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25.07

Keine Sternstunde für das Rundfunkrecht – Urteil zum Hasseröder Männer-Camp

von Prof. Roland Bornemann unter TV

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juli 2014 zur Produktplatzierung im Umfeld von Sportsendungen („Hasseröder Männer-Camp“) wird bei Fernsehveranstaltern und Bierbrauern überschäumende Freude ausgelöst haben. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat die Produktplatzierung in diesem Fall für zulässig erklärt. Eine Sternstunde für das Rundfunkrecht markiert die Entscheidung nicht.

Zwar liegen die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine wesentlichen Überlegungen aber in der Pressemitteilung Nr. 49/2014 bekannt gegeben. Demnach scheint das Gericht den im Rundfunkrecht bisher unangefochtenen Beurteilungsmaßstab für die Zulässigkeit von Unternehmens- oder Produktdarstellungen im redaktionellen Programm durch einen neuen Maßstab unklarer Herkunft ersetzt zu haben.

Bisher wurde danach gefragt, ob die Herausstellung des Produkts nach Art, Häufigkeit und Dauer durch redaktionelle Erfordernisse des Programms oder die Notwendigkeit der Darstellung der Lebenswirklichkeit gerechtfertigt sei. Gemessen mit diesem Maßstab hatten die Vorinstanzen die Produktplatzierung mit überzeugenden Begründungen als rundfunkrechtlich unzulässig bewertet.

roter Paragraph

Das Bundesverwaltungsgericht fragt demgegenüber, „inwieweit der aufgenommene Handlungsstrang hinreichend starke Bezüge zum redaktionellen Sendungskonzept aufweist und sich so im Ganzen betrachtet – trotz der werblichen Motivlage – noch in das übrige Sendungsgeschehen inhaltlich einpasst.“ So könnte man die typischen Anforderungen an redaktionelle Werbung beschreiben, die bei fehlendem Produktplatzierungshinweis als Schleichwerbung bekannt und verboten ist.

Für das Bundesverwaltungsgericht war offenbar wichtig, dass die Embleme der Brauerei im Rahmen der Kameraführung nicht „künstlich“ in den Vordergrund gerückt (fokussiert) worden sind und die Interviews nicht „überlagert“ hätten. Überhaupt keine Rolle hat für das Bundesverwaltungsgericht gespielt, dass der großzügige Maßstab im vorliegenden Fall eine besondere Verbindung von Sport und Alkoholkonsum herstellt. Der unschuldige Hinweis auf „das Zeigen einer geselligen Zusammenkunft von Menschen zur gemeinsamen Verfolgung eines Fußballspiels“ bringt Geselligkeit und Alkohol in eine gefährlich verharmlosende Nähe.

Schwer verständlich erscheint es auch, dass das Bundesverwaltungsgericht meint, eine europarechtlich vorgeprägte Werbebestimmung des Rundfunkstaatsvertrags mittels einer völligen Verschiebung rundfunkrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe auf eine grenzüberschreitende Fernsehsendung anwenden zu dürfen ohne die Rechtsfragen im Blick auf das in Art. 11 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c der AVMD-Richtlinie enthaltene Verbot, platzierte Produkte zu stark herauszustellen, dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Immerhin hat das Bundesverwaltungsgericht eine Hintertür offen gelassen und seine innovative Rechtsauslegung anscheinend auf Fußballsendungen, jedenfalls aber auf Sportsendungen beschränkt. Auf die Vollversion der schriftlichen Begründung darf man gespannt sein.

 

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