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05.12

Wenn Kinder Computerspiele entwickeln – Interdisziplinäre Tagung zu digitalen Spielwelten

von Bettina Pregel unter Medienkompetenz

Prof. Dr. Yasmin B. Kafai erforscht und entwickelt an der Universität von Pennsylvania digitale Welten und Werkzeuge für Kinder und Jugendliche. Wenn Kinder Computerspiele entwickeln, können sie daraus viel lernen, meint die Wissenschaftlerin. Auf der 13. Interdisziplinären Tagung „Kinderspiel in digitalen Lebenswelten“, zu der das JFF und die BLM am 1. Dezember 2017 nach München eingeladen hatten, schilderte Kafai die Potenziale des „Game making“.

Je komplexer die Entwicklung, desto mehr lernen die Kinder

BLMplus: Eigene Computerspiele entwickeln bzw. programmieren zu können, das wünschen sich vermutlich viele Kinder. Was können Sie dabei lernen?

Wenn Kinder Computerspiele entwickeln

Prof. Dr. Yasmin Kafai über das Potenzial der eigenständigen Spieleentwicklung. Fotos: BLM

Kinder sollten digitale Spiele nicht nur spielen, sondern auch selbst entwickeln können. Je komplexer die Spiele sind, desto mehr lernen sie dabei das Programmieren. Aber es geht nicht nur um das Lernen von Programmieren, sondern auch um das Lernen der Entwicklung von Grafiken, Texten und Geschichten, wenn digitale Spiele entwickelt werden. Generell sollte die Schwelle zur Gestaltung niedrig sein. Wenn Kinder aktiv bzw. konstruktiv Spiele gestalten, wird dadurch auch ihre Problemlösungs­kompetenz gestärkt.

Welche Ergebnisse sind bei Ihren Studien mit Kindern und Jugendlichen zur Entwicklung von Spielen herausgekommen?

Die erste Studie dazu hat vor 25 Jahren stattgefunden. Und da habe ich die Kinder gefragt, ob sie nicht Mathematikspiele für andere Kinder in der Schule entwickeln wollen. Über Vergleichsgruppen habe ich herausgefunden, dass diejenigen Kinder, die Spiele entwickelt haben, signifikant besser das Programmieren gelernt und mathematische Kenntnisse erworben haben. Das hat meinen konstruktivistischen Ansatz bestätigt und in den letzten zwei Jahrzehnten haben über zehntausend Kinder und Jugendliche innerhalb und außerhalb der Schule Spiele entwickelt und dabei erfolgreich das Programmieren und andere Kompetenzen gelernt.

Digitale Welt ermöglicht Kombination von „Game playing“ und „Game making“

A propos Game making: Was sind die Vorteile des so genannten konstruktivistischen Ansatzes?

Im letzten Jahrzehnt sind hunderte, wenn nicht tausende pädagogische Spiele entwickelt worden, mit denen Kinder und Jugendliche neue Inhalte und Konzepte lernen können. Dabei hat man übersehen, dass Kinder auch durch die Spielentwicklung lernen können. Kinder haben schon immer nicht nur gespielt, sondern auch Geschichten zu den Spielen erfunden und sich ausgetauscht.  Zur heutigen Medienwelt gehört beides: das Spielen und die Mitgestaltung bis hin zur Entwicklung von Spielen.

Ein tolles Beispiel dafür ist Minecraft, bei dem die Grenzen zwischen beiden Welten fließend sind. Die Kinder spielen nicht nur, sondern sind auch selbst kreativ und entwerfen eigene Welten.

Wie beurteilen Sie diese Entwicklung aus medienpädagogischer Sicht?

Infos zur Tagung über „Kinderspiel in digitalen Lebenswelten“ unter www.id-tagung.de.

Ich denke, in der Medienpädagogik ist auch der aktive Ansatz des Entwickelns wichtig. Es gibt jetzt durch das Internet die Möglichkeit, eine Community zu bilden – eine Welt, in der sich die Spieler und Spielentwickler treffen und kommunizieren können. Wenn man nur ein Spiel entwickelt, das keiner spielt, ist das nicht besonders interessant. So bietet die Programmierumgebung „Scratch“, die ich mitgestaltet habe, die Möglichkeit, Spielprogramme hochzuladen, zu teilen und sich darüber auszutauschen.

Einfache Programmierumgebungen schon für Kinder ab 4 Jahren

Ab welchem Alter ist denn die Entwicklung von Spielen möglich?

Es gibt bereits Programmierumgebungen für Kinder ab vier Jahren, die noch nicht schreiben und lesen können, sodass auch jüngere spielbegeisterte Kinder ihre Ideen umsetzen können, wie zum Beispiel „scratch junior“ zum Gestalten eigener Spiele.

Was haben Sie für sich aus der heutigen Tagung über „Das Kinderspiel in digitalen Lebenswelten“ mitgenommen?

Interessant war für mich, dass wir auch über die Kombination von analogen und digitalen Spielräumen gesprochen haben und nicht nur über das Spielen am Bildschirm. Das ist, denke ich, sehr wichtig.

Zur Person:

Yasmin B. Kafai hat die „Lori and Michael Milken President’s Distinguished“-Professur an der Pädagogischen Hochschule der University of Pennsylvania inne. Sie erforscht und entwickelt digitale Welten und Werkzeuge für Kinder und Jugendliche. Sie hat Bücher zu Connected Gaming, Connected Code und Connected Play publiziert.

Für das US Department of Education hat Kafai 2010 am National Educational Technology Plan mitgearbeitet und 2011 an der Serie des National Research Council “Computational Thinking for Everyone” mitgewirkt.

Fotos, Pressemitteilung und Präsentationen zur 13. Interdisziplinären Tagung am 1. Dezember 2017 in der BLM finden Sie unter www.id-tagung.de.

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