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22.10

„KI wird autonome Entscheidungen treffen“: Zukunftsforscher Kai Gondlach zu den #amg19

von Johanna Lindner unter Netzwelt

Auf den Augsburger Mediengesprächen am 11. November geht es dieses Jahr darum, wie künstliche Intelligenz unser Leben beeinflusst. Wir haben bei Keynotespeaker und Zukunftsforscher Kai Arne Gondlach nachgefragt, wie sich KI weiterentwickeln wird und wie sich das auf Beruf und Privatleben auswirken kann.  

Künstliche Intelligenz in der Zukunft

Zukunftsforscher Kai Arne Gondlach, Credit: 5 Sterne Team

Herr Gondlach, Sie sind akademischer Zukunftsforscher, was bedeutet das genau?

Ich habe als einer der ersten Absolventen den Masterstudiengang Zukunftsforschung an der Freien Universität Berlin abgeschlossen, welchen es erst seit 2010 gibt. Als wissenschaftliche Disziplin ist die Zukunftsforschung in Deutschland noch recht jung und doch liegt auf der Hand, dass der Bedarf nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und zukunftsfähigen Entscheidungen unheimlich wichtig für Entscheidungen in der Politik und der Wirtschaft sind.

„Wir verschließen uns der Zukunft“

Letztlich denken wir in Deutschland viel zu konservativ und verschließen uns der Zukunft. Schließlich fehlt der ganzheitliche Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart, welcher durch eine fundierte futuristische Perspektive erst an Relevanz gewinnt.

 Künstliche Intelligenz beeinflusst unser Leben schon heute immer mehr. Die KI wertet unsere Bewerbungen aus und zeigt auf uns angepasste Angebote und Nachrichten. Wie geht es weiter mit der KI-Entwicklung?

Heutige KI ist nicht viel mehr als ausgefeilte Statistik, die auf großen Datenmengen beruht. Künstlich intelligente Programme und Geräte werden in naher Zukunft autonom Entscheidungen treffen und auch rechtlich haftbar dafür sein. Einige Fahrzeuge auf der Straße oder in der Luft, gemeinhin bekannt als Drohnen, werden sich selbst besitzen sowie durch Aufträge für menschliche Interessenten eigenes Geld verdienen und damit ihre Energie bezahlen und eigene Geschäfte abwickeln.

Wird Ungleichheit durch KI verstärkt?

KI ist bisher nur so intelligent, wie die Menschen, die sie erschaffen. Besteht die Gefahr, dass Ungleichheiten gefestigt werden, wenn Programmierer von KI ihren eigenen Bias an diese weitergeben?

Vorurteile und Ungleichheiten der Menschen, ob nun Programmierer oder erste Probanden, sind unheimlich mächtig, das ist richtig. In etwa einem Jahrzehnt erwarten wir jedoch selbstbewusste KI, so dass noch mehr als heute auf die grundlegenden Mechanismen der Kodierung geachtet werden muss. Echte KI muss und wird wertfrei urteilen können und wird möglicherweise zu dem Schluss kommen, dass die aktuell vorherrschenden Systeme ineffizient sind.

An ein Terminator-Szenario, in dem Roboter die Menschheit auslöschen, glaube ich im Übrigen absolut nicht. Auch in derlei Szenarien wenden wir nämlich die menschlichen Grundannahmen an, die aber für Maschinen keinen Sinn ergeben; sie haben schließlich nicht die biologischen Limitierungen wie wir und denken in anderen Dimensionen.

Wie wird sich unsere Art zu arbeiten in der Zukunft ändern?

Grundlegend. Die New-Work-Bewegung wird noch massiv unterschätzt. Durch das Zusammenspiel von Automatisierung und Autonomisierung, demografischem Wandel und Fachkräftemangel entsteht gerade eine gigantische Bewegung weg von allem, was wir heute noch als normale Arbeitswelt annehmen.

Immer weniger Tätigkeitsbereiche, die Menschen heute widerwillig ausfüllen, müssen in zehn Jahren noch von Menschenhand ausgeführt werden. Organisationsstrukturen werden sich auf immer fluidere Arbeitnehmer einstellen, die gesamte Logik des Systems wird letztlich durch die Folgen der Digitalisierung infrage gestellt.

„Überlegenheit der Quantencomputer in greifbarer Nähe“

Wird KI auch Auswirkungen auf unsere persönlichen Beziehungen haben?

Wenn mein Smartphone bereits heute besser meine Emotionen misst als jeder Mensch, verändert das natürlich auch die Interaktion mit Menschen. Gleichzeitig bin ich ein großer Verfechter, dass durch den Einzug der immer unsichtbareren Technologie in unseren Alltag die zwischenmenschliche Interaktion an Bedeutung gewinnt. Insofern beurteile ich den Wandel sehr positiv, persönliche Beziehungen werden auf eine neue Stufe gehoben und Kommunikations- und Wertemuster passen sich den Gegebenheiten an.

Fügen wir Gedankenmessung hinzu, welche in rund 15 Jahren gelöst sein wird, wirft das all unsere Annahmen über Bildung, Wissen, Information, Kommunikation über den Haufen.

Können Sie abschätzen, was die nächste technische Revolution sein wird, die unseren Alltag stark verändert?

Die Überlegenheit der Quantencomputer ist in greifbarer Nähe, die – rein technologisch – sämtliche Bereiche fundamental revolutionieren wird. Da sprechen wir von Echtzeit-Übertragung von Daten an jeden beliebigen Ort im Universum, von Vorhersagen von Verkehrsströmen, von molekularbiologischen Lösungen für heute noch unheilbare Krankheiten… die Folgen für soziale Systeme sind heute noch schwer abzusehen, aber das Potenzial für die nächste Stufe der menschlichen Evolution ist immens.

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