03.11
Media Women Connect: Just do it!
Wie viel Kraft reale und soziale Netzwerke entfalten können, hat der Thementag „Media Women Connect“ am 22. Oktober auf den Medientagen München 2015 gezeigt. Frauenpower demonstrierten die acht verschiedenen Frauennetzwerke, die ehrenamtlich – mit Unterstützung der Medientage – eine Vielzahl an Coachings und Vorträgen von und mit Frauen aus der Medienbranche organisiert hatten. Wie wichtig es ist, als Frau in der Medienbranche persönliche Stärken und Präsenz in der Öffentlichkeit zu zeigen, ergab eine Umfrage von BLM plus unter den Referentinnen und Besucher/innen.
Media Women Connect: ein Stimmungsbarometer
Neben Führungspersönlichkeiten wie Chefredakteurinnen und Produktionsdirektorinnen beteiligten sich auch eine hohe Anzahl selbstständiger Medien-Frauen an der Debatte, vor allem Regisseurinnen und Bloggerinnen. Die Impulse waren vielfältig, die Meinungen unterschiedlich und die Stimmung ausgelassen heiter.
Zur Überraschung aller Teilnehmenden war die Media Women Connect noch besser besucht als erwartet. Woher kam der Andrang, wo heute die Feminismus-Debatte doch längst als vollkommen totdiskutiert erscheint? Acht Netzwerke entwickeln eben gerade auf den Social Media-Kanälen eine nicht zu unterschätzende Kraft, vor allem, wenn „frau“ ein Zielobjekt hat, gegen das gemeinsam geschossen wird: der noch zu geringe Anteil an Referentinnen bei den Medientagen. BLM plus wollte auch in diesem Punkt wissen, wie die Besucher/innen das einschätzen.
Frauen meiden zu häufig die Öffentlichkeit
Petra Schwegler, Ressortleiterin Medien bei W&V Online, verfasst seit zwei Jahren Online-Portraits starker Medienfrauen, um sie ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken: „Die Branche ‚krankt‘ heute immer noch an zu vielen Männern. In den entsprechenden Positionen sind immer noch wenig Frauen, sodass wir bei Umfragen einen totalen Männer-Überschuss hatten, woraufhin natürlich viele Beschwerden kamen. Meine Portrait-Sammlung soll zeigen, dass es sehr wohl Frauen gibt, und helfen, sie zu finden.“
Dass Frauen lieber im Hintergrund agieren, liegt laut Schwegler daran, dass sie häufig einfach lieber ihre Arbeit machen wollten und starke Aufmerksamkeit, wie beispielsweise auf einer Bühne, mieden, weil sie wüssten, dass an sie höhere Erwartungen gestellt würden als an ihre männlichen Kollegen. Frauen im Rampenlicht fielen in der Medienbranche immer noch auf, so Schwegler: „Die Emanzipation gibt es zwar schon lange, aber bis ihre Ergebnisse in einem Jahrtausende alten System von tradierten Vorstellungen und Rollen angekommen und Schritt für Schritt umgesetzt werden, ist es noch ein langer Weg.“
Mit persönlicher Stärke und Begeisterung punkten
Simone Fasse, freie Technik-Journalistin und Bloggerin, sieht das Gefälle zwischen Männern und Frauen in der Medienwelt gelassen, da sie beruflich eine durchweg positive Erfahrung in der Arbeit mit männlichen Kollegen hat. Ihrer Meinung nach agierten Frauen zu zögerlich: „Frauen denken häufig darüber nach, ihre Schwächen auszubessern, anstatt ihre Stärken hervorzukehren. Sie warten, bis ihre Leistung entdeckt wird. Dabei können sie mit ihren persönlichen Stärken punkten, indem sie einfach sie selbst bleiben und den Fokus auf ihre ganz eigenen Talente und Fähigkeiten lenken. Viele übersehen, dass Begeisterung langfristig Kraft gibt, auch in schlechten Zeiten.“
Fasse findet außerdem, dass Frauen aktiver in sich selbst investieren sollten, durch professionelles Coaching und Rhetorik-Schulungen beispielsweise: „Künstliche Mauern zwischen Männern und Frauen bringen nichts. Humor und Gelassenheit sind viel wichtigere Schlüssel auf beiden Seiten.“ Darüber hinaus bewertete die Bloggerin die Veranstaltung als sehr gute Möglichkeit zum gemeinsamen Austausch: „Hier bekommen acht Frauennetzwerke zusammen erstmals eine Stimme für Frauen in den Medien.“
Just do it – sagt ja, sagt zu!
Julia Schuler, Senior Vice President Product Development Sky Deutschland, war ebenfalls von der hohen Resonanz auf die Media Women Connect überrascht: „Wie man sieht, wollen die Frauen in die Medien. Der Bedarf ist groß. Ich kann ihnen raten, mehr Mut zu zeigen, und hinter ihren Plänen zu stehen. Nicht nur zu hinterfragen und abzuwägen – just do it!“
Ihre Ansicht teilt Dr. Alexandra Borchardt, Chefin vom Dienst bei der Süddeutschen Zeitung und eine der ersten Diskussionsteilnehmerinnen der Veranstaltung: „Gute Arbeit reicht nicht. Frauen müssen öffentlich auftreten und öffentlich werden. Ihr erster Impuls ist es, dass es irgendwer besser weiß. Männer fragen gar nicht erst, um welches Thema es geht“, schilderte sie ihre Erfahrungen, u.a. auch mit Einladungen zu Kongressen und Fachveranstaltungen.
An diesem Missverhältnis müssten allerdings beide Seiten aktiv arbeiten im Bewusstsein, dass man unterschiedlich ticke. Frauen sollten öfter öffentlich aktiv werden, und Männer diesbezüglich öfter auf Frauen zugehen, rät Borchardt: „Den besten Rat für mich als Frau habe ich von einem Mann bekommen. Von meinem Mann: Sag nicht immer gleich alles ab – sag ja, sag zu.“
Einfach Frau-Sein und Frau-Bleiben
Und wie schätzen Männer die Lage der Frauen in der Medienbranche ein? Florian R. S. Berger, Chefkorrespondent der Trans World News, ist Mitveranstalter des Frauentags auf der Medientechnik Messe Hannover: „Ich bin jedes Jahr den ganzen Tag beim Frauentag als Besucher dabei und nehme an den Diskussionen teil. Ich möchte einfach wissen, was den Frauen dort erzählt wird.“
Für ihn hat sich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon einiges, aber noch nicht genug getan. Berger fördert deswegen gezielt alleinerziehende Mütter in seinem Unternehmen. Seiner Auffassung nach sollten Frauen Frauen bleiben und nicht versuchen, wie Männer zu sein, sondern ihre eigenen Stärken zeigen und lernen, diese darzustellen. In diesem Punkt ist er mit Fasse einer Meinung. Jedoch betonte er, dass er sich häufig mehr Zusammenhalt unter Frauen wünschen würde.
Stefan Seitz, selbständiger Diplom-Marketingwirt, schätzt die Situation pragmatisch ein: „Natürlich ist die Resonanz hier auf der Veranstaltung groß. Frauen fühlen sich in Führungspositionen zurecht unterrepräsentiert. Männer schotten sich immer noch gerne ab und bleiben unter sich. In dieser Männergesellschaft lässt sich der Konflikt nur politisch durch eine Frauenquote lösen.“
Der starke Andrang auf der Media Women Connect hat jedenfalls gezeigt, wie wichtig das Thema heute für die Medienbranche ist, und wie wichtig es ist, darüber zu diskutieren und sich auszutauschen. Liebe Damen, bleibt ihr selbst, bleibt Frauen – und zeigt euch auch auf der Bühne. Das Publikum dafür ist groß!
Weitere Infos
Wer nicht dabei war und sich ein Bild von der Media Women Connect machen will: Getwittert wurde unter dem Hashtag #mediawomen15. Das Programm und der Link zu den Frauennetzwerken sind auf der Medientage-Website zu finden. Auch das Blog watchsalon vom Journalistinnenbund hat ein Resümee gezogen: „Weniger nachdenken – mehr Karriere!“. Auch die aktuelle Ausgabe des BLM-Magazins Tendenz beschäftigt sich mit dem Thema „Frauen in den Medien“. Enthalten ist darin auch ein Überblick über Netzwerke und Mentoring-Programme.
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