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04.08

„Ich im Netz“ – Lernen mit dem Medienführerschein Bayern

von Bettina Pregel unter Medienkompetenz

Post vom Anwalt, weil ein fremdes Foto auf Facebook ohne Erlaubnis des Fotografen hochgeladen wurde. Was tun, fragt sich die Familie? Mit diesem Rollenspiel zum Thema „Ich im Netz“ haben die Schülerinnen der Jahrgangsstufen 7/8 an einem Münchner sonderpädagogischen Förderzentrum gezeigt, dass sie viel gelernt haben aus dem Medienführerschein Bayern, der demnächst auch an Beruflichen Schulen eingeführt werden soll.

Stiftung Medienpädagogik Bayern, Urkundenübergabe Medienführerschein, Sonderpädagogisches Förderzentrum München Ost, 21.7.2015

Rollenspiel zur Medienführerschein-Einheit „Ich im Netz“. Fotos: Stefan Heigl

Ortstermin im Münchner Osten Ende Juli: Schülerinnen und Schüler zwischen 12 und 14 Jahren führen in der Aula der Schule ein Rollenspiel auf, das ihre Lebenswirklichkeit widerspiegelt. Alle nutzen soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram, laden fleißig Fotos und Videos hoch und verletzen dabei, ohne es zu wissen, nicht selten Urheber- oder Persönlichkeitsrechte.

Was sie bei der Nutzung von Facebook und Co. beachten sollten, haben die Schülerinnen mit ihrer Lehrerin Tania Bloch erarbeitet: mit Hilfe der Medienführerschein-Unterrichtseinheit „Ich im Netz – Inhalte in Sozialen Netzwerken reflektieren und bewerten“ für die 6./7. Klasse.

Fotos posten kann teuer werden und Ärger verursachen

Nun präsentieren sie ihre Arbeitsergebnisse – ein bisschen aufgeregt, aber sehr professionell mit Mikros und Bühnenbild – in einem Rollenspiel. Das Fallbeispiel, das auch in den Materialien zur Unterrichtseinheit samt Tafelbild enthalten ist: Lena hat wegen der in ihrem Facebook-Profil hochgeladenen Bilder Ärger bekommen, weil sie zum einen Fotos mit ihrer Freundin am Strand ohne Erlaubnis von deren Eltern veröffentlicht und zum anderen Fotos von Tokio Hotel ohne Wahrung der Urheberrechte gepostet hat.

Nun tagt der Familienrat und dabei bekommen die jungen Zuschauer/innen gleich ein paar Tipps mit auf den Weg wie: Sie sollten darauf achten, wie man Fotos sicher ins Netz stellt (fremde Menschen müssen vorher gefragt werden und „echte Geheimnisse gehören nicht ins Netz“) und nicht zu viele private Daten über sich preisgeben wie zum Beispiel Adresse und Telefonnummer („Das ist, als wenn jemand hinter der Tür steht.“).

Die Schülerinnen bekommen viel Applaus für ihre Darstellung und werden von Siegfried Schneider, dem Vorsitzenden des Stiftungsrats der Stiftung Medienpädagogik Bayern, gelobt: „Ein großes Kompliment, dass ihr den Mut aufgebracht habt, das hier zu präsentieren. Man weiß nun, worauf es ankommt: Die Veröffentlichung von Fotos in sozialen Netzwerken kann teuer werden und Ärger verursachen, wenn Persönlichkeitsrechte oder Urheberrechte verletzt werden.“

Stiftung Medienpädagogik Bayern, Urkundenübergabe Medienführerschein, Sonderpädagogisches Förderzentrum München Ost, 21.7.2015

Urkundenübergabe durch Dr. Klaus-Peter Potthast (li.) und Siegfried Schneider (re.).

Ministerialdirigent Dr. Klaus-Peter Potthast aus dem Bayerischen Wirtschaftsministerium bekräftigt das Lob, bevor dann beide die wohl verdienten Urkunden für den Medienführerschein Bayern an die Jugendlichen verteilen.

Medienführerschein Bayern bald auch für die Beruflichen Schulen

Allein im Schuljahr 2014/2015 haben 52.000 Schülerinnen und Schüler von der dritten bis zur neunten Jahrgangsstufe aus verschiedenen Schulformen (von der Mittelschule bis zum Gymnasium) eine Medienführerschein-Urkunde erhalten.

Eine Erfolgsgeschichte, die zeigt, dass der verantwortungsvolle Umgang mit digitalen Medien nicht nur mit warnendem Zeigefinder, sondern vor allem mit viel Spaß und nahe an der Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen  vermittelt werden kann.

Künftig soll der Medienführerschein in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft auch an Beruflichen Schulen eingeführt werden, kündigte Bayerns Medienstaatssekretär Franz Josef Pschierer anlässlich des Pressetermins im sonderpädagogischen Förderzentrum an.

Praxisnahe Vermittlung von Medienkompetenz

16 Unterrichtseinheiten – vom Fernsehhelden (3./4. Klasse) bis zur „Generation Games“ (8./9. Klasse) gibt es kostenlos zum Download unter www.medienfuehrerschein-bayern.de, auch als Kompaktversion mit weniger Zeitbedarf. Die Kompaktversion eignet sich in etwas abgespeckter Form laut Tania Bloch besonders gut für die sonderpädagogischen Förderzentren in Bayern. Wenn zusätzlich noch etwas mehr Zeit eingeplant werde als für die anderen Schulformen, könnten die Kolleginnen und Kollegen damit gut arbeiten, meint die Referendarin, die im Erweiterungsfach Medienpädagogik belegt hat.

Generell bleibe immer genug Zeit für die Unterrichtseinheiten des Medienführerscheins, „wenn man das wirklich machen will“, ist sich Bloch sicher. Sie vermutet eher Berührungsängste als Grund für das Zögern mancher Kollegen: „Mein Ziel ist es, diese Ängste abzubauen.“ Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wohl viele Schulen bereits problematische Fälle in puncto Hochladen von Fotos und Videos im Netz erlebt hätten, hält Bloch die Vermittlung von Medienkompetenz in den Schulen für „grundsätzlich wichtig“.

„Das war mal was Neues“

Genauso sehen es übrigens auch viele ihrer Schützlinge. Das Motto: „Mit Spaß zu mehr Medienkompetenz“ lässt sich offenbar gut in der Praxis umsetzen. „Das war voll spannend und lustig, weil es mal was Neues war“, erzählt Yasmin aus der 8. Klasse. Außerdem habe sie in den Stunden zu „Ich im Netz“ viel dazu gelernt, obwohl sie sich schon vorher sehr vorsichtig verhalten und keine privaten Daten ins Netz gestellt hätte: „Aber das mit dem Urheberrecht wusste ich zum Beispiel nicht.“

Yasmin hat bei Facebook ein Profil, seit sie 12 Jahre alt ist, nutzt aber mittlerweile mehr WhatsApp und Instagram, um sich mit ihrem Freundeskreis auszutauschen. Es stört sie, dass die Leute auf Facebook oft nicht nett miteinander umgehen und zum Beispiel „irgendwelches Zeug“ ohne Rücksicht auf Verluste hochladen.

Hätte sie ein Kind, würde sie genauso sauer wie die Mutter von Lena im Fallbeispiel reagieren, betont Yasmin: „So ein Beispiel hilft einem weiter, zu lernen was ist, wenn es mir passiert wäre.“

Mehr Infos:

Der Medienführerschein Bayern ist eine Initiative der Bayerischen Staatsregierung und wird vom Bayerischen Wirtschaftsministerium gefördert. Koordiniert wird der Medienführerschein von der Stiftung Medienpädagogik Bayern.

 

 

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