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07.02

Frauen in Führungspositionen – ein Gespräch mit Annette Kümmel

von Bettina Pregel unter Inside

Frauen in Führungspositionen – das ist ein Thema, was immer noch sehr emotionsgeladen diskutiert wird. In der Medienbranche sieht es zwar besser aus als in anderen Branchen, meint Annette Kümmel, Senior Vice President Media Policy bei ProSiebenSat.1 Media SE, aber trotzdem könne noch einiges besser laufen. Auf Einladung der BLM hat sie Ende Januar im Rahmen einer internen Informationsveranstaltung über „Stolpersteine“ auf und sinnvolle Strategien für den Karriereweg von Frauen berichtet.

Frauen in Führungspositionen – ein Thema, das überstrapaziert wird oder noch viel zu wenig Aufmerksamkeit findet?

Annette Kümmel, Senior Vice President ProSiebenSat.1 Media SE.

Annette Kümmel: Die Resonanz auf dieses Thema ist da. Wir tun also gut daran, es auf der Agenda zu halten, uns dazu auszutauschen – in einem Frauennetzwerk wie auch mit männlichen Kollegen. Man sollte das Thema also nicht als überflüssig erachten, es aber dosieren. Es ist jetzt aber nicht Top 1 auf meiner Prioritätenliste.

Mit welchem Klischee über Frauen in Führungspositionen werden Sie persönlich immer wieder konfrontiert und was davon wollen Sie gar nicht mehr hören?

Ein Thema ist immer wieder, wir trauen uns zu wenig zu und sind vielleicht zu mütterlich. Mütterlich kann ich gar nicht mehr hören. Das liegt aber vielleicht auch ein bisschen daran, dass ich eher der mütterliche Typ bin. Ansonsten kann ich nur jedem dringend empfehlen, sich Dinge, Positionen und Herausforderungen zuzutrauen und sie auch aktiv anzunehmen.

Frauen müssen Positionen aktiv einfordern

Ist dieses mangelnde Zutrauen tatsächlich ein „Stolperstein“ für die Karriere von Frauen?

Es ist tatsächlich ein Thema, das sich Frauen eher unterschätzen bzw. immer darüber nachdenken: „Bin ich schon weit genug? Bin ich jetzt schon geeignet, diese Position zu übernehmen?“ Da rate ich wirklich zu mehr Selbstbewusstsein. In der Regel schreien Männer hier, wenn es eine neue Position gibt, auch wenn sie wissen, da ist noch ein Weg der Entwicklung, den Sie gehen müssen, um die Position ausfüllen zu können. Frauen können sich das auch zutrauen. Und ich empfehle jedem, aktiv zu wollen, die Position einzufordern, die Hand zu heben und zu sagen, ich bin bereit.

Und wenn „frau“ das macht und es klappt trotzdem nicht?

Dann muss man unbedingt Hilfe in Anspruch nehmen. Das ist, glaube ich, auch so ein Thema von Frauen, dass wir immer glauben, wir müssen alles selbst machen. Nein, das müssen wir nicht. Hilfe in Anspruch zu nehmen – entweder im Erfahrungsaustausch mit anderen Frauen, von professionellen Coaches in der Führungskräfteentwicklung oder auch in der persönlichen Entwicklung – tut gut, ist auf jeden Fall hilfreich und bestimmt kein Makel.

Sie haben jetzt schon einige erfolgversprechende Strategien genannt. Welche gibt es denn noch?

Annette Kümmel im Interview mit Blogredakteurin Bettina Pregel.

Man muss darauf achten, die Work-Life-Balance in Einklang zu bringen, sich zusätzlich Unterstützung zu suchen bei der Organisation des Familienlebens. Es hilft enorm, sich eine Organisationsstruktur aufzubauen, die es erlaubt, bestimmte Rollen und Tätigkeiten auch auszuüben. Ansonsten halte ich es immer für sehr wichtig, sich klar darüber zu sein, was man möchte. Das ist eine Herausforderung, Beruf und Familie zu bewältigen. Aber wenn das mein Ziel ist, dann schaffe ich das auch.

Teilzeit funktioniert auch in Führungspositionen

Wenn man sich diese Hilfsstrukturen nicht aufbauen kannaus welchen Gründen auch immer – und wählt die Teilzeit-Lösung, dann wird das immer noch als Karriereknick gesehen …?

Ich denke, Lösungen gibt es immer, und eine davon ist die Teilzeitbeschäftigung. Teilzeitstellen nehmen zu, auch in Führungspositionen. Das halte ich auch für gut und wichtig. Ich glaube, es bietet auch langfristig Vätern und Männern Chancen, andere Lebenswege zu gehen. Diese Lösung hat aber auch Grenzen. In der mittleren Managementebene ist das durchaus zu realisieren, in Spitzenpositionen wie auf der Vorstandsebene wird es aber nur schwer umzusetzen sein.

Welche Kriterien sind maßgeblich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Hinblick auf die Karrierechancen von Frauen und Männern?

Wichtig ist das rein Organisatorische: Wie gestalte ich die Kinderbetreuung? Da tun Unternehmen gut daran, Unterstützung zu bieten – sei es durch Zuschüsse für Kinderbetreuung, sei es durch eigene Kindergartenplätze. Beides findet bei ProSiebenSat.1 statt. Außerdem müssten die Kommunen noch mehr tun. Ich weiß, dass sich in München schon einiges getan hat. Ich weiß aber auch, dass ich meinen Karriereweg in München so nicht hätte gehen können. Ich hatte das Glück in Berlin zu leben und dort ad hoc einen Ganztages-Kitaplatz zu bekommen, als meine Tochter geboren wurde. Die Kinderbetreuung ist also eine ganz wichtige Frage, hinzu kommt die familiäre Unterstützung. Es muss aber auch die Bereitschaft in den Unternehmen und in den Teams vorhanden sein, offen darüber zu sprechen, wer welche Aufgaben übernehmen kann, damit alles gut zusammenpasst.

Frauen in Führungspositionen: Medienbranche ist da weiter als andere

Kommen wir auf die Medienbranche zu sprechen. Wie beurteilen Sie die Chance von Frauen auf Führungspositionen in der Medienwirtschaft? Sehr viele gibt es ja da noch nicht

Daniela Schmieder (r.), Gleichstellungsbeautragte der BLM, hat die Veranstaltung mit Annette Kümmel organisiert und Stefanie Reger (l.) führte das Interview.

Für ProSiebenSat.1 kann ich sagen, dass es 29 Prozent weibliche Führungskräfte gibt. Die Konzernleitung hat sich das Ziel gesetzt, in der ersten Führungsebene 15 Prozent und in der zweiten Führungsebene 25 Prozent zu erreichen. Das werden wir auch schaffen. Mit Sabine Eckhardt haben wir seit Dezember glücklicherweise auch wieder eine Frau im Vorstand. Diese Beispiele werden helfen, das Thema noch einmal voranzubringen. Ich denke, wir sind im privaten Rundfunk, im privaten TV ganz gut aufgestellt. In der Printbranche kann ich das nicht so gut beurteilen, aber da gibt es meiner Ansicht nach noch eher Nachholbedarf als im Rundfunk.

Helfen Initiativen wie ProQuote, die in der Medienbranche sehr aktiv sind, weiter?

Pro Quote hilft: Die Diskussion über Quoten hilft generell weiter, weil sie das Thema virulent und präsent werden lässt. Aber ich denke, das fixe Setzen von Quoten ist nicht erforderlich, vielleicht sogar hinderlich. Denn es stellt sich immer die Frage nach der Höhe der Quote. Wir sollten als Frauen aber nicht den Fehler machen, andere Frauen von unserem Lebensweg überzeugen zu wollen. Es gibt sehr viele, die andere Wege gehen wollen und das müssen wir auch anerkennen.

Haben Sie den Eindruck, dass sich die Medienbranche von anderen Wirtschaftszweigen unterscheidet, was die Position von Frauen betrifft?

Ich denke ja. Nicht nur, was Führungspositionen für Frauen betrifft. Generell ist die Medienwirtschaft eine sehr junge Branche und in Fragen wie Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit, flexibler Arbeitszeit und flexibler Arbeitsorte schon sehr weit. Das hängt sicher zum einen mit der Materie zusammen, mit der wir uns beschäftigen, aber auch mit dem Grad der Modernisierung und der Digitalisierung. Mit Blick auf die Arbeitswelt 4.0 wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf künftig sicher einfacher.

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