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27.07

Bundestagswahl: die TV-Pläne der Privatsender

von Lisa Priller Gebhardt unter TV

Wie die Bundestagswahl am 26. September 2021 ausgehen wird, kann niemand vorhersehen. Das einzige, das heute schon klar ist: Nach Angela Merkels Abschied wird es einen Wechsel an der Spitze geben. Erstmals steigen auch die privaten Sender in einer bisher nicht dagewesenen Form in die Berichterstattung ein.

Kanzlerin Angela Merkel hört nach 16-jähriger Amtszeit auf. Damit geht eine Ära zu Ende – der Kampf um das wichtigste Amt in der Bundesrepublik wird also spannend. Sowohl personell, als auch journalistisch. Erstmals steigen auch die privaten Sender in eine bisher nicht dagewesenen Form in die Berichterstattung ein. Das entsprechende Fachpersonal haben sie dafür bereits eingekauft. Und zwar bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Der Transfermarkt boomte in den letzten Monaten – drei der Hochkaräter im Nachrichten-Business haben den Arbeitgeber gewechselt. So hat Linda Zervakis der ARD Adieu gesagt und ist zu ProSieben gewechselt. Pina Atalay und Ex-Tagesschau-Chef Jan Hofer sind für RTL im Einsatz, wo sie unter anderem ab Mitte August das tägliche Nachrichtenmagazin „RTL Direkt“ präsentieren werden.

Mehrere neue Formate aufgesetzt

Louis Klamroth interviewt auf ProSieben Spezial Live den Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Foto: ProSieben/Richard Hübner

Der Unterföhringer Sender ProSieben hat bereits im Mai mit der politischen Berichterstattung von sich reden gemacht. Er strahlte das erste Interview mit der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, aus. Sven Pietsch, Chefredakteur der Seven.One Entertainment Group sagt: „ProSieben und Sat.1 erreichen mit ihrer Berichterstattung überproportional viele Jung- und Erstwähler. Damit schaffen wir politische Relevanz in der Sprache, die unsere Zuschauerinnen und Zuschauer sprechen, und mit Inhalten, die sie interessieren.“

Umfangreiche Formate sind bereits in der Pipeline: In der „ProSieben Bundestagswahl-Show“ – so der Arbeitstitel – treffen die Kanzlerkandidatin und Kandidaten auf ihre Wählerschaft. In der Sendung lädt Louis Klamroth die Kandidaten zu einer Form des klassischen Politik-Talks ein. Es geht in jeder Live-Folge jeweils zwei Stunden lang um die politischen und gesellschaftlichen Visionen der Politiker. Diese treffen zunächst in unterschiedlichen Gesprächssituationen auf Klamroth und prominente Gäste. Dann stellen sich die Politiker in einem großen Town-Hall-Finale den Sorgen, Nöten und Fragen der Wähler. „Am Ende soll ein klareres Bild stehen: von den drei Kandidaten, ihren Persönlichkeiten, Werten und Zielen, aber auch von Deutschland“, heißt es aus Unterföhring.

Der Schwestersender Sat.1 unterzieht mit „Facing the Classroom“ (Arbeitstitel) die Kandidaten einem Stresstest. Sie müssen sich dem Kreuzverhör einer Schulklasse stellen. Dabei geht es nicht nur um Parteiprogramme, sondern auch um Fragen aus Schulfächern wie Mathe, Englisch oder Geografie. Angelehnt ist die Show an das  internationale und gleichnamige Erfolgsformat. Dass das kein Kinderspiel wird, mussten unter anderem bereits der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und die neuseeländische Regierungschefin Jacinda Ardern erleben, als sie sich in ihrem Wahlkampf ebenfalls dem TV-Kreuzverhör von Schülern stellten. Ergänzt wird die Berichterstattung der Seven.One Entertainment Group zur Bundestagswahl durch die traditionellen Sommerinterviews mit den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten in SAT.1.

Die jungen Zielgruppen erreicht man auf Social Media

Sven Pietsch, Chefredakteur der Seven One Entertainment Group, setzt auf die Jung- und Erstwähler. Foto: Seven.One

Und weil die Jugend heute nicht mehr in erster Linie vor der Glotze, sondern vor dem Smartphone sitzt, werden die diversen digitalen Plattformen der Seven.One Entertainment Group im Vorfeld der großen Entscheidung ebenfalls redaktionell eingebunden. „Integraler Bestandteil unserer Informationsstrategie ist es, die Berichterstattung zur Bundestagswahl 2021 passgenau für alle Plattformen aufzubereiten, wobei wir auf den digitalen Kanälen zusätzlichen Content bieten werden, der vor allem junge Zielgruppen noch stärker anspricht“, erläutert Pietsch.

Auch RTL Zwei plant eigene Inhalte zur Wahl: So kehrt „Endlich Klartext! – Der große RTLZWEI Politiker-Check“ zurück, wofür der Sender den Deutschen Fernsehpreis gewonnen hat. „Zur Bundestagswahl werden wir insbesondere junge Zielgruppen auffordern, ihre Stimme abzugeben“, sagt Carlos Zamorano, Direktor Marketing und Kommunikation. So findet das Thema in den Handlungen von „Berlin – Tag & Nacht“ und „Köln 50667“ Erwähnung – auch in den zugehörigen Social-Media-Kanälen. Redaktionelle Integrationen in weiteren Formaten sind aktuell im Gespräch.

Bei RTL in Köln steht die Wahl genauso im Fokus der politischen Berichterstattung. Für den Wahltag wurde dafür eigene eine „redaktionelle und produktionstechnische Task-Force“ eingerichtet, wie Gerhard Kohlenbach, Chefredakteur Nachrichten bei RTL NEWS sagt. Man wolle die Zuschauer am 26. September „von Mittag bis in den späteren Abend über alles rund um die Wahl informieren“. Dazu werde in neuen Strukturen, ressort- sowie redaktionsübergreifend gearbeitet. „Im Falle von ntv passiert das sogar senderübergreifend“, so Kohlenbach.

Drei Kandidaten an einem Tisch

Das wichtigste Format dürfte das große Wahl-Triell am 29. August mit Pinar Atalay und Peter Kloeppel sein. Neben den Kandidaten von CDU und SPD werden auch die Grünen in der Sendung vertreten sein. Kohlenbach sagt: „Mit dem Triell wollen wir die veränderte politische Landschaft in Deutschland bestmöglich abbilden und den Zuschauern die inhaltliche und personelle Auseinandersetzung präsentieren, die den Kampf ums Kanzleramt prägen wird.“

Wie bei ProSiebenSat.1 ist Social-Media auch bei der Mediengruppe RTL bei allen Projekten mit im Boot. „Auf unseren Social-Media-Kanälen werden wir die Wahl – neben regulärer Berichterstattung über Parteiprogramme und Spitzenkandidat:innen –  vor allem auf eine Art covern: nah am User und an der Userin“, heißt es auf Anfrage. „Gerade mit TikTok erreichen wir mit unserem Content ein junges, aber stark politisiertes Publikum, mit dem wir aktuell schon zu Wahlthemen interagieren. So generieren wir Themen aus der Community heraus, die für unsere Zielgruppen wirklich wichtig sind“, erklärt Nachrichten-Chefredakteur Kohlenbach.

 

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