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09.10

Warum gibt’s keinen „Medienknigge“?

von Bettina Pregel unter Medienkompetenz

Die Fragen der Eltern zeigen: Der Elternabend zur Medienerziehung im Hofer Schillergymnasium hat seine Wirkung nicht verfehlt. Das Angebot der Stiftung Medienpädagogik Bayern, kostenlos Referenten für Elternabende an Schulen und Bildungseinrichtungen zu stellen, wird viel genutzt. Im Rahmen der Medienkompetenztage Bayern hat die BLM am 30. September gemeinsam mit der Stiftung sechs Elternabende an Hofer Schulen organisiert und die Probe aufs Exempel gemacht. 

Elterabend Medienerziehung

Gut besucht: der Elternabend zu „Medien in der Familie“ am Schillergymnaisum.  Foto: BLM

Referent Veit Schott weiß aus Erfahrung, dass das Smartphone mittlerweile zum Statussymbol unter den Jugendlichen geworden ist. Die „stolzen“ Besitzer werden allerdings immer jünger. Das belegen auch die Zahlen der JIM-Studie zur Mediennutzung, die Schott den Eltern zeigt. 67 Prozent der 10- bis 11-Jährigen haben ihr eigenes Handy, die meisten davon ein Smartphone. „Da muss immer das Neueste her“, kommentiert der Mittelschullehrer die Grafik und erntet Kopfnicken unter den fast 100 Müttern und Vätern, die an diesem Abend erfahren wollen, wie sie ihre Kinder beim Umgang mit neuen Medien besser unterstützen können.

90 Minuten lang geht es um Daten und Fakten zur Mediennutzung der 10-bis 14-Jährigen, Fragen zur Verantwortung für die Medienerziehung und praktische Tipps für die Eltern. Als Schwerpunktthema hat das Schillergymnasium „Soziale Netzwerke und Cybermobbing“ gewählt, ein Thema, das bei allen Schulformen – Mittelschule, Realschule und Gymnasium – besonders stark nachgefragt ist.

Wenn das Kind die Eltern bei Facebook anmelden muss

Immerhin 41 Prozent der 10-11-Jährigen sind laut der JIM-Studie bereits Mitglied in einem sozialen Netzwerk, obwohl das Zugangsalter bei Facebook & Co nach deren Geschäftsbedingungen eigentlich auf 13 Jahre fesgtgelegt ist. „Die exzessive Nutzung sozialer Netzwerke ist gerade für die jüngeren Kinder ein Problem“, betont Referent Schott und schiebt nach: Gerade deshalb sei es so wichtig, zu wissen, um was es geht, welche Nutzungsmotive der Nachwuchs hat, aber auch, mit welchen Gefahren zu rechnen ist (z.B. Missbrauch persönlicher Daten zu Werbezwecken).

„Gläserner Nutzer“, Recht auf die eigenen Daten, personalisierte Werbung – diese Begriffe tauchen immer wieder in der öffentlichen Diskussion auf. Aber, wenn es um die Handhabung und den sicheren Umgang mit sozialen Netzwerken geht, wären die Eltern häufig „überfordert“, weiß Veit Schott. Deshalb verdeutlicht er an praktischen Beispielen, wie wichtig es ist, die AGB zu lesen und regelmäßig die Privatsphäre-Einstellungen zu kontrollieren. Als er nachfragt, wieviele der anwesenden Eltern selbst ein Profil bei Facebook hätten, melden sich rund 1/5. Eine Mutter bestätigt, dass viele eben nicht wissen, wie’s geht: „Viele Eltern kennen sich nicht aus, da muss das Kind eher seine Eltern bei Facebook anmelden.“

Angst vor sozialer Isolation

Es müsse nicht jeder Mitglied in einem sozialen Netzwerk oder einem Messengerdienst wie Whats app sein, bestärkt Referent Schott diejenigen Eltern, die Bedenken wegen einer möglichen sozialen Isolation ihrer Kinder haben. „Nicht verzagen, wenn es Streit gibt“, sondern das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, empfiehlt der Lehrer, der aus eigenen Erfahrungen an seiner Schule weiß, wie schwierig es ist, diese Haltung auch zu leben. What’s app, erzählt ein Vater, sei Pflicht im örtlichen Sportverein, „sonst bis du außen vor“. Er wünscht sich deshalb ein Commitment und eine Vorbildfunktion der Eltern: „Solange wir alle doppelzüngig unterwegs sind und uns selbst nicht einschränken, können wir auch unsere Kinder nicht kompetent begleiten.“

Daraufhin setzt eine lebhafte Diskussion über das Für und Wider der neuen Medien im Zeitalter von Smartphones & Tablets ein. Eine Mutter bedauert, dass es „keinen Medienknigge“ gibt. Zum guten Benehmen im Restaurant gehöre es zum Beispiel auch, nicht ständig auf sein Smartphone zu schauen, ob irgendeine neue Nachricht angekommen sei, oder gar etwas zu posten.

Klar wird an diesem Abend, dass die Vermittlung von Medienkompetenz zuallererst Familiensache ist. Schule und andere Bildungseinrichtungen können die Eltern bei dieser schwierigen Aufgabe aber dank geeigneter Maßnahmen unterstützen. So nutzt das Schillergymnasium zum Beispiel die Unterrichtseinheiten des Medienführerscheins Bayern, neben dem Referentennetzwerk mit den Elternabenden ein weiteres Projekt der Stiftung Medienpädagogik Bayern. Gymnasialdirektor Rainer Schmidt findet die Integration der Medienkompetenzvermittlung in den Unterricht wichtig, denn: „Wir wollen nicht, dass die Kinder das Internet nicht nutzen“, sondern lernen, es verantwortungsvoll zu nutzen. Befremdlich findet er es übrigens immer noch, wenn er auf dem Schulhof beobachtet, dass die Kommunikation untereinander vielfach „virtuell erfolgt, wenn man sich eigentlich gegenübersteht“. Damit die direkte Kommunikation nicht vollständig verloren geht, fördert die Elternbeiratsvorsitzende am Schillergymnasium, Dr. Karen Fleßa, den Austausch untereinander und Elternabende wie diesen. Sie findet: „Wir müssen viel stärker an die unteren Klassen ran“, um mit der Medienerziehung frühzeitig zu beginnen.

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