dass ich „etwas bewegen“ wollte.

Abenteuerliche Verhandlungen

Warum haben Sie sich für das Jurastudium entschieden?

Dr. Thorsten Schmiege: Es gibt wenig Studiengänge wie Jura, die es einem im späteren Berufsleben ermöglichen, ungewöhnliche Karrierewege zu gehen, ohne das im Studium Gelernte vollkommen hinter sich zu lassen. So hätte ich mir vor 20 Jahren nicht vorstellen können, mit meinem Jurastudium an die Spitze der Bayerischen Landes­zentrale für neue Medien zu gelangen.

Dr. Annette Schumacher: Ich hatte stets einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn – dieser und die Tatsache, dass ein Jurastudium in der Tat nahezu alle beruflichen Optionen eröffnet, führten zu meiner Entscheidung.

Was war das jeweilige Highlight Ihres Studentenlebens?

Dr. Thorsten Schmiege: Ich habe meine Frau im Studium kennengelernt. Jede andere Antwort würde mich daheim in Erklärungsnöte bringen.

Dr. Annette Schumacher: Nach dem vierten Semester Jurastudium in Augsburg habe ich ein Jahr lang in Santiago de Chile studiert. In dieser Zeit gab es dort erste freie Wahlen nach jahrzehntelanger Diktatur. Die Begegnungen und Erfahrungen aus dieser Zeit lassen mich bis heute vieles mit anderen Augen sehen.

Und später: Welches Abenteuer war beruflich das größte?

Dr. Thorsten Schmiege: 16 Länder um einen großen Tisch, die über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunk diskutieren: Das habe ich immer als abenteuerlich empfunden. Das lässt sich nur noch durch die Verhandlungen zur AVMD-Richtlinie toppen, wenn Bayern die Bundesrepublik im Konzert der 27-EU-Mitglieder vertritt.

Dr. Annette Schumacher: Da gibt es ganz unterschiedliche Abenteuer. Auf jeden Fall war es sehr aufregend und eine große Ehre, Rechtsverfahren bis zum Europäischen Gerichtshof und dem Bundesgerichtshof begleiten zu können. Bei diesen Gerichten in einer mündlichen Verhandlung sitzen zu dürfen, war für mich als Juristin etwas ganz Besonderes. Von ganz anderer Bedeutung, aber auch spannend war eine spontane Dienstreise nach Ulan Bator in der Mongolei, wo ich kurzfristig einen Kollegen vertreten sollte.

Zuhören und Brücken bauen

Was wird vermutlich das größte „Abenteuer“ in der BLM?

Dr. Thorsten Schmiege: Abenteuer klingt so verwegen, nach großem Risiko, kurz vor einem Himmelfahrtskommando. Das wäre schlecht, wenn ich die BLM in ein solches Abenteuer führen würde. Ich denke, die größte Unbekannte in den nächsten Jahren ist, ob und wie es der BLM gelingt, sich auf die Digitalisierung einzustellen: Sei es bei der Regulierung im Internet oder bei der Unterstützung der Branche in puncto digitale Transformation.

Dr. Annette Schumacher: … das würde ich aber gerne auch für unsere interne Digitalisierung und Transformation ergänzen wollen.

Ihr Motto: beruflich und privat für die nächsten zehn Jahre?

Dr. Thorsten Schmiege: Fehler zu machen und sie dann offen einzugestehen, ist kein Beinbruch. Man kann daraus lernen und vermeiden, denselben Fehler ein zweites Mal zu machen.

Dr. Annette Schumacher: Zuhören und wo erforderlich, Brücken bauen, um gute Ergebnisse zu erzielen.

 

 

 

 

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