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07.07

Wer zuletzt jubelt … – Fußball und die Schnelligkeit verschiedener TV-Übertragungswege

von Benjamin Eimannsberger unter TV

Zu Zeiten einer Fußball-Europameisterschaft ist es schwer, sich nicht mit dem Thema Fußball zu beschäftigen. Wenn das persönliche Interesse für Technik aber größer ist als die Sportbegeisterung, liegt es nahe, den Schwerpunkt  abseits des allgemeinen Interesses zu setzen. Interessant ist z.B. die Frage nach den verschiedenen TV-Übertragungswegen und ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. Die Schlüsselfrage: Warum jubeln die Nachbarn manchmal früher als man selbst?

Fußball live: Manche Zuschauer jubeln früher als andere

Der größte Unterschied für den Zuschauer sind die empfangsbedingten Zeitverzögerungen. Dass die verschiedenen TV-Empfangswege unterschiedlich schnell beim Nutzer ankommen, weiß jeder, der schon einmal bei einem Länderspiel am offenen Fenster gesessen ist: Aus verschiedenen Fenstern schallt der Jubel zu unterschiedlichen Zeitpunkten, und manche jubeln früher als andere.

Fußball-Liveübertragung

Foto: Michael Eichhammer/Fotolia

Das ist an sich noch nicht überraschend, allerdings lohnt es sich die Länge der Verzögerungen etwas genauer anzusehen. So ist der Nutzer des Satelliten-Signals möglicherweise schon über den Ausgang eines Freistoßes informiert, während der Streamingnutzer noch nicht einmal das vorangegangene Foul gesehen hat.

Als Fernsehübertragungswege kommen Satellit, Kabel Terrestrik und das Internet in Frage, wobei auch zwischen der SD- und der HD-Variante unterschieden werden muss.

Mit IP-TV wie beispielsweise „Entertain“ steht zwar ein weiterer Übertragungsweg zur Verfügung, auf den hier aber nicht eingegangen wird, da aus praktischen Gründen im „Feldversuch“ kein direkter Vergleich möglich war.

Verglichen wurden die verschiedenen Wege in München ohne den Anspruch wissenschaftlicher Präzision sondern ganz einfach mit einer Stoppuhr. Es besteht außerdem die Möglichkeit, dass einige Endgeräte Signale schneller verarbeiten können als andere, aber grundsätzlich sollten die Ergebnisse allgemeingültig sein und zumindest einen groben Anhaltspunkt bieten.

Satellit ist der schnellste Empfangsweg

Das schnellste Fußballerlebnis liefert das Satellitensignal in SD dicht gefolgt von dem HD-Signal. Als dritter darf der Fußballfan mit einem DVB-T(2)-Receiver jubeln. Wobei sich (in dieser Testkonstellation) kein Unterschied zwischen DVB-T und DVB-T2 feststellen ließ. Zumindest in Hinblick auf die zeitliche Verzögerung.

Optisch macht das HD-Bild von DVB-T2 natürlich mehr Freude. Insbesondere, da es sich dabei um „richtiges“ HD handelt, weil die öffentlich-rechtlichen HD-Programme über DVB-T2 in 1080p verbreitet werden und nicht nur mit 720p, wie es über Kabel und Satellit der Fall ist.

Satellit und Terrestrik liegen zeitlich allerdings so nahe zusammen, dass zumindest bei HD-Programmen fast gleichzeitige Jubelschreie  möglich sind.

Im Vergleich zum SD-Satellitenprogramm muss sich der Kabelkunde etwa fünf bis sechs Sekunden länger gedulden, bis er herausfindet, was das Geschrei in der Nachbarschaft bedeutet. Hier ist das analoge Signal noch einen Hauch schneller als das digitale, bei dem sich keine Unterschiede zwischen SD und HD feststellen lassen.

Streamingnutzer brauchen Zeit

Erheblich länger müssen Streamingnutzer warten. Hier liefert Zattoo mit rund 30 Sekunden das schnellste Signal, wobei es sich in der getesteten kostenlosen SD-Version um eine erheblich geringere Auflösung handelt als diejenige, die sonst mit SD bezeichnet wird. Ein normales SD-Fernsehsignal hat eine Auflösung von 720×576 Bildpunkten, während Zattoo lediglich 512×288 liefert.

Nach weiteren drei Sekunden, mit insgesamt 33 Sekunden Verzögerung, kann das SD-Signal über Magine empfangen werden.  Die kostenpflichtigen HD-Optionen wurden auch bei Magine nicht getestet.

Fast vierzig Sekunden länger als Satellit benötigen ARD und ZDF für ihre Livestreams, die allerdings dann auch wirklich in HD laufen. Mit 50 Bildern pro Sekunde bieten sie besonders bei Sportübertragungen ein erheblich besseres Nutzungserlebnis als die kostenlosen Angebote von Magine und Zattoo mit den üblichen 25 Bildern pro Sekunde .

Das mit weiteren 34 Sekunden und damit über einer Minute Verzögerung abgeschlagene Schlusslicht TV.de  (Couchfunk) bietet Menschen, die sich nur beiläufig für Fußball interessieren allerdings eine interessante Möglichkeit:  Man kann gemütlich auf der Terrasse oder dem Balkon sitzen und hat, sobald in der Nachbarschaft akustisch auf besondere Vorkommnisse hingewiesen wird, genügend Zeit, um sich gemütlich vor den Computer zu setzen  oder die App auf dem Tablet zu starten und die entsprechende Szene „live“ zu sehen.

Streaming ist also nur dann eine ernstzunehmende Option, wenn einem der Livecharakter nicht wichtig ist oder wirklich kein anderes Empfangsgerät in Reich- und vor allem Hörweite ist.

Interessant wäre natürlich noch der Zeitversatz, den die gesamte Signalverarbeitungskette vor der Ausspielung erzeugt, aber dieser ließe sich nur durch einen direkten Vergleich mit der Realität vor Ort ermitteln.

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