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18.03

Notfallplan für Film- und TV-Produzenten wegen Corona-Krise

von Lisa Priller Gebhardt unter TV

Die deutsche Film- und Fernsehindustrie steht vor schweren Zeiten. Deutsche Filmdrehs werden gestoppt  – das Corona-Virus bedroht die Branche existenziell. Die Produzentenallianz plädiert neben dem nationalen Schutzschild für weitere Maßnahmen. Die auftraggebenden Sender sollen die Produktionsfirmen nicht mit abgesagten oder abgebrochenen Produktionen alleine lassen: „Es geht darum, die Liquidität der Produktionsfirmen zu sichern.“

Keine Dreharbeiten im öffentlichen Raum mehr

Filmklappe

Dreharbeiten sind gestoppt. Foto: Fotolia

TV-Sender legen Beauftragungen auf Eis und Produktionsfirmen brechen Dreharbeiten ab. In den vergangenen Tagen hat sich die Corona-Situation massiv zugespitzt – und damit kommt auch die Film- und Fernsehproduktion in Deutschland zum Erliegen.

Aktuell werden keine neuen Genehmigungen für Dreharbeiten im öffentlichen Raum erteilt und bestehende können von den zuständigen Behörden auch widerrufen werden. Ausgenommen sind allerdings Dreharbeiten in geschlossenen Sets, an denen kein Publikum mitwirkt.

Schwere Zeiten für Film- und Fernsehschaffende

Alexander Thies, Vorsitzender der Produzentenallianz. Foto: Produzenten-allianz

Soweit die aktuelle Lage. Doch die Sorge ist groß, dass irreparable Schäden für Unternehmen und ihre Beschäftigten entstehen. „Das Corona-Virus stellt mit seinen globalen Auswirkungen eine noch nie dagewesene Herausforderung für uns alle dar.

Um die Ausdehnung des Virus zu verhindern, werden immer weitreichendere Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung getroffen, mit unmittelbaren Folgen auch für die deutsche Produktionswirtschaft“, sagt Alexander Thies, Vorsitzender der Produzentenallianz.

Mit einer Bruttowertschöpfung von mehr als 100 Milliarden Euro ist die Kultur- und Kreativwirtschaft einer der größten Wirtschaftszweige – noch vor chemischer Industrie, Energieversorgern und Finanzdienstleistern. Doch spätestens seit Anfang der Woche ist klar: Den Film- und Fernsehschaffenden in Deutschland stehen schwierige Zeiten bevor. Die durch das Corona-Virus ausgelöste weltweite Pandemie, trifft die Branche in Deutschland mit voller Wucht.

Existenzbedrohende Lage

Es ist eine wirtschaftlich extrem bedrohende Situation entstanden. Denn viele Filmschaffende – darunter unzählige Freiberufler und Kleinunternehmer – bewegten sich auch schon vor der Krise am Rande des Existenzminimums. „Wir schlagen konstruktive und vor allem gemeinsame Schritte für die Bewältigung der Krise vor, um die Branche vor einer existenzbedrohenden Situation zu schützen“, so Thies weiter.

Um die Belastungen abzufedern hat der Bund bereits einen umfassenden Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft aus Krediten, Liquiditätshilfen, Bürgschaften, Steuerstundungen und Kurzarbeitergeld-Regelungen zugesagt. Die Produzentenallianz fordert alle Betroffenen auf, zügig die Schritte zur Beantragung einzuleiten.

Der Produzent von „Babylon Berlin“ und „Die Känguru-Chroniken“, Stefan Arndt von X Filme Creative Pool, sagte am 16. März 2020 der SZ: „Wenn jetzt die versprochenen Staatshilfen nicht wirklich greifen, stehen achtzig bis neunzig Prozent der Filmproduzenten vor der Pleite“.

Großprojekte werden verschoben

Aktuell sind etliche Großprojekte bundesweit in der Pipeline. Ob und wann sie umgesetzt werden können, kann aktuell niemand einschätzen. In München wird beispielsweise die Produktion von Detlev Bucks „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ (Bavaria Film) bis auf weiteres verschoben.

Jetzt sind nicht nur der Staat, sondern auch die großen Sender ARD, ZDF, RTL, ProSiebenSat.1 und RTL ZWEI gefragt. Die Produzentenallianz bittet diese, zu einer „verantwortungsvollen und transparenten Vorgehensweise“ bei begonnenen Produktionen oder vor Beginn stehenden Produktionen zu gelangen. „Die Produzenten dürfen mit den Risiken und immensen Zusatzkosten abgebrochener oder nicht begonnener Produktionen nicht alleine gelassen werden“, so die Produzentenallianz.

Appell an Sender: Produzenten nicht alleine lassen

Sie plädiert deshalb in Ergänzung zum nationalen Schutzschild für einen gemeinsamen Schutzschirm der auftraggebenden Sender, der auch für die durch Produktionsverschiebungen und –unterbrechungen entstehenden Zusatzkosten aufkommt. „Jetzt zählt Solidarität und gemeinsames Vorgehen“, so die unabhängige Interessensvertretung.

Es gehe darum, die Liquidität der Produktionsfirmen zu sichern. Als erster Sender hat sich das ZDF gemeldet und „schnelle Lösungen bei der Unterstützung“ zugesagt. „Wir werden die Hälfte der Mehrkosten tragen, die uns Produzentinnen und Produzenten nachweisen“, so Programmdirektor Norbert Himmler in einer Mitteilung.

Förderrichtlinien an Ausnahmesituation anpassen

Die Produzentenallianz appelliert auch an die Förderinstitutionen, ihre Förderrichtlinien umgehend der Ausnahmesituation anzupassen. „Nachfinanzierungsmöglichkeiten für abgebrochene oder verschobene Produktionen müssen in den Richtlinien ebenso wie die Aussetzung von Rückzahlungsansprüchen geschaffen werden, es muss alternative Verwertungsmöglichkeiten unter Aufhebung der Sperrfristen geben“ – darauf hat sich der Verband in einem Krisengespräch verständigt.

Das bereits vergangene Woche angekündigte Hilfsprogramm im Kultur- und Medienbereich, das auch Hilfen für Härtefälle ankündigt, sollte zeitnah konkretisiert und flexibel ausgerichtet sein, so dass gerade auch die kleinen Betriebe der deutschen Film- und Fernsehproduktionswirtschaft daran partizipieren können, so der Verband weiter.

Auch die Werbefilm-Produktion ist betroffen

Die Allianz denkt jedoch nicht nur an Maßnahmen für die Film- und Fernsehschaffenden. Auch die Produktion von Werbefilmen ist betroffen. Die Verantwortlichen appellieren im Namen der Sektion Werbung an die werbetreibenden Unternehmen und die Werbeagenturen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und mit anstehenden Dreharbeiten verantwortungsvoll umzugehen. „Wir appellieren an die Auftraggeber, mit den Produzenten gemeinsame Regelungen zu suchen, wie man mit dieser Ausnahmesituation fair und zielführend umgeht“, so Alexander Thies.

Infos für Betroffene und Telefon-Hotline

Viele Betroffene werden sich jetzt fragen, was mit ihren verschobenen Aufträgen passiert, wie man Honorare für Produktionsausfälle geltend macht, wie man Kurzarbeit beantragt und vieles mehr. Die Münchner Kanzlei SKW Schwarz hat unter „Corona-Virus und arbeitsrechtliche Folgen für Filmproduktionen“ Fragen und Antworten zusammengestellt.

Und die Produzentenallianz hat eigens eine Hotline eingerichtet, die zwischen 9.00 und 18.00 Uhr täglich ab Dienstag, den 17. März 2020, unter den Telefonnummern 030-2067088-0 und 030-2067088-24 zu erreichen ist. Alternativ können sich Betroffene auch schriftlich an Info@produzentenallianz.de wenden. Der Verband verspricht eine „umgehende Bearbeitung“.

Auch bayern kreativ hat auf seiner Website die Hilfen für die Kultur- und Kreativschaffenden in Bayern zusammengestellt.

 

 

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