27.10
Social News – Wie sich WhatsApp zum Nachrichtendienst mausert
Alle reden von Facebook und Twitter als Nachrichten-Multiplikator. Alle haben auch damit Recht. Netzökonom Holger Schmidt hat die Faktenlage zu Social News in seinem Blog zusammengefasst. „Unter jungen Menschen zwischen 14 und 29 Jahren ist Facebook schon die am häufigsten genutzte Nachrichtenquelle, ohne dass WhatsApp hier schon mitgezählt wäre“, hält Schmidt fest. Hier handelt es sich aber lediglich um die reine Facebook-App – WhatsApp und der Messenger sind hier nicht mit eingerechnet. Und gerade WhatsApp bietet Möglichkeiten, die Medien für sich nutzen können.
Die unglaubliche Anzahl an 50 Milliarden Nachrichten wird weltweit täglich allein über WhatsApp versandt. Die Tendenz ist stark steigend. Speziell bei den Jugendlichen sind mobile Messaging-Dienste äußerst beliebt: Laut einer BITKOM-Umfrage sind Kurznachrichten der am häufigsten genutzte Weg, um sich mit ihren Freunden auszutauschen – beliebter als sich persönlich zu unterhalten.
Dort sein, wo der junge Kunde ist
Wer denkt, dass die mobile Entwicklung nach der ersten Welle nun an Fahrt abnimmt, hat sich gewaltig getäuscht. Die spannende Phase beginnt erst jetzt und der mobile Tsunami rollt mit aller Gewalt an. Medien, die noch nicht glauben wollen, wie junge Menschen 2014 konsumieren und kommunizieren, nämlich mobil, werden schon bald ernsthafte Probleme bekommen. Try and error kann wehtun, aber auch einen entscheidenden Marktvorteil bringen, wenn man die richtigen Ideen hat.
So gibt es bereits einige Medien, die mit WhatsApp testen und erste Projekte starten. Man könnte vermuten, dass es hier um Buzzword-Schleudern handelt, die die „10 privatesten Fotos der Stars“ verbreitet oder mit Sätzen wie „Du wirst nicht glauben, was aus dem zuerst harmlosen Streich wurde“ die Menschen einfangen.
Nein, zum Glück ist die BBC an dem Thema WhatsApp und Nachrichten dran. Im April dieses Jahres kündigte die BBC an, dass sie Instant-Messaging Dienste wie WhatsApp versuchsweise für ihre internationale Berichterstattung nutzen wollte. Erstmals kam WhatsApp dann bei der Wahl in die Indien für die Verbreitung von Nachrichten, Videos und Grafiken über die dafür eingerichtete Accounts. Der erste Test hat laut der BBC sehr gut funktioniert. Die Aktivitäten werden nun weiter ausgebaut, eben um das junge Publikum zu erreichen, wie James Montgomery, Digitalchef der BBC World Service Group gegenüber MEEDIA erklärt hat: “Unsere Hoffnung ist, auf diese Art und Weise sicherzustellen, dass BBC News weiterhin relevant bleibt, trotz der zunehmenden Verschiebung hin zu mobilen Angeboten.“
Aber nicht nur in der Innovationsfabrik BBC wird mit WhatsApp getestet. Das Vorarlberger Medienunternehmen Russmedia nutzt den Messenger-Dienst bereits seit 2013 für sich. Gerold Riedmann, Geschäftsführer von Russmedia Digital verriet im BLMplus Interview, dass dort WhatsApp eine Erfolgsgeschichte ist: „WhatsApp ist innerhalb kürzester Zeit zum – nach Facebook – zweitwichtigsten Sharing-Button geworden. Vor allem junge Leser sind den ganzen Tag über mit ihren 10 besten Freunden in einem Dauer-Chat per WhatsApp. Das ist deren kleines, soziales Netzwerk. Viel wichtiger als Facebook. Wir arbeiten daran, dass in diesen Privat-Chats unsere Artikel so einfach wie möglich empfohlen werden können.“ Russmedia hat auch bereits mehrere Aktionen mit WhatsApp getestet. So hat man die Wahlergebnisse der Landtagswahl per WhatsApp verschickt: „Im Vorfeld riefen wir Interessierte dazu auf, sich mit der Handynummer bei uns zu registrieren. Rund 1000 Leserinnen und Leser sind dem kurzfristigen Aufruf gefolgt. Wir haben aber auch bereits Interviews per WhatsApp geführt. Von einer „Miss Austria“ erhalten Sie per WhatsApp viel gefühlvollere, authentischere Antworten inklusive aller Emojis, als in einem bloßen, als Text wiedergegebenen Interview.“
Die Vorteile von Messenger-Diensten
Willkommen in der Realität – in der Lebensrealität der Menschen. Die Nutzungszahlen zeigen, dass Messenger-Dienste mittlerweile zu einer gewohnten Routine geworden sind und in diese Routine müssen Nachrichten vorstoßen.
Die gute alte SMS stirbt aus. Kurznachrichten über das Web sind günstiger und bieten mehr Optionen wie zum Beispiel das Versenden von Videos, Audios und Fotos. Gerade diese Möglichkeiten sind für Medien geradezu geschaffen.
Messbarkeit ist für Unternehmen ein wichtiger Gradmesser. Die Messenger-Dienste ermöglichen es Nutzungsdaten, Abrufzahlen und weitere interssante Daten zu erheben. Daraus lassen sich natürlich auch Schlüsse auf die Themenauswahl ziehen.
Personalisierung ist das Stichwort. Die BBC hat in einer Umfrage nach dem WhatsApp-Test in Indien User gefragt, was Ihnen besonders gefallen hat. Viele der Teilnehmer gaben an, dass die WhatsApp-Nachricht eine individuelle Form sei und sie das Gefühl hatten, persönlicher informiert zu werden. Warum sollte das nicht auch zu speziellen Themen funktionieren, wie der favorisierte Fußballklub, Verkehrsinformationen, etc.
Auch lokale Medienunternehmen könnten davon profitieren und mit Ihren Kernkompetenzen ein junges Publikum erreichen. Warum nicht über die lokalen Wahlen über WhatsApp tickern? Oder in den Drittelpausen eines Spiels des lokalen Eishockey-Vereins die Zwischenstände verbreiten? So lassen sich lokale – als auch Randthemen bedienen. Der zusätzliche Aufwand für die Redaktion ist überschaubar, der Nutzen für die Leser, Hörer, Zuseher kann aber enorm sein.
Wearables als weiterer Ausspielkanal
Noch hat sie kaum jemand, noch gibt es auch nur wenige Anwendungen dafür. WhatsApp hat aber bereits mit dem letzten Update eine Adaption für Android Wear veröffentlicht. Noch ist die Version längst nicht ausgereift, aber Kurzmeldungen über die Smartwatch könnten in der Zukunft zum Thema werden.
Links
How BBC News covered Indian elections on WhatsApp and WeChat
Instant messaging trial launches on BBC’s International News services
WeChat, Line & Co: BBC News gibt’s jetzt auch als Instant Message
Vorarlberg Online – vol.at
Die Jugend kommuniziert am liebsten mit Kurznachrichten – BITKOM e.V.
Gezeitenwechsel bei Kurznachrichten – BITKOM e.V.
Der Geschäftsführer von Russmedia Digital heißt Riedmann nicht Russmann 😉
Vielen Dank! Ist schon ausgebessert. So unlogisch wäre es aber gar nicht gewesen 😉