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04.03

DAB+ im Auto: Der gute Ton wird zum Standard

von Wolfgang Paulus unter Radio

Knistern und Rauschen beim Radioempfang im Auto? Damit sollte durch die Entwicklung des Hörfunkstandards DAB (Digital Audio Broadcasting) endgültig Schluss sein. Was in den 90erJahren Triebfeder für die Digitalisierung des Radioempfangs war, blieb für die Autohersteller allerdings lange ein Nischenthema. Durch die europäische Vorgabe (EECC), jeden Neuwagen mit digitalem Radioempfang auszustatten, wird der gute Ton im Auto zum „Standard“.

Grundig lieferte Autoradios für das DAB-Projekt Bayern. Foto: Grundig

Eine der Haupttriebfedern für die Entwicklung des Hörfunkstandards DAB/DAB+ war ursprünglich die Optimierung des Radioempfangs im mobilen Umfeld. Begriffe wie Frequenzwechsel, Knistern und Rauschen im Auto sollten im Digitalzeitalter der Vergangenheit angehören. Deshalb kamen im DAB-Projekt Bayern in den 90er Jahren auch ausschließlich Autoradios – damals von Grundig aus Nürnberg und Blaupunkt aus Hildesheim – zum Einsatz.

Als es dann in den Regelbetrieb ging, wurden die Umsätze allerdings eher mit Küchenradios und im stationären Bereich erzielt. Auch die Preise entwickelten sich in diesem Sektor schneller Richtung Massenmarkt.

Zum Jagen tragen

Doch entgegen der ursprünglichen Intention war DAB/DAB+ im Automobilsektor aus unterschiedlichen Gründen lange ein Nischenthema. Manchmal entstand sogar der Eindruck, dass das Radio in der neuen schönen Infotainment-Welt keinen Platz mehr im Cockpit findet und von Streaming-Diensten abgelöst wird.

Im Jahre 2015 riefen Rundfunkanstalten aus ganz Europa dazu auf, DAB+ zum Standard in allen Fahrzeugen werden zu lassen. Volkswagen hörte als einer der ersten unter den Big Playern die Signale und bot bereits seit Mitte August 2020 alle Radiosysteme in Modellen für 2021 in Europa serienmäßig mit DAB+ an.

Im Dezember 2020 trat schließlich der Europäische Elektronische Kommunikations Kodex (EECC) in Kraft, eine Vorschrift, die für Neuwagen den digitalen Radioempfang nicht nur als Ausstattungsoption, sondern als Pflicht vorsieht. Durch diese für die Digitalisierung enorm wichtige Regulierungsvorgabe wird sich die Zugangsquote zu DAB+-Empfangsgeräten im autoverliebten Deutschland und in ganz Europa mit jeder Neuzulassung automatisch steigern.

Alles eine Frage der Kommunikation

Auch Blaupunkt gehörte zu Beginn der DAB-Entwicklung zu den Geräteproduzenten. Foto: Blaupunkt/Bosch

Die Neuregelung verpflichtet nun also die Automobilhersteller zum Einbau der Digitalradios ab Werk. Vorher hatten sich manche Firmen die DAB+-Option teuer bezahlen lassen. Es bedurfte außerdem engagierter Händler, um diese Sonderausstattung gegenüber dem Kunden überhaupt aktiv zu bewerben. Allerdings gilt die Verpflichtung zum Einbau ab Werk nur für Neuwagen.

Deshalb findet sich auf den Internetseiten der Hersteller immer auch noch die Option „on-demand“-Ausstattung DAB+. Auch wenn nicht explizit darauf hingewiesen wird, so bezieht sich diese Option nur auf bereits vor dem 21. Dezember 2020 verkaufte PKWs, in denen die Technologie schon verbaut, aber noch nicht aktiviert ist.

Neben DAB+ werden inzwischen auch andere Funktionen bereits ab Werk in PKWs integriert, ohne dass diese vom Kunden bestellt wurden. Sollte sich der Fahrer erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Nutzung entschließen, können diese bequem ohne Einbauaufwand einfach freigeschaltet werden.

Bei Mercedes ist die Freischaltung von DAB+ für Fahrzeuge, die vor dem 21. Dezember 2020 verkauft wurden, aktuell ab 238 Euro zu bekommen. Audi bietet neben einem kostenlosen Schnuppermonat auch ein monatliches Stufenmodell, das mit einer „lifetime“-Nutzung bei 438 Euro endet – ein wahrlich stolzer Preis für den rauschfreien Sound.

DAB+ ist das „new normal“

Obwohl diese Modelle kompatibel mit den EU-Regelungen zur Interoperabilität beim Radioempfang sind, so entsteht beim Kunden doch der Eindruck, dass Radio im digitalen Zeitalter zusätzlich zum Rundfunkbeitrag ein Bezahldienst ist. Für Radiofans, die in den Genuss der neuen Radiowelt kommen wollen und kleine Abstriche an der Ästhetik ihres Armaturenbretts hinnehmen, gibt es allerdings mit DAB+-Adaptern ab 50 Euro auch günstigere Alternativen.

Ob und wie die Marketingabteilungen der Automobilhersteller DAB+ als Mehrwert in die Werbung einbinden werden, bleibt abzuwarten. Aber wahrscheinlich wird es in Kürze einfach als Selbstverständlichkeit verbucht – so wie heute keiner mehr auf die Idee käme, ein Autofenster per Kurbel zu öffnen, um den mechanischen Außenspiegel zu justieren.

 

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