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19.11

Influencer als Vorbilder: So unterscheiden sie sich von anderen Idolen

von Johanna Lindner unter Medienkompetenz

Die Rolle von Influencern als Vorbilder für Kinder und Jugendliche

Influencer wie Bibi, Sami Slimani und Dagi Bee sprechen über Gefühle, zeigen ihren Alltag und produzieren aufwendige Videos. Sie haben Hundertausende Follower auf verschiedenen Plattformen und eine riesige Reichweite. Viele davon sind Kinder und Jugendliche, die Influencer oft als Vorbilder und Freunde verehren. Was das für sie bedeutet und was das für die Medienpädagogik heißt, untersuchte die 25. Fachtagung des Forums Medie­n­pädagogik der BLM unter dem Motto #followme.

Dr. Eveline Hipeli auf der Fachtagung des Forums Medie­n­pädagogik

Dr. Eveline Hipeli auf der Fachtagung des Forums Medie­n­pädagogik

BLMPlus hat bei Speakerin Dr. Eveline Hipeli von der Pädagogischen Hochschule Zürich nachgefragt, wie sich heutige Influencer von alten Vorbildern aus Film und Fernsehen unterscheiden und was die Folgen sind.

Was unterscheidet Influencer und andere Vorbilder aus der Social Media Welt von bisherigen medialen Vorbildern genau? Ist die Wirkung nicht ähnlich?

Dr. Eveline Hipeli: Die Wirkung neuer und alter Vorbilder ist bestimmt ähnlich. Beide unterscheiden sich vor allem durch Nähe. Früher war es schon ein Highlight, wenn man im MTV-Studio angerufen hat und so ein wenig Nähe erzeugen konnte oder ganz selten einen Star hinter der Bühne treffen konnte. Das war es dann schon. Das ist mit der Nähe, die Influencer erzeugen können nicht vergleichbar.

Heute schauen sich Jugendliche Instagram Stories an und sehen ihre Vorbilder und Stars eventuell noch im Schlafanzug und direkt über eigene Gefühle kommunizieren. Das gab es vorher so nicht. Man hatte weniger Informationen über seine Vorbilder, da diese selbst keinen Content hergestellt haben. Insgesamt ist es ist es also persönlicher geworden.

Auch wenn der Content trotzdem inszeniert ist und große Teams im Hintergrund mitarbeiten. Als junger Konsument versteht man diese Situation oft nicht. Deshalb erzeugt das Ganze eine scheinbare Nähe, indem man immer dabei sein kann.

Wenn diese Nähe nun mehr gegeben ist, ist es dann eine andere Beeinflussung, denen Jugendliche ausgesetzt sind?

Hier muss man aufpassen, denn Medienwirkung ist immer schwierig zu messen.  Aber wenn man Jugendliche befragt, nennen sie vor allem das Gefühl von Nähe, von dem wir gerade schon gesprochen haben, auch als stärksten Einfluss. Viele Jugendliche kennen allerdings gar keine Zeit mehr ohne Influencer, deswegen ist der Unterschied hier schwierig zu erfragen.

Dass sie den Alltag ihrer Idole beobachten können, anders als bei entrückten Stars, die weit weg sind,  wird von vielen als positiv bewertet. Die Jugendlichen wollen glauben, dass es nicht inszeniert ist. Sie wollen bewundern.

Zu durchschauen, dass doch sehr viel nur Inszeniert ist, das ist altersabhängig und von der kognitiven Kompetenz und Medienkompetenz beeinflusst.

Das heißt, es gibt durchaus positive Einflüsse durch Influencer?

Ja natürlich. Generell wird viel weniger über positive Medieneffekte diskutiert. Wir hören immer nur was schlecht ist, aber Vorbilder sind grundsätzlich etwas Gutes. Sei es, dass Jugendliche versuchen anzuecken und sich von den Eltern loszulösen. Zum Beispiel Fan eines Punksängers sind und sich die Haare färben. Das hat auch etwas Positives und hilft beim Ablösungsprozess und dabei herauszufinden, wer man ist. Das ist eine ganz normale Suche nach Identität. Und die können mediale Vorbilder bei Kindern und Jugendlichen unterstützen.

Bei einem kleinen Teil können diese Vorbilder allerdings eine übermäßig starke Präsenz in ihrem Leben einnehmen. Dann sind über eine längere Zeit nur noch die Influencer gefragt und andere Dinge werden stark vernachlässigt. Aber nur eine kleine Menge verhält sich so. Die Meisten kommen relativ gut klar mit dieser Trennung.

Was ist ihrer Meinung nach in diesem Umfeld die Aufgabe der Medienpädagogik?

Wenn wir von Medienkompetenz sprechen, dann ist Kritikfähigkeit nur ein Bestandteil davon. Doch ich denke diese Kritikfähigkeit ist besonders wichtig. Denn man weiß, mit ansteigendem Alter schauen Heranwachsende immer kritischer auf diese Vorbilder und können sie immer besser entschlüsseln. Da gehört der gesamte Blumenstrauß an Medienkompetenzen dazu. Also dass Kinder und Jugendliche lernen über Medien zu sprechen, dass sie Gefühle benennen können, die aufkommen, wie beispielswiese Frustration, wenn Vorbilder auf Sozialen Medien nicht auf Annäherungen reagieren.

Zu den Aufgaben der Medienpädagogik gehört es außerdem, die Eltern zu unterstützen und diese auch zu motivieren. Ich mache in der Praxis oft  die Erfahrung, dass die Kinder in den Kindergarten kommen, wo sie dann mit uns zum ersten Mal mit Medienpädagogik in Berührung kommen, und sie haben zu Hause bisher nur über negative Auswirkungen und Gefahren durch Medien gesprochen. Da geht es vor allem um Mediennutzungszeiten, Bestrafung und Abwertung von Dingen, die diese Kinder aber interessieren. Ich denke, da muss man Eltern bestärken auch andere Aspekte mit ihren Kindern zu beleuchten.

Kennen Eltern denn Influencer und mediale Umfelder, in denen sich ihre Kinder bewegen?

Nein, oft nicht. Die Eltern geben oft auf und denken sie kennen sich mit TikTok und ähnlichen Apps eh nicht aus und können keine Medienkompetenz fördern. Sie wissen gar nicht, was das überhaupt bedeutet. Auch aus Lebenserfahrung können sie viel machen. Deswegen muss die Medienpädagogik hier Materialen bieten, die Eltern bestärken und mit Veranstaltungen aufklären, damit die Eltern einen guten Begriff von Medienkompetenz, von ihren Kindern und auch ihrer eigenen, bekommen.

Natürlich gehören da auch Menschen dazu, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Lehrpersonen und andere Bezugspersonen müssen unterstützt werden. Denn man kann nicht erwarten, dass sich das alle selbst erarbeiten. Es gibt Lehrpersonen, die intrinsisch motiviert sind und Medien von sich aus spannend finden aber es gibt auch die, die gerne mehr machen würden, aber nicht wissen wie.  Ich denke genau hier können wir noch viel tun.

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