Di
24.11

Kultur – Konsum – Industrie

von Bernd Schorb unter Medienkompetenz Netzwelt

Dr. Bernd Schorb, 1. Vorsitzender des JFF

Dr. Bernd Schorb, 1. Vorsitzender des JFF

Der Konsum hat für die heutige junge Generation eine entscheidende Bedeutung, Er ist praktisch die Ressource aus der die Jugendlichen  all jene Kräfte beziehen, die sie benötigen um sich in der Gesellschaft zu positionieren.

Bezahlen mit Daten statt mit Geld

Die meisten Angebote des Netzes, des Lebensraumes also in dem sich die Jugendlichen  nahezu ausschließlich aufhalten, sind Waren die zum Zwecke des Konsums offeriert werden. Diese Waren, müssen wie jede Ware, die auf dem Markt präsentiert wird, bezahlt werden. Die Bezahlung ist aber nicht mehr nur an das allgemein  gesellschaftliche Äquivalent Geld gebunden, sondern im Internet wurde ein Äquivalent nunmehr für Geld geschaffen, intime persönliche Daten, die es erlauben die Konsumenten abzubilden und ihnen neue Waren und Konsummöglichkeiten anzubieten. Angeboten werden den Konsumenten wiederum Kulturgüter, meist solche der Unterhaltung und der Information.

Die Güter sind aber keine die aus der Werkstatt bspw. eines Künstlers kommen, sondern sie sind konfektioniert ausgerichtet auf den Geschmack des Konsumenten bzw. diesen bildend. Adorno und Horkheimer haben in ihren Überlegungen zur Kulturindustrie die Prozesse herausgearbeitet, die in den Zeiten von Facebook und YouTube perfektioniert wurden. Sie argumentieren, dass die Kulturindustrie nur mehr einheitliche normierte und konfektionierte Waren dem Publikum zum Konsum anbietet. Hierzu werden die Präferenzen der Konsumenten mit Hilfe statistischer Verfahren erhoben. Damit sind sowohl der ‚Geschmack‘ des Publikums erforscht als auch die Auswahl der Inhalte legitimiert. Ein raffinierter Prozess der Manipulation, denn die Industrie argumentiert, ihre Produkte  an den Standards des Publikums ausgerichtet zu haben, die aber zugleich von der Industrie geschaffen werden. Perpetuiert wird dieses System der Vereinheitlichung und zugleich Formierung des Geschmacks durch die Werbung.

YouTube als Musterbeispiel der Kulturindustrie

Die Werbung weist zum einen das Publikum auf das Produkt hin und vermittelt ihm andererseits dessen Bedeutung. Ohne Werbung wird ein Produkt nicht wahrgenommen. Wie dieser Prozess der Produktion von Kulturgütern heute stattfindet lässt sich am Beispiel der größten Plattform YouTube illustrieren. YouTube ist im Besitz der Firma Google und wird täglich von Milliarden Menschen genutzt. Das Unterhaltungs- und Informationsangebot auf dieser Plattform ist so umfangreich wie unübersichtlich. Deshalb gibt es neben der obligaten Stichwortsuche Hilfestellungen für den Nutzer. Es werden ihm auf der Startseite neue Seiten vorgestellt und auch solche, des Inhalts, den er präferiert. Sein Suchverhalten wird aufgezeichnet und es werden ihm auf dieser Basis Vorschläge für Seiten gleicher Art gemacht, die er aufsuchen kann. Zugleich werden die Seiten nach der Anzahl der Aufrufe sortiert und der Suchende bekommt dies angezeigt, bei jeder Seite, die er aufruft.

Darüber hinaus kann man bei YouTube einen Kanal abonnieren und sich für das Programm eines YouTubers entscheiden. Einzelne, seltener eine Gruppe präsentieren hier u.a. Produktwerbung, bis hin  zu politischer Information. Die erfolgreichen Kanäle erhalten einen Anteil an den Werbeeinnahmen von YouTube. Entscheidend ist hier die Anzahl der Klicks, also die Menge der Nutzer, die den Kanal auswählen und das Programm anklicken. Um hier erfolgreich zu sein werden die sog. YouTuber vermarktet und angeleitet durch spezielle Produktionsfirmen die z.B wie einer der Marktführer Divimove zu FreeMantle Media gehört, einer Tochter der RTL Group, die wiederum zum Bertelsmann Konzern gehört. Bei YouTube treffen alle für die Kulturindustrie beschriebenen Mechanismen zu.

Der Geschmack der Nutzer wird über sein Wahlverhalten und auch seine Kommentare – jede Seite kann kommentiert werden – erhoben. Das Wahlverhalten wiederum wird gesteuert durch gezielte Hinweise an den Nutzer und durch die Veröffentlichung der Anzahl der Zugriffe als orientierende Steuerung des Wahlverhaltens. Die Produktion der erfolgreichen YouTube-Kanäle ist in der Regel keineswegs das genuine und authentische Werk von Newcomern dieser Unterhaltungsbranche sondern Produkt eines, den Medienmarkt beherrschenden Konzerns. Das Produktions- und Vermarktungssystem der heutigen Kulturindustrie ist also ein geschlossener Kreis innerhalb dessen Bedürfnisse nach kulturellen Gütern befriedigt und zugleich die in immer neuen Varianten rückwirkend die gleichen Bedürfnisse geweckt und entsprechende Güter produziert und vermarktet werden.

Eventtipp:
11.Interdisziplinäre Tagung: Medien – Konsum – Kultur  | 4.Dezember 2015 in der BLM, München

Interdisziplinäre Tagung am 4.12.2015 in der BLM, München

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