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30.05

Sprachassistenten und ihre Auswirkungen auf den Radiomarkt

von Guido Schneider unter Netzwelt Radio

Sprachassistenten lösen bei Experten wahre Begeisterungsstürme aus. Alexa und Hey Google sollen zusammen mit Smartspeakern wie Amazon Echo, Echo Dot oder Google Home dem auditiven Web zum Durchbruch verhelfen. Hören ist das neue Sehen, lautet die Parole. Auch die Radiowelt will vom Audio-Boom profitieren und ihre Inhalte über Alexa und Co. verbreiten. Die Voraussetzungen sind gut, denn die Radiomacher wissen ja, wie man Hörinhalte erstellt und vermarktet; jetzt erhalten sie einen zusätzlichen Verbreitungsweg mit viel Entwicklungspotenzial.

„Wir treten ein in eine Dekade smarter Audio-Devices“

Zunächst hat die Radiowelt reserviert auf Echo und Alexa reagiert. Viele Sender begnügten sich damit, über fremde Aggregatoren wie TuneIn und Radio.de oder den brancheneigenen Radioplayer in Amazons Audio-Universum auffindbar zu sein. Nur einige wenige programmierten eigene Skills. Doch die wachsende Verbreitung von Smartspeakern lässt die Sender nun verstärkt die Initiative ergreifen.  Von den insgesamt 453 Skills, die die Alexa-App Anfang Mai in der Kategorie Musik & Audio aufführt, entfallen bereits rund 70 auf UKW-Programme des privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland – Tendenz steigend.

Antenne Bayern zählt zu den ersten Radiosendern, die Alexa für sich sprechen ließen. Der Traditionssender aus Ismaning startete bereits Anfang 2017 drei eigene Skills für Amazon Echo und Echo Dot, je einen für den Hauptsender Antenne und seine Tochter Rock Antenne sowie einen für das Quiz „Schlaubayer“. Anfang Mai 2018 folgte nun der vierte Skill namens „Affenbeste Freunde“. Er erzählt Gute-Nacht-Geschichten für Kinder, die von bekannten Radiostimmen der Antenne vorgetragen werden. Das Besondere daran: Kinder können selbst in die Hauptrolle jeder Episode rücken und per Sprachsteuerung auswählen, welchen Namen das Äffchen tragen soll. Die hinterlegte Datenbank ist für über 500 personalisierte Gute-Nacht-Geschichten ausgelegt.

Skills eröffnen Rückkanal und Werbechancen

Sven Rühlicke, Geschäftsführer Digital bei Antenne Bayern, spricht von personalisiertem Content, der zugleich auch ein gemeinsames Nutzererlebnis fördern soll. Damit kommt sein Sender gerade zur rechten Zeit: „Sprache ist das zentrale Eingabe- und Ausgabeinterface der Zukunft. Wir treten ein in eine Dekade smarter Audio-Devices“, so Rühlicke. „Durch cloudbasierte Sprachassistenten erfährt Audio eine völlig neue Bedeutung. Sie schaffen neue Audioumfelder und damit einen neuen rückkanalfähigen Markt.“ In dem will Antenne Bayern als First Mover Punkte machen. Die eigenen Skills schaffen zusätzliche Touchpoints und beflügeln auch die Vermarktung. So will Rühlicke das Umfeld der Touchpoints nutzen, um neben der herkömmlichen Webradiowerbung interaktive Audiowerbung auszuspielen. „Unser Ziel ist es, vermarktungsfähige Inhalte zu schaffen.“

Katharina Weisser

Katharina Weisser (egoFM) möchte Streams neben dem Hauptprogramm auf innovative Weise verbreiten

Musik passend zur Stimmung

Auch die Macher von egoFM verfügen seit Juli 2017 über einen eigenen Alexa-Skill, mit dem Katharina Weisser, Projektleiterin für Digitale Vermarktung und Entwicklung, der online-affinen Hörerschaft zwischen 20 und 39 Jahren einen weiteren Zugang zu ihren Angeboten ermöglichen will. Zudem liegt ihr daran, frühzeitig mögliche neue Hörergruppen zu erreichen und unterschiedliche Streams, die neben dem Hauptprogramm verfügbar sind, auf innovative Weise zu verbreiten. Die Skills sind dabei so angelegt, dass die Nutzer möglichst leicht die passende Musik zu ihrer jeweiligen Stimmung finden. Weisser spricht vom „Mood-Surfing“ innerhalb der „Soundworld“ von egoFM. Nutzer des ego-FM-Skills können zwischen dem Radioprogramm und einzelnen Streams wählen, was an das On-Demand-Prinzip der Musikstreamingdienste erinnert. Um seinen Skill zu verbessern, nutzt egoFM quantitative Nutzungsdaten von Amazon. Der Sender will aber auch Erfahrungen, die er durch den Traffic auf seiner Website gewonnen hat, in die Gestaltung des Skills einfließen lassen. So stellte egoFM etwa fest, dass sich viele Besucher seiner Website über die Songs der aktuellen Playlist erkundigen und hat deshalb auch einen Sprachbefehl bei Alexa etabliert, der Nutzern Auskunft über die gerade laufenden Titel gibt.

Sender hoffen auf zusätzliche Hörer

Sven Rühlicke will die Daten seiner Skills ebenfalls für Verbesserungen nutzen. Von Amazon erhält die Antenne etwa Zahlen zu aktiven Geräten, Sessions und Interaktionen mit den Skills. Der Konzern übermittelt auch Fehlerdaten und teilt dem Anbieter mit, wenn Alexa eine Frage nicht beantworten konnte. „Zusammen mit der Auswertung der Reviews können wir quasi über Nacht auf Nutzerwünsche reagieren oder Bugs beheben“, erläutert Rühlicke. Die absolute Zahl der Hörer lässt sich derzeit aber nicht sicher ermitteln. Amazon liefert den Sendern nämlich keine personenbezogenen Daten, so Rühlicke. Der Konzern beteiligt sich auch nicht an der Media-Analyse. Bei egoFM registriert Katharina Weisser indes eine steigende Nutzung via Alexa, „sowohl in puncto Reichweite als auch in puncto Verweildauer“. Mittlerweile habe egoFM eine „treue Hörerschaft“, die den Skill regelmäßig aufruft. Ob die das Audio-Angebot vorher über andere Verbreitungswege genutzt oder es erst bei Alexa entdeckt hat, bleibt unklar. Auch über die Zahl der Hörer, die egoFM im Amazon-Kosmos erreicht, macht Weisser keine genauen Angaben. Es kämen aber täglich neue hinzu.

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