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05.05

Innnovative Erzählformate – nominiert für den DOK.digital-Preis

von Bettina Pregel unter Netzwelt TV

Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) stiftet dieses Jahr bereits zum zweiten Mal den DOK.digital-Preis für neue Erzählformate. Zusammen mit dem DOK.forum sucht die BLM damit Antworten auf die Frage, wie sich die Weiterentwicklung technischer Möglichkeiten auf die Erzählung dokumentarischer oder journalistisch-faktischer Inhalte auswirkt. blmplus hat im Vorfeld der Präsentation am 11. Mai 2021 mit den nominierten Teams gesprochen.

„Jeder Vierte“: Dem alltäglichen Antisemitismus eine Dimension geben

blmplus: Warum ist „Jeder Vierte“ ein innovatives Erzählformat?

Schauspieler und Mitwirkende beim Dreh zum Film „Jeder Vierte“. Foto: © Christian Lohse

Der Gedanke war: Wir müssen Angriffe, die für Jüdinnen und Juden Alltag geworden sind, erlebbar machen. Daher die Idee, reale Vorfälle von SchaupielerInnen nacherzählen zu lassen. Doch das stärkste Moment ist, wenn direkt im Anschluss die realen Protagonisten auftreten und die NutzerInnen selbst die Fragen stellen können. Die Kombination aus Schauspielszenen, journalistischen Interviews und einer interaktiven Doku ist unser starker, innovativer Ansatz.

Aus welchen Medienbereichen kommen die Autoren/innen des Teams und wie sind Sie auf das Thema des Beitrags gekommen?

Jeder Jahrgang der FreeTech – Axel Springer Academy produziert ein großes Abschlussprojekt. Die Form des Projektes kann dabei selbst entwickelt werden. Nur das Thema Antisemitismus war für uns vorgegeben. Unser erster Gedanke war: Es gibt viele große Fälle von Judenhass, die (zum Glück) viel Aufmerksamkeit bekommen. Doch in der Berichterstattung wird nicht abgebildet, dass Juden jeden Tag Angriffe erleben – egal ob im Beruf, in der Schule oder sogar in der Familie. Das Alltägliche war es, dem wir eine Dimension geben wollten.

Schon Ideen für weitere Projekte?

Wir bekommen sehr viele Anfragen von Schulen und Bildungseinrichtungen, die sehr daran interessiert sind, unser Projekt zu nutzen. Und deshalb sind wir gerade dabei, ein Unterrichtskonzept zu entwickeln, mit dem Lehrkräfte arbeiten können. Außerdem überlegen wir, wie wir mehr aus unserem Konzept machen können – denn wir haben auch schon viele Berichte von Jüdinnen und Juden bekommen, die uns ihre Geschichten erzählt haben.

 

„safespace.offiziell“: snackable Gesundheits-Content auf TikTok

Warum ist der TikTok-Kanal „safespace.offiziell“ ein innovatives Erzählformat? 

Die safespace-Hosts, v.l.: Säli, Lea, Saphira, Rosa und Whitney. Foto: rbb / Lilly Extra / Nicole Benewaah

safespace zeigt, dass Gesundheits-Formate nicht nur für Menschen 50+ relevant sind. Wir stehen für Body und (Mental-) Health Themen und snackable Content auf TikTok –  immer mit medizinisch fundierten Infos und jenseits von stereotypen Rollen- und Körperbildern. Uns ist es wichtig, dass wir unsere User nicht nur informieren, sondern auch empowern und Orientierung geben – denn unsere Zielgruppe steckt mitten in der Pubertät, und das ist eine komplizierte Zeit.

Aus welchen Medienbereichen kommen die Autoren/innen des Teams und wie sind Sie auf das Thema des Beitrags gekommen? 

Ein Format, das so ist wie die große coole Cousine, der man vertraut, die ein Vorbild ist und die man alles fragen kann – diesen Wunsch hat unsere Zielgruppe bei der Entwicklung immer wieder genannt, und so haben wir auch unser Team zusammengestellt. Wir haben alle unterschiedliche Backgrounds und bringen unser Wissen und unsere Erfahrungen ein: von Medizin über Kunsttherapie, Social Media, Illustration, intersektionalen Feminismus zu Engagement gegen Rassismus, Sexismus und Diskriminierung.

Schon Ideen für weitere Projekte? 

safespace richtet sich an alle, die sich (eher) weiblich oder non-binär definieren. Wir sind schon öfter gefragt worden, ob Body- und Mental Health-Themen nicht auch für eine männliche Zielgruppe relevant sind. Deshalb wollen wir ein Format für cis-Männer entwickeln: Wie kann Männlichkeit abseits der gängigen Klischees aussehen? Klar ist, dass wir auch da wieder mit einem userzentrierten Ansatz in den Sprint gehen werden und die Zielgruppe von Beginn an einbinden.

 

YouTube

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„ggf. wahr – Der echte Podcast über Fake-Geschichten“

Warum ist „ ggf. wahr – der echte Podcast über Fake-Geschichten“ ein innovatives Erzählformat?

Das Team von „ggf. wahr“: Antonia Franz, Aurelie von Blazekovic, Regina ‚Gina‘ Steffens und Constanze Kainz. Foto: Jens Oellermann

In einer Zeit, in der ständig von Fake News die Rede ist, wollten wir uns dem Thema auf eine andere Art und Weise nähern: Menschen treffen, die lügen oder betrogen wurden, sie verstehen und hinterfragen. In bald 36 Folgen erzählen wir ihre Geschichten – oft reportagig und persönlich, immer mit sorgfältiger Recherche und ungewöhnlichen Zugängen. Wir haben das Format als Storytelling-Format konzipiert, um journalistisch-faktisches Erzählen mit einer spannenden, unterhaltenden Dramaturgie zu verbinden.

Aus welchen Medienbereichen kommen die Autoren/innen des Teams und wie sind Sie auf das Thema des Beitrags gekommen?

Wir haben uns 2017 an der Deutschen Journalistenschule kennengelernt und dort den Podcast entwickelt. Damals war das Thema Fake News groß, dem wollten wir uns aus verschiedenen Perspektiven und mit persönlichen Geschichten nähern. Nach der DJS haben wir vier unsere Produktionsfirma „sozusagen“ gegründet. Daneben ist jede für sich als Journalistin unterwegs: im Podcast-Team vom Spiegel, der Süddeutschen Zeitung oder bei Krautreporter, beim Bayerischen Rundfunk oder im Kultur- und Medienressort der SZ.

Schon Ideen für weitere Projekte?

Wir schicken uns ständig Ideen für neue Geschichten und Formate. An unserem Audible-Podcast „ggf. wahr“ lieben wir die thematische Breite: vom riesigen Wirtschaftsbetrug Wirecard bis zu einer Frau, die die Urne ihres Vaters ausbuddelt. Bei manchen Geschichten merken wir, dass sich noch viel mehr erzählen ließe. Aktuell reizt es uns deshalb besonders, mal ein serielles Format zu entwickeln. Wir denken aber auch über kürzere und schnellere Formate nach und hätten Ideen für Gesprächspodcasts.

 

„Down the Rabbit Hole“: eine Installation zur Überforderung in der Corona-Zeit

Warum ist „Down The Rabbit Hole“ ein innovatives Erzählformat?

Corona-konform: das Team von „Down the Rabbit Hole“ in einer Zoom-Sitzung. Foto: Denise Riedmayr

Wie kann Kunst während Corona stattfinden? „Down The Rabbit Hole“ ist eine Installation der massenhaft auftretenden Bilder und Geschichten der Pandemie. Es entsteht eine Erfahrung der Überforderung, die individuell gesteuert werden kann. Damit ist die Experience nie dieselbe. Wir lösen uns vom realen Raum und machen diese digital durch Virtual Reality und als Game zugänglich. Zudem können Personen nach der Installation ihre eigene Geschichte einschicken, um selbst Teil davon zu werden.

Aus welchen Medienbereichen kommen die Autoren/innen des Teams und wie sind Sie auf das Thema des Beitrags gekommen?

Vanessa Balzer, Alexandra Ginger, Meng Liang und Christina Sedlmeier studieren alle Mensch-Computer-Interaktion an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Denise Riedmayr Dokumentarfilmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Im Seminar „Immersive Arts“ der beiden Hochschulen haben wir uns als Team gefunden, da wir alle Lust hatten, ein immersives Kunstprojekt zum Thema der Überforderung in der Corona-Zeit zu entwickeln.

Schon Ideen für weitere Projekte?

Unser Projekt „Down the Rabbit Hole“ ist noch mitten im Entwicklungsprozess. Denn wir wollen die Installation unbedingt vom digitalen in den realen Raum bringen. Daran arbeiten wir gerade und hoffen, dass es bis Sommer möglich ist.

The Smallest of Worlds – A social Landscape of collected Privacy

Joan Soler-Adillon

Uwe Brunner

Bettina Katja Lange

The Smallest of Worlds“  geht dem Rückzug ins Private nach, der uns in der Pandemie verbindet. Eingeschickte Videos, Gedanken und Konversationen geben Einblicke in die Heimquarantäne. Mit Photogrammetrie werden sie in Virtual Reality miteinander verbunden. So wird die individuelle Dokumentation als kollektive Erfahrung erlebbar. Das Projekt fungiert als Archiv- und Zeitkapsel und zeigt Wohnräume nicht nur als Orte der Zuflucht und des Komforts.

Why do you consider „The Smallest of Worlds“ an innovative storytelling format?
The Smallest of Worlds is a spatial poem, a creative construction of believable, yet non-realistic spaces to be experienced in VR in an interactive and non-linear format. The work is participatory: these spaces are made out of contributions sent from over 40 different countries. The storytelling is brought in through micronarrative: each of these contributions becomes a building block -as a space or a sound piece- that, while retaining its unit of meaning, adds up to the overall experience.

What media backgrounds do the team’s authors come from and how did you come up with the topic of the article?
We come from scenography, digital art, and architecture, which gives us a very rich multidisciplinary approach. In early March 2020, we were discussing ideas to experiment with storytelling through the creation of virtual spaces using photogrammetry. Then, the worldwide lockdown started, and it became clear that we had to take a turn and look inward, into our and everyone’s private spaces and how their meaning was quickly changing. This is how The Smallest of Worlds was born as a project.

Any ideas for further projects?
This project already exists in three different formats: as a VR experience, a physical installation, and on the web, with room to expand. In particular, with new chapters through the engagement with local communities in different places. To creatively present and explore each other’s private spaces can be a powerful way to establish a dialogue which is much needed in many urban communities. We see these potential workshops as a way to give back to the communal effort that helped us create the project.

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Weitere Infos:

Die Beiträge sind auf der Website vom DOK.forum als auch auf der BLM-Website näher beschrieben. Dort gibt es auch weitere Informationen zur Jury und den Anmeldungslink zur Online-Präsentation am 11. Mai ab 10 Uhr. Die Mitglieder der Jury sind: Matthias Leitner, Digital Storyteller, Formatentwickler und Digital Strategist; Prof. Lena Gieseke, Professorin für Bildorientierte Medientechnologie HFF Konrad Wolf; Volker Bach, Leitung Medieninnovationszentrum Babelsberg; Sabrina Scharpen, Formatentwicklerin, ZDF/Funk und Jutta Schirmacher, Referentin bei der BLM. Die Preisverleihung findet am 13. Mai abends statt.

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