04.11
Ein Stück mehr Rechtssicherheit – EuGH-Entscheidung zum Einbetten von Videos
Ein Video, das auf einer anderen Website frei zugänglich ist, kann ohne Verstoß gegen das Urheberrecht auch auf der eigenen Website eingebunden werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof am 21. Oktober 2014 entschieden und damit das Teilen von Inhalten im Netz ein klein wenig rechtssicherer gemacht.
Worum ging es?
Ein Wasserfilter-Unternehmen hatte ein zweiminütiges Video zum Thema Wasserverschmutzung produzieren lassen. Dieses Video war auf Youtube eingestellt worden und konnte dort abgerufen werden, allerdings, so das Unternehmen, ohne dessen Zustimmung. Zwei selbständige Handelsvertreter, die die Produkte einer konkurrierenden Firma vertreiben, betteten diesen Film mittels Framing in ihren Internetauftritt ein, so dass der Eindruck entstand, als ob der Film von deren Website aus gezeigt werde. Das Wasserfilter-Unternehmen, das die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film besitzt, sah sich dadurch in seinen Rechten verletzt und klagte.
Nach vorinstanzlichen Entscheidungen gelangte der Rechtsstreit zum Bundesgerichtshof. Der BGH ging davon aus, dass das Einbinden des Videos zwar nicht gegen das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG verstößt. Allerdings könne bei Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe (§ 15 Abs. 2 UrhG) verletzt sein. Daher setzte er das Verfahren aus und legte diese Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.
„Öffentliche Wiedergabe“
Der EuGH beantwortete die Frage in seinem Beschluss (Az. C-348/13) folgendermaßen: Das Einbetten eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in einen anderen Internetauftritt mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, ist allein noch keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Urheberrechtsrichtlinie.
Der EuGH begründet seine Entscheidung damit, dass eine „Öffentliche Wiedergabe“ voraussetze, dass ein geschütztes Werk entweder unter Verwendung eines technischen Verfahrens wiedergegeben wird, das sich vom bisherigen unterscheidet, oder aber für ein neues Publikum wiedergegeben wird – also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hat, als er die öffentliche Wiedergabe erlaubte.
Im vorliegenden Fall stellte sich nur die Frage, ob das bei Youtube frei zugängliche Video durch das Einbinden in eine andere Website gegenüber einem neuen Publikum wiedergegeben wird. Dazu stellte der EuGH fest, dass davon auszugehen sei, dass der Inhaber von Urheberrechten, der die Wiedergabe auf einer frei zugänglichen Seite erlaubt habe, als er diese Wiedergabe erlaubt habe, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht hätte.
Damit liegt laut EuGH kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Urheberrechtsrichtlinie vor.
Offene Fragen
Was bedeutet dieser Beschluss nun? Dass ein frei zugängliches Video auf einer fremden Website eingebunden werden darf, gibt zwar ein Stück weit mehr Rechtssicherheit beim Teilen von Inhalten. Es bleiben aber Fragen offen.
Zunächst einmal geht der EuGH zu Recht davon aus, dass durch die Framing-Technik der Eindruck entsteht, dass ein auf einer Website eingestelltes Video von dieser Seite aus gezeigt werde. Allerdings geht es hier erst einmal nur um die technische Frage, wo der Inhalt liegt. Ist damit bereits etwas darüber gesagt, ob ein Inhalt als fremder Inhalt erkennbar sein muss? Bei Youtube-Videos ist dies nämlich der Fall. Aber was ist mit Videos, die nicht von einer solchen Plattform stammen und daher nicht gekennzeichnet sind? Dürfen diese, ohne entsprechenden Hinweis, auf die eigene Website eingebunden werden?
Und weiter: Im vorliegenden Fall hatte das klagende Wasserfilter-Unternehmen vorgetragen, dass das Video ohne seine Zustimmung bei Youtube eingestellt worden sei. Das scheint für die Entscheidung des EuGH aber keine Rolle gespielt zu haben. Mit anderen Worten: Es kommt wohl nicht darauf an, ob ein Video rechtmäßig oder rechtswidrig im Netz zu finden ist. Zwar stellt der EuGH im Hinblick auf die Frage, an welches Publikum sich eine Seite richtet, darauf ab, ob das Werk „insbesondere (…) auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber“ für alle Internetnutzer frei zugänglich ist. Vor allem das Wort „insbesondere“ legt aber nahe, dass das erlaubte Einstellen nur eine Fallvariante ist und keine zwingende Voraussetzung.
Eine Grenze der unerlaubten Übernahme urheberrechtlich geschützter Werke mittels Framing-Technik dürfte allerdings erreicht sein, wenn es um offensichtlich rechtswidrige Videos geht – etwa, wenn ein aktueller Kinofilm im Netz zu finden ist, der abgefilmt wurde. In diesem Fall kann jeder erkennen, dass dieser Film nicht im Netz verfügbar sein dürfte und er diesen nicht ohne Verletzung von Urheberrechten in die eigene Website einbinden darf.
Nur „öffentlich zugängliche“ Videos
Eindeutig ist der Beschluss insoweit, als der EuGH entschieden hat, dass nur Videos eingebettet werden dürfen, die „öffentlich zugänglich“ sind. Das heißt: Filme, die durch eine Zugangssicherung (zum Beispiel Paywalls, Logins) geschützt sind, dürfen nicht unter Umgehung dieses Schutzes eingebettet werden. Gleiches dürfte für Videos gelten, bei denen die Embedding-Funktion bei Youtube blockiert wurde.
Update vom 16. Juli 2015
Nur legale Videos dürfen eingebunden werden
Das Framing eines frei zugänglichen Videos ist ohne Verstoß gegen das Urheberrecht möglich, so hatte es der EuGH am 21. Oktober 2014, Az. C-348/13, entschieden. Allerdings war der Beschluss im Hinblick auf die Frage, ob das Video dafür ursprünglich rechtmäßig ins Netz eingestellt werden muss, nicht ganz eindeutig. Der Bundesgerichtshof, der seine europäischen Richterkollegen mit der Angelegenheit befasst hatte, konnte nach der Antwort des EuGH nun ein Urteil fällen.
In der aktuellen Entscheidung vom 9. Juli 2015, Az.: I ZR 46/12 – Die Realität II, geht der BGH laut seiner Pressemitteilung nun davon aus, dass es auf diese Frage maßgeblich ankommt. Mit anderen Worten: Nur legal im Internet veröffentlichte Videos können ohne Urheberrechtsverletzung geframt werden. Wird ein Video eingebettet, das ohne Zustimmung des Rechteinhabers im Netz zu finden ist, wird das Recht des Urhebers auf öffentliche Wiedergabe verletzt.
Fazit: Videos sollten also nur auf der eigenen Website eingebunden werden, wenn gesichert ist, dass sie legal ins Internet eingestellt wurden. Das gleiche gilt auch für das Einbetten von Videos in Social Networks.
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