26.04
tendenz online in neuem Design
Neuer Webauftritt: „tendenz“, das Medienmagazin der BLM, erscheint ab sofort nicht nur als Print-Version und E-Paper, sondern auch als Online-Magazin. Im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe, die über die BLM-Website nun auch mobil genutzt werden kann, steht das Thema „Digitaler Journalismus“. Dabei geht es um neue Formen von Online-Publizistik und Mediennutzung, aber auch um News-Apps und die Frage, wie aus Ideen erfolgreiche Innovationen entstehen können. Vorab schon einmal ein virtueller Blick ins neue Heft …
Erste tendenz online dreht sich um digitalen Journalismus
„Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung“, antwortete Jeff Jarvis, als er unlängst nach der Zukunft des digitalen Journalismus gefragt wurde. Ausgerechnet der Mann, der als Journalist und Professor der City University of New York’s Graduate School of Journalism seit Jahren die publizistischen Vorzüge des World Wide Web preist, wirkt überfragt.
Und Netzjournalist Richard Gutjahr geht es kaum anders: „Ich habe viel ausprobiert in meinem Journalisten-Leben“, sagte er während der Österreichischen Journalistentage in Wien und bekannte: „Heute stehe ich vor Ihnen und ich bin ratloser denn je.“
Dem digitalen Journalismus fehlen weder Themen noch Werkzeuge, weder qualifizierte Journalisten noch Quellen. Es fehlt ganz einfach das Geld. Gesucht wird: ein funktionierendes Geschäftsmodell zur Vermarktung von Journalismus im Internet.
Mit dem Mut der Verzweiflung?
Ganz gleich ob multimediales Storytelling oder Fact-Checking, ob Datenjournalismus oder digitales Crowdsourcing: Solange Paid Content im Internet auf Akzeptanzprobleme stößt, bleibt für das Geschäftsmodell Journalismus eine Finanzierungslücke. Malte Werner hat seiner Titelgeschichte für tendenz online deshalb schlicht den Titel „Mit dem Mut der Verzweiflung?“ gegeben.
Der Journalist kommt bei seiner Bestandsaufnahme zu dem Ergebnis, dass die meisten Vermarktungswege und Finanzierungsmodelle für Online-Journalismus derzeit auf die Werbung setzen. Die Folge seien die Jagd nach Reichweiten und Klicks (Clickbaiting) und Native Advertising. Genau das aber, so warnt er, könne den Ruf des Online-Journalismus gefährden.
Eine wachsende Rolle spielen auch Algorithmen und Intermediäre. Sie entscheiden zunehmend darüber, welche Inhalte im Internet wen erreichen. „Das eine lineare, gebündelte Medienprodukt für alle, wie es die Zeitung oder die Tagesschau sind, verliert an Bedeutung. Individualisierten Angeboten gehört die Zukunft“, lautet Werners Prognose.
Nachrichten to go
Individualisierung und Personalisierung von Medienangeboten treiben derzeit auch die sogenannten News-Apps voran. Sie machen das Smartphone zu einem digitalen Kompass, der dem einzelnen Nutzer hilft, das eigene Leben mit der globalen Informationsgesellschaft zu synchronisieren.
Sandro Schroeder hat recherchiert, wie Medienhäuser und Internetfirmen derzeit versuchen, mit „Nachrichten to go“ oder „News-Snacks“ jederzeit und überall Handy-Informationen „für zwischendurch“ zu offerieren. Dabei setzen die meisten Anbieter auf Display-Inhalte, die identisch bereits für andere Screen-Größen zur Verfügung stehen.
Mobile Online-Geräte haben für das Nachrichtengeschäft im Internet mittlerweile eine ähnlich große Bedeutung wie stationäre PCs, Laptops oder andere Endgeräte. Es gebe „keine Verschiebung von Desktop auf Mobile“, sondern „eine Ausweitung der Mediennutzung durch Mobile“, betont etwa Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit Online.
News-Apps und Virtual Reality
Schroeder, der sich selbst als Digital Native der Generation Y bezeichnet, hat für seinen tendenz-Artikel die erfolgreichsten deutschen News Apps getestet. Sein Fazit: Eine Nachrichten-Revolution steht nicht bevor. Aber: Es drängen neue Akteure auf den Markt, die sich mit Nutzerprofilen und Algorithmen so gut auskennen, dass sie (fremde) Inhalte immer besser personalisieren können.
Deshalb arbeiten zurzeit fast alle Verlagshäuser an individualisierbaren Push-Diensten, die automatisch solche News auf die Kunden-Smartphones schicken, welche die jeweiligen Besitzer besonders interessieren könnten. So soll etwa die App Bild Buzz eigenständig „lernen“, welche Benachrichtigungen wirklich gelesen werden. Das Ziel: Die Nachrichtenauswahl soll noch passgenauer auf die einzelnen Konsumenten zugeschnitten werden.
Megatrend Personalisierung
Personalisierung ist zurzeit ein Megatrend der Digitalisierung. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch für Virtual-Reality-Angebote ab. „Die Virtual-Reality-Technologie steht erst jetzt vor ihrem Durchbruch“, schreibt tendenz-Autor Dirk Martens.
Der Leiter des Forschungsinstituts House of Research nennt als Indizien dafür die wachsende Verbreitung von Endgeräten, welche die Wirklichkeit mit Elementen einer computergenerierten, interaktiven und virtuellen Umgebung verbinden. Wearables wie Fitnesstracker und NFC-Chips weisen den Weg.
Virtual-Reality-Headsets wie das Oculus Rift oder HTC Vive machen es möglich, mit Hilfe von Smartphone-Technologie in virtuelle Sphären von Filmen oder Games einzutauchen, und zwar nahezu jederzeit und überall. Das Innovationspotenzial entsprechender Inhalte und Anwendungen scheint grenzenlos.
Nach Ansicht von Dirk Martens steht die Daseinsberechtigung klassischer Medienanbieter übrigens auch in Zeiten mobiler, universeller und konvergenter Inhalte keinesfalls in Frage. „Allerdings müssen die Inhalte an die neuen Nutzungskontexte und -orte hinsichtlich Länge, Art (Text, Video oder Audio), Auswahl etc. angepasst werden“, urteilt der Medienforscher.
Mit Geld und Gründergeist
Wie aus Ideen Innovationen werden können, lässt sich auch in Deutschland mittlerweile in einigen Media Labs beobachten. Dort geht es darum, mit kleinem Geld und großem Gründergeist digitale Geschäftsmodelle zu realisieren. Sara Weber hat öffentlich und privat finanzierte Inkubator-Modelle miteinander verglichen. Während Profit-Modelle meist bedeuten, dass Investoren Beteiligungen und Beratung gegen Unternehmensanteile tauschen, haben Non-Profit-Modelle ein anderes Ziel. Ihnen gehe es „um eine Förderung junger Gründer, von der am Ende traditionelle Medienunternehmen profitieren sollen“, lautet ihre Analyse.
Je nach Perspektive bedeutet die Digitalisierung für den Journalismus also Revolution oder Evolution, Transformation oder gar Disruption. Das neue tendenz-Magazin beleuchtet, was sich hinter solchen Ansätzen verbirgt. Ein passendes Schwerpunktthema für die neue tendenz online, die sich noch stärker dem Dialog mit dem Fachpublikum stellen möchte. Die Artikel können nun optimal verlinkt, mobil genutzt und auch geteilt werden.
Kommentar abgeben