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29.10

Jugendschutz im Internet: Zeitgrenzen wirksamer als Labeling

von Bettina Pregel unter Jugendschutz

Beim Jugendmedienschutz in Deutschland gilt: Internet-Anbieter müssen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) einhalten. Bei Inhalten „ab 18“ oder „ab 16“ bedeutet das: Die Verbreitung ist erlaubt, wenn Zeitgrenzen eingehalten oder einfache Zugangshürden errichtet werden wie das „Labeling“, eine technische Form der Alterskennzeichnung von Internet-Angeboten. Nun steht das Labeling in der Kritik. Grund genug für Anbieter, auf andere Lösungen für den Jugendschutz im Internet zu setzen.  Als erster privater Anbieter hat jetzt ein bundesweiter TV-Sender aus Bayern für die 18er Inhalte in seiner Online-Mediathek auf Zeitgrenzen umgestellt.

Labeling im Internet: für viele Nutzer nicht als Jugendschutz erkennbar

Labeling passé: Der Münchner Sender Tele 5 setzt für den Jugendschutz im Internet in der Online-Mediathek auf Zeitgrenzen.

Viele Internet-Anbieter haben bislang auf das Labeling gesetzt. Laut den Kritikern entfaltet dieses technische Form der Alterskennzeichnung in der Praxis aber nicht genug Wirksamkeit, da geeignete Jugendschutzprogramme fehlen, die die gelabelten Inhalte ausfiltern. Kinder und Jugendliche sind somit nicht ausreichend geschützt.

Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) erhält regelmäßig Beschwerden, die zeigen, dass Bürger*innen die Maßnahme „Alterskennzeichnung“ bzw. „Labeling“ für Jugendschutzprogramme nicht kennen. Die problematischen Inhalte werden stattdessen als frei zugänglich, ohne jeden Jugendschutz, wahrgenommen. Besonders fällt das bei den Mediatheken der TV-Sender auf: Während die Sendungen im Fernsehen nur innerhalb der Zeitgrenzen zu sehen sind, werden sie anschließend in der Mediathek rund um die Uhr angeboten – mit einer Alterskennzeichnung, die im Hintergrund läuft und auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist.

Die Ausfilterung von Inhalten per Labeling funktioniert nur, wenn auf dem heimischen PC ein entsprechendes Jugendschutzprogramm installiert ist. Dies ist in der Praxis aber selten der Fall. So bekommen viele Nutzer diese Art der Jugendschutzmaßnahme gar nicht mit und haben auch nichts davon. Hinzu kommt: Da bisher nicht alle Geräte berücksichtigt sind, mit denen Kinder und Jugendliche online sind, wie Smartphones oder Tablets, und auch nicht alle relevanten Plattformen, wird die Wirksamkeit des Labelings und der Jugendschutzprogramme derzeit grundsätzlich in diskutiert bzw. in Frage gestellt.

Kommission für Jugendmedienschutz: bisherige Jugendschutzprogramme für die Praxis nicht geeignet

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die bundesweit für den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien zuständig ist, hat deshalb im Mai 2019 in einer Pressemitteilung erklärt, dass das so nicht weiter gehen könne. Das bislang von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia als „geeignet“ bewertete Jugendschutzprogramm „JusProg“ müsse verbessert werden. Trotzdem müssen Internet-Anbieter bis auf Weiteres keine Maßnahmen der Medienaufsicht befürchten, wenn sie weiter auf das Labeling setzen, obwohl kein wirksamer Schutz der Kinder und Jugendlichen vor entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten besteht. Dies hat ein erstes Gerichtsurteil ergeben. Das Gerichtsverfahren ist aber noch nicht abgeschlossen. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten.

Anbieter in der Verantwortung: Alternativen zum Labeling sind gefragt

Auch wenn Internet-Anbieter sich derzeit  darauf berufen können, dass sie vor Maßnahmen der Medienaufsicht „geschützt“ sind, wenn sie weiter auf das Labeling setzen, ist doch eines klar: Die Kritik an den Jugendschutzprogrammen und am Labeling bleibt in der Praxis bestehen, Kinder und Jugendliche sind nicht ausreichend geschützt, Eltern und andere Nutzer beschweren sich. Deshalb ist es zu begrüßen, dass manche Anbieter inzwischen auf Alternativen setzen.

So hat der bundesweite TV-Sender Tele 5, mit Sitz in Bayern, bei 18er-Inhalten in seiner Online-Mediathek jetzt auf eine Beschränkung der Sendezeit umgestellt: Inhalte  ab 18 Jahren werden ausschließlich zwischen 23 Uhr und 6 Uhr morgens verbreitet. Tele 5 setzt damit eine Jugendschutzmaßnahme ein, die in der Praxis wirksam und Eltern aus dem linearen Fernsehen vertraut ist.

Gleichzeitig ist aber auch der Gesetzgeber in der Pflicht: Bei der Novellierung des JMStV sollten die Vorschriften zu Jugendschutzprogrammen an die Praxis angepasst werden, etwa durch Berücksichtigung wesentlicher Aspekte der Nutzung von Medieninhalten durch Minderjährige (Stichwort: relevante Geräte und Plattformen).

 

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