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04.07

Die DigitalCharta ist erst der Anfang! Ein Szenario von Dirk Helbing

von Dirk Helbing unter Netzwelt

Wenn Daten mehr zählen als Menschen, kann das nicht gutgehen, findet Dirk Helbing. Der Professor für Computational Social Science an der ETH Zürich gehört zu den Unterstützern der DigitalCharta  der Europäischen Union, deren Ziele auf blmplus bereits von Mitinitiatorin Jeanette Hofmann vorgestellt wurden. Helbings Szenario zu den Folgen der Digitalisierung ist ein weiterer Beitrag in der Blogreihe über die DigitalCharta.

Keine Frage – die Menschenrechte sind alles andere als veraltet. Sie müssen auch im Netz gelten – in der virtuellen Welt – zumal sich das Geschehen dort auch auf die physikalisch-biologisch-psychologische Realität auswirkt. Massenüberwachung, Shitstorms, Hate Speech, Fake News, Informationskriege, Hacking, Identitätsdiebstahl, Manipulation oder gar Verhaltenssteuerung durch personalisierte Information gehören längst zu unserem Alltag.

DigitalCharta muss die Demokratie schützen

Dirk Helbing sieht die Demokratie bedroht, wenn Daten mehr zählen als Menschen. Foto: David Caenaro/ETH Zürich

Die erste Phase der Digitalisierung ist außer Kontrolle geraten. Im Überwachungskapitalismus, in dem Menschen und ihre Daten zum Produkt geworden sind, drohen Daten mehr zu zählen als Menschen. Das kann nicht gut gehen.

Die DigitalCharta der Europäischen Union muss uns und die Demokratie schützen, insbesondere Menschenrechte, Menschenwürde, Freiheit, Selbstbestimmung, Selbstentfaltung, Pluralismus, Minderheitenschutz, Gewaltenteilung, Checks and Balances, Mitbestimmung Transparenz, Fairness, Gerechtigkeit, Legitimität, Subsidiarität, und Privatsphäre (zumindest im Sinne eines Schutzes vor Entblößung und eines Rechts, in Ruhe gelassen zu werden).

Digitale Technologien müssen so gebaut werden, dass all dies gewährleistet ist – Stichwort „Values by Design“ oder „Ethically Aligned Design“.

Es braucht einen neuen Gesellschaftsvertrag

Das alleine ist aber noch keine Gewähr dafür, dass das digitale Zeitalter gut ausgeht. Denn wenn wir die Umwelt- und Nachhaltigkeitsprobleme in der Welt nicht lösen, dann werden in den kommenden Jahrzehnten Milliarden von Menschen auf diesem Planeten sterben – so die Prognosen.

Dies kommt zu einer Zeit, in der Künstliche Intelligenz und Robotik bald schon fünfzig Prozent unserer Tätigkeit übernehmen könnten. Um Massenarbeitslosigkeit, politische Instabilität und Kriege zu vermeiden, braucht es einen neuen Gesellschaftsvertrag – eine neue Organisation von Finanzsystem, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Digitalisierung macht es möglich.

Durch dezentrale Informationssysteme, die den Bürger befähigen, lässt sich die Krisenfestigkeit („Resilienz“) der Gesellschaft erhöhen. Durch Kombination des Internets der Dinge mit Blockchain-Technologie lässt sich ein sozio-ökologisches „Finanzsystem 4.0“ bauen, das Marktkräfte in Richtung Kreislaufwirtschaft und Sharing Economy entfesselt.

Beteiligung der Zivilgesellschaft an Lösungen der Zukunft

Durch spezielle Plattformen lässt sich „kollektive Intelligenz“ fördern und damit die Demokratie digital upgraden. Und durch einen „demokratischen Kapitalismus“ statt einer „marktkonformen Demokratie“ lässt sich die Innovationsfähigkeit und die Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Lösungen der Zukunft erhöhen, das Arbeitslosenproblem lösen. Die Zukunft könnte so schön sein, wenn wir den Mut hätten, sie zu gestalten! Mehr dazu finden Sie im FuturICT youtube Channel .

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Zur Person:

Dirk Helbing ist Professor für Computational Social Science an der ETH Zürich. Der Physiker und Soziologe gehört zu den Unterstützern der DigitalCharta der Europäischen Union. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören insbesondere die Folgen der Digitalisierung. Mehr zu seinen Szenarien finden Sie im FuturICT youtube Channel .

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