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03.09

Online-Audio-Monitor 2020: Smartphone und Podcast prägen die Nutzung

von Petra Schwegler unter Netzwelt Radio

Der Corona-Lockdown hat den Trend zu Online Audio verstärkt: Mehr als 70 Prozent oder 50 Millionen Menschen in Deutschland nutzen laut dem Online-Audio-Monitor 2020 inzwischen regelmäßig Webradio sowie Audio-On-Demand-Angebote. Das sind 6,1 Millionen Hörerinnen und Hörer mehr als 2019.

Das wichtigste Empfangsgerät für die um 14 Prozent gestiegene Online-Audio-Nutzung der Hörer ab 14 Jahren ist und bleibt das Smartphone. Treiber hinter den positiven Zahlen ist vor allem der Hang der Deutschen zum Podcast sowie die wachsende Zahl an Angeboten und Plattformen im Netz. Der Lockdown im Frühjahr dieses Jahres, bedingt durch die Corona-Pandemie, hat die  Entwicklung weiter beschleunigt, wie der jetzt in Berlin veröffentlichte Online-Audio-Monitor 2020 verdeutlicht.

Auftraggeber der jährlichen Studie, die in diesem Jahr erstmals von mindline media im Zeitraum vom 29. April bis 18. Juni durchgeführt worden ist, sind die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und VAUNET – Verband Privater Medien.

Die Nutzungssituation im Überblick

  • Online Audio wird immer stärker von allen Altersgruppen genutzt. Insbesondere in den bisher unterrepräsentierten Zielgruppen gibt es deutliche Steigerungen. Vor allem Frauen (plus 19 Prozent auf 67,5 Prozent), über 50-Jährige (plus 36 Prozent auf 52,6 Prozent) und Personen mit formal niedriger Bildung (plus 40 Prozent auf 59,5 Prozent) nutzen überdurchschnittlich mehr Online Audio. Auf hohem Niveau liegt die Nutzung aber auch weiterhin bei den unter 30-Jährigen (jetzt 94,5 Prozent der Online-Audio-Nutzer*innen) und den formal Hochgebildeten (83,8 Prozent).
  • Vom Zuwachs profitieren alle Angebotsformen. So erreichen lineare Webradioangebote inzwischen 51 Prozent der Hörerinnen und Hörer – bei einem Plus von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Audio-on-Demand-Angebote wie Musikstreaming (plus 21 Prozent auf 39,1 Prozent) legen massiv zu. Podcasts bzw. Radio-Sendungen auf Abruf (45 Prozent auf 24,4 Prozent) wachsen besonders deutlich.
  • Die Deutschen nutzen Online-Audio-Inhalte regelmäßiger. „So hört heute jede/r vierte Deutsche (25,0 Prozent) täglich oder fast täglich Webradio (+36 Prozent)“, so ein Ergebnis der Studie. Auch hier hat der Podcast die Nase vorne: 14,1 Prozent der Deutschen rufen ihre Stücke auf der Suche nach Tiefe, Ausführlichkeit und Exklusivität der behandelten Themen mindestens wöchentlich (plus 60 Prozent) ab. Für Musikstreaming-Dienste wie Spotify gilt: Nahezu jede/r Dritte (32,7 Prozent) nutzt diese Angebote inzwischen mindestens einmal pro Woche, 21,1 Prozent sogar täglich/fast täglich.

Corona-Effekt spürbar – Informationsbedürfnis gestiegen

  • Bei den meistgenutzten Online-Audio-Inhalten gibt es klare Unterschiede zwischen Webradio- und Audio-on-Demand. Wer Nachrichten, Services wie Wetter und Verkehr und regionale/lokale Inhalte sucht, greift häufiger zum Webradio. Musik, Infosendungen, Unterhaltung und Hörspiele gehören zu den Inhalten, die abgerufen werden.
  • Weiter heißt es in der Studie: „Da der Erhebungszeitraum des Online-Audio-Monitors genau in die Corona-Krise von April bis Juni 2020 fiel, kann die hohe und nochmals stark angestiegene Nachfrage nach Nachrichten und Informationsinhalten auch auf das besondere Informationsbedürfnis der Menschen zurückgeführt werden.

YouTube ist wichtigste Plattform für Audio-on-Demand

  • Das wichtigste Gerät für die Online-Audio-Nutzung bleibt der aktualisierten Studie zufolge das Smartphone (plus 3 Prozent auf 75,5 Prozent). Deutlich aufholen können jedoch Smart-TV-Geräte, die nun von 29,9 der Online-Audio-Nutzer- und Nutzerinnen für’s Hören verwendet werden (plus 64 Prozent). Auch IP-Radiogeräte zu Hause werden stärker eingesetzt (plus 56 Prozent auf 18,1 Prozent).
  • Der OAM20 bestätigt außerdem: Im Auto erhöht sich die Online-Audio-Nutzung im zweiten Jahr in Folge um knapp ein Drittel (plus 31 Prozent) auf nunmehr 36,3 Prozent.
  • Und: YouTube ist die wichtigste Plattform für Audio-on-Demand.

Vertiefende Inhalte On-Demand

Ina Tenz kommentierte die Trends beim #OAM20.

„Über On-Demand ist eine Parallelwelt entstanden, die alternative Inhalte und auch vertiefende Inhalte gegenüber der klassischen Radiowelt bietet. Content kann viel genauer auf die Zielgruppe zugeschnitten werden“, ordnete InaTenz die Zahlen bei der Präsentation in. Die frühere Programmchefin von Antenne Bayern ist jetzt in der Podcast-Produktion aktiv und steht unter anderem hinter dem Hörangebot mit Altkanzler Gerhard Schröder. Podcasts würden vor allem wegen ihrer Tiefe und Exklusivität gehört, so Tenz. Sie meinte, dass Radiosender durch ihre Podcast-Angebote wie eine „Einstiegsdroge“ für Nutzerinnen und Nutzer gewirkt hätten.

Medienanstalten setzen sich für chancengleiche Auffindbarkeit ein

Die Landesmedienanstalten sehen sich aufgrund des wachsenden Konkurrenzdrucks durch neue Player und werbefinanzierte Angebote in der Pflicht. BLM-Präsident Siegfried Schneider lobte vor allem die Innovationskraft der Radiosender, die das Potenzial von Online Audio erkannt hätten.

BLM-Präsident Siegfried Schneider mit OAM-Moderator Michael Prätorius. Foto: MABB

Ein Ende des Online-Audio-Booms sei nicht zu erwarten. Jeder wolle ein Stück vom Kuchen abbekommen und „nicht nur die Krümel, die die großen Streaming- und On-Demand-Anbieter übriglassen.“ Doch gerade für die Lokalradios sei es nicht einfach, hier auf Augenhöhe – etwa, was die chancengleiche Auffindbarkeit im Netz betreffe – mitzuspielen: „Hier kann und muss die Regulierung unterstützen.“

In Bezug auf Smart Speaker, so Schneider weiter, hätten die Medienanstalten zuletzt einen Durchbruch erzielt. Nach intensivem Austausch mit dem Marktführer Amazon habe das Unternehmen entschieden, seinen Skill ab 2021 zugunsten einer gleichberechtigten Auffindbarkeit und Ansteuerbarkeit von Hörfunkprogrammen zu ändern. Ein großer Erfolg – zumal damit zu rechnen sei, dass sich die anderen Marktteilnehmer in ihren Entscheidungen am Marktführer orientieren werden.

Dr. Anja Zimmer, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, betonte die Notwendigkeit der Chancengleichheit aller Anbieter im Sinne der Vielfalt: „Wir verstehen unsere Aufgabe darin, diese Vielfalt zu erhalten und sicherzustellen, dass sie bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt. Chancengleichheit der Anbieter und Angebote sind auch online keine Selbstverständlichkeit, sondern ein schützenswertes Gut.“

Infos zur Studie

Im Vergleich zu 2019 wurde die Methodik leicht geändert: Seit diesem Jahr wird zur Erhebung ein paralleler Mixed-Method-Ansatz verfolgt. Dabei werden neben klassischen Telefoninterviews (CATI) Web-Interviews (CAWI) durchgeführt. Insgesamt wurden 8483 CATI- und CAWI-Interviews von mindline media realisiert. Der Online-Audio-Monitor untersucht damit bevölkerungsrepräsentativ die Online-Audio-Nutzung der ab 14-Jährigen in Deutschland.

Der Gesamtbericht zum Online-Audio-Monitor 2020 steht hier zum Download zur Verfügung.

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