Di
02.04

NinjaMoves: eine Strategie für Innovationswillige

von Bettina Pregel unter Netzwelt

Einfach mal loslegen, neue Ideen umzusetzen, rät Dominik Born. Der Innovationsmanager stellte bei den media.innovations der BLM die Ninja-Innovationsstrategie vor. BLMplus hat ihn gebeten, die Ratschläge praxisnah zusammenzufassen.

NinjaMoves oder wenn Innovation so einfach wäre

Wie ein Ninja die Firma von Innovationen überzeugen: Dominik Born bei den media.innovations 2019. Foto: BLM

Sie haben eine Idee, erzählen es der Chefin oder dem Chef, diese oder dieser schreit laut Hurra! und gibt ihnen Ressourcen zur Verfügung diese Idee umzusetzen. Sobald der Ansatz getestet und implementiert wurde, stellen sie das Produkt auf den Markt, die Kunden lieben es und rennen ihnen die Bude ein. Und Bambi steht auf der Wiese und kaut gemütlich Klee.

Ja, so wäre es schön und es gibt sogar ein paar solche Geschichten, bei denen es so oder ähnlich ablief, in großen wie auch kleineren Firmen. Es müssen auch nicht die klassischen, digitalen Giganten sein. Auch kleine, analoge Firmen haben solche Erzählungen auf Lager.

Aber alleine schon eine Idee in den Markt zu bringen, ist eine Disziplin für sich. Die Euphorie, eine mögliche Lösung für ein Problem zu haben, oder sogar nur eine Lösung ohne Problem, verschleiert bereits die Augen vieler Innovatorinnen und Innovatoren und bedeutet der sichere Schiffbruch am Markt.

Oder die Kunden werden falsch eingeschätzt und bereits schon beim Anmeldeformular zerschellt das Kundeninteresse. Das Produkt floppt! Hier wurden Sie eventuell schlecht beraten, waren taub auf beiden Ohren für Ratschläge oder haben die vielen Bücher über Design Thinking, Human Centered Design, Lean Startup etc. einfach ignoriert. Selbst schuld …

Leitung muss Support geben

Was aber, wenn der Endgegner bereits in der Firma ist und Sie nicht mal bis zum Markt kommen beziehungsweise vorgelassen werden? Sie stellen die Idee per Formular, Canvas oder Ideenbriefkasten vor und pitchen sich das rechte Bein weg. Sie bekommen zwar drei Minuten Redezeit, aber keine Unterstützung. Die Antworten sind: „Ach, das interessiert doch niemand“ oder „Was ähnliches haben wir vor fünf Jahren auch probiert – hat nicht geklappt“ oder „Wir wollen nicht nur 5.000 pro Monat verdienen – Wir wollen Millionen! – Kommen sie wieder, wenn es Millionen sind“ oder „Wir würden es ja schon frei geben, aber das Controlling/der Rechtsdienst/(irgendeine Abteilung)/der Verwaltungsrat wird das nie billigen“

Ihr Ansatz wird direkt von der Schutzatmosphäre des Hauses absorbiert oder verglüht gleich beim Eintreten, obwohl in der letzten Weihnachtsrede der Geschäftsleitung das Wort Innovation ein paar Mal gefallen ist. Der Support von der Leitung sollte also gegeben sein (so rein nach Lehrbuch sollte das ja reichen).

Wir könnten nun auch einfach der Firmenkultur die Schuld geben und darauf warten, bis sich diese verändert. Oder sagen, das Management besteht nur aus Pfeifen. Ich könnte hier auch über all diejenigen Unternehmen herziehen, die es nach solchen Fehlentscheidungen ins „Konkursnirwana“ geschickt hat, und wir machen uns 15 Jahre später darüber lustig, wie behämmert diese Firmen doch waren. Das ist aber zu einfach. Oft war es halt einfach zu dieser Zeit nicht absehbar, wie sich der Markt bewegt und das Internet nicht einfach nur für den Datenaustausch zwischen den Universitäten dieser Erde da ist.

Früher zugefügte Wunden heilen

Eine Firma kann, genauso wie eine Person, ebenfalls Traumata in sich tragen und bei einer ‚komischen Idee‘ völlig irrational reagieren. Wenn sie sich in der Vergangenheit zwar die Wände zu Whiteboards umgestrichen haben, sich ein ‚Lab‘ und ‚Inkubationszelle‘ geleistet, das Silicon Valley auf und ab bereist haben, und nach fünf Jahren hat ihre Idee außer zu einem fetten Meilenkonto nix in die Kasse eingezahlt, müssen Sie nicht erstaunt sein, wenn die Leute so reagieren. „Innovationen haben wir mal gemacht – hat nix gebracht“. Hier müssen Sie früher zugefügte Wunden wieder heilen. Und das sicher nicht mit einem großen Innovationsbudget!

Oder Sie haben das Problem, dass die Firma, in der Sie gerade stecken, ein Produkt hat, dass zur Zeit zwar noch ziemlich gut läuft, jedoch langsam aber sicher zu hinken beginnt. Und Sie sehen das. Die Leute am Fuße der Pyramide wissen es und die in der Mitte auch, trauen sich aber nicht, es den Oberen zu sagen oder die wollen es einfach nicht hören, da sie sich kurz vor der Pension oder der Rente nicht noch mit was Krassem den Ruf ruinieren wollen.

Ninjakluft aus dem Schrank holen

Sie aber stehen noch in der Blüte ihrer Arbeitsphase und mögen die Organisation und ihre Belegschaft (oder wenigstens einen Teil davon).

Nun haben sie eigentlich drei Möglichkeiten. Die erste ist es, zum Tagesgeschäft überzugehen und nur noch das zu machen, für was sie eigentlich angestellt wurden. Oder Sie verlassen das Haus und finden in der nächsten Firma wieder das gleiche Klima. Sie starten erneut eine Suche nach dem perfekten Umfeld. Oder drittens: Sie versuchen mit einem Pilotprojekt die Möglichkeiten ihrer Idee aufzuzeigen und der Organisation die Angst zu nehmen, sich für den neuen Ansatz zu interessieren. Aus diesem Grund schalten wir nun auf den Rebellenmodus und holen die Ninjakluft aus dem Schrank:

Lektion 1: Im Untergrund agieren

Eigentlich hatten Sie einfach unter der Dusche einen Geistesblitz und möchten gerne herausfinden ob Ihre Idee das fokussierte Problem ihrer Kunden löst. Bevor Sie gleich eine fünfköpfige Task Force einberufen, befragen sie ein paar Freunde und Arbeitskollegen und testen, ob diese Leute wirklich ein Problem haben und wie sie es bis jetzt lösen. Dafür gibt es ein prima Handbuch von Ash Maurya ‚Running Lean‘, wie Sie mit einfachen Mitteln ihr Produkt bereits an angehenden Kunden testen, mit wenig Geld. Das führt mich gleich zur nächsten Stufe

Lektion 2: Kampf dem Papiertiger

Mit diesen Charakteren besetzt, wäre das Innovationsteam perfekt. Foto: Dominik Born

Oft werden auf der Basis von Ideen Konzepte erstellt oder von der Führung Papiere darüber erwartet. Also wird geschrieben, versucht zu überzeugen, das Blaue vom Himmel versprochen. Es werden zu tiefe oder zu hohe Budgets erstellt und am Ende dann eingereicht. Und es vergeht Zeit. Mit den vielen Buchstaben und Zahlen hat man die Idee in Haft genommen und meistens nur einen Weg aufgezeigt.

Aus diesen Gründen setze ich alles daran, einem starren Konzept aus dem Weg zu gehen, um flexibel zu bleiben in der Ausführung und nicht auf nur einen Weg fixiert zu werden.

Mein Vorschlag: Sie füllen den folgenden Lückentext aus und versuchen es mal damit: „Ein <Produkt / Dienstleistung Beschreibung> für <Zielkunden>, das <Schlüsselwert> ermöglicht mit <Hauptvorteile>, anders als <schon vorhandene Alternativen>.

Lektion 3: Wehret dem Mammon

Wenn Sie mit viel Geld hantieren dürfen, macht das eventuell bei Freunden auf einer Party Eindruck. Es macht aber auch Ihren Job zur Hölle.

Kleinere innovative Ideen oder Pilotprojekte werden meistens versenkt, weil sie finanziell zu hoch gehängt wurden. Das Budget birgt das noch größere Problem als das Konzept: Sie werden darauf festgenagelt. Wenn also der Etat zu groß ist, sind es auch die Erwartungen. Der Druck des erhofften ‘Return on Investment’ (coole Leute sagen ROI) wird viel zu groß sein bei zu hohen Summen. Und Fehler sind dann schon gar keine erlaubt. Aus diesem Grund plädiere ich dafür, so tief wie nur möglich zu budgetieren. Viele Ideen können mit einfachsten Mittel bereits am Markt mit Kunden getestet werden.

Krusten im Haus sprengen

Innovation ist so eine komplexe Thematik mit vielen unbekannten Faktoren. Sie brauchen dafür die Geschmeidigkeit, die schnelle Auffassungsgabe und die Schlagkraft eines Ninjas, um die Ideen auf den Markt zu bringen. Da können Sie nicht noch gleich eine Firma revolutionieren, aber Sie können kleine Samen setzen, die die Krusten im Haus sprengen.

Oder wie es ‚Die Ärzte’ bereits gesungen haben: Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist  – es ist nur deine Schuld, wenn sie so bleibt! Ersetzen Sie Welt durch Firma und legen sie doch einfach mal los.

Weitere Informationen

Der Schweizer Innovationsmanager Dominik Born war Keynote-Speaker auf den media.innovations der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien am 26. April. Präsentationen und Bilder zu diesem Innovationstag bei Google in München finden Sie hier. Acht weitere Schritte auf dem Weg zum ProjektNinja sind in Dominik Borns Buch PilotprojektNinja genannt.

 

Kommentar abgeben

Folgende Beiträge könnten Sie ebenfalls interessieren:

Kommentar abgeben

Bitte achten Sie auf höfliche und faire Kommunikation. Mehr dazu unter Blogregeln.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit einem * markiert.

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbedingungen und mir ist bewusst, dass meine Daten zur Verarbeitung meines Kommentares gespeichert werden.