Di
22.09

Schulkinder auf digitale Welt vorbereiten

von Tobias Hönig unter Medienkompetenz

Kinder müssen auf die digitale Welt vorbereitet werden – gleichzeitig aber die „alte“, analoge Welt kennen.  Dazu zählt vor allen Dingen, dass Kinder – bereits vor dem zwölften Lebensjahr – Geräte wie Tablets sinnvoll nutzen, erwidert Tobias Hönig, Mitgründer des Bildungsnetzwerkes Scolibri, auf den Gastkommentar von Prof. Dr. Gerald Lembke, der den zu frühen Einsatz von Tablets und Smartphones im Schul- und Familienalltag kritisiert hat. Das Alter der Kinder, findet Hönig, spielt nur eine kleine Rolle.

Lehrerin arbeitet im Unterricht mit Tablet-PC

Ist der Einsatz von Tablets in der Grundschule sinnvoll? Foto: Contrastwerkstatt/Fotolia

Letztlich müssen die Schüler und Schülerinnen entscheiden können, ob ihnen das Tablet zur Erreichung eines Lernzieles nützlich ist. In einem klassischen Schulbuch etwa finden sich selten mehrere Quellen. Recherchiert ein Kind dann allerdings – wie später meist üblich – digital, wird es zwangsläufig eine Vielzahl an Quellen vorfinden.

Darauf müssen Kinder vorbereitet werden. Eine generelle Ablehnung des Einsatzes von Tablets und anderen Endgeräten in Schulen halte ich für falsch – dafür finden wir in den von uns [Online-Plattform Scolibri] betreuten Schulen zu viele Positivbeispiele.

Wir sind für die Nutzung von Tablets, unter der Voraussetzung, dass immer die individuellen Lernziele bzw. das Vermitteln entsprechender Kompetenzen im Vordergrund stehen müssen. Das Alter der Kinder spielt nur eine kleine Rolle, Kinder unter 12 Jahren sind durchaus in der Lage ein Tablet sinnvoll einzusetzen.

Tablets und Schulbücher sind nur Werkzeuge

Ein Tablet ist nur ein Werkzeug, kein Medium – das wird leider oft von Erwachsenen verwechselt. Genauso ist ein Schulbuch lediglich ein Werkzeug. Grundsätzlich sollten Pädagogen einen altersgerechten Einsatz von Medien einschätzen können. Unterschiede zwischen Buch, Tablet oder Blatt, Papier und Stift zu machen, empfehle ich nicht.

Handyverbote in der Schule machen keinen Sinn

Die Realität aus dem Zuhause der Kinder sollte sich schnellstmöglich auch in Grundschulen wiederfinden. Vorauszusetzen, dass Kinder mit den Geräten nicht sinnvoll umgehen können und ihnen dies zu kommunizieren, funktioniert nicht. Ein generelles Aussprechen von Verboten, wie etwa bei Handys, ist kontraproduktiv – Schülerinnen und Schüler nutzen die Geräte dennoch. Viele Schulen lösen momentan auch aus diesem Grund Handyverbote wieder auf. Die Pädagogen sind in der Verantwortung, den richtigen Umgang aufzuzeigen – dazu ist eine Ausstattung mit den jeweiligen Geräten nötig und eine Verbannung daher unsinnig.

Scolibri-Manager Tobias Hönig

Ein Tablet ist nur ein Werkzeug, kein Medium, meint Tobias Hönig. Foto: Scolibri

Was hingegen die Kindergärten betrifft, stimme ich Prof. Lembke durchaus zu. Es sollte nicht mit den Kindern, sondern vielmehr mit den Eltern digital gearbeitet werden. Denn: Auch, wenn viele Eltern mit Kindern in Kindergartenalter vermeintliche “Digital Natives” sind, fehlt häufig eine ernsthafte, kritische Auseinandersetzung insbesondere mit einem sinnvollen Medienkonsum.

Kinder individuell fördern – mit Technik

Wir machen uns sicherlich nicht stark dafür, Kinder noch früher mit Tablets und Smartphones auszustatten, als es ohnehin der Fall ist. Eltern und Schulen, insbesondere aber Lehrkräfte müssen darauf vorbereitet sein, dass Schülerinnen und Schüler den Einsatz von Tablet & Co. immer früher als selbstverständlich erachten. Daher verfolgen wir das Ziel, Schüler (und Schulen) zu befähigen, immer eine Auswahl treffen zu können, welches Medium bzw. Gerät das Richtige ist um das (Lern-)Ziel zu erreichen.

Den Vorwurf, wir würden unseren Kindern den Traum einer digitalen Zukunft suggerieren, kann ich selbstverständlich nachvollziehen. Aber wie sollen Kinder lernen, ihren eigenen Weg einzuschätzen, wenn sie sich nicht schon früh und aktiv mit dieser Traumwelt auseinandersetzen bzw. wir Erwachsene ihnen die kritische Auseinandersetzung mit dieser aufzeigen?

Eine Schule, in der ausschließlich in Projekten gearbeitet wird

Wir gründen in Berlin zur Zeit eine Schule mit, in der Kinder ausschließlich in Projekten arbeiten. Hier geht es nicht darum zu suggerieren, man müsse der beste Projektmanager werden. Es geht vielmehr um das Erarbeiten von Stärken und Schwächen einzelner Kinder, mit dem Ziel, dass diese so früh wie möglich selbstständig und mündig werden. Mit dem Ziel, dass sie eigene Projekte entwickeln, Ziele erreichen oder auch scheitern.

Warum sollen Kinder nicht eine digitale Zukunft träumen dürfen, wenn sie früh damit anfangen, die Hürden auf dem Weg dorthin kennen zu lernen? Sich (schon) jetzt Facebook, Google und Co zu beugen halte ich für falsch. Das sollten wir so auch vorleben und Kreativität und Unternehmergeist fördern.

Ein sinnvoller Einsatz von Tablets ist möglich!

Tablets ermöglichen Pädagogen ein individuelleres Erarbeiten und Verfolgen von Lernzielen, und somit auch die Vermittlung von (Achtung!) Medienkompetenz. So werden Inhalte nicht nur  schnell und kontextfrei auswendig gelernt, damit diese in der Prüfung “ausgekotzt” – und sofort wieder vergessen werden.

Für dieses Problem ist nicht der Einsatz von Medien wie Tablets der Grund. Dieses Problem hängt vielmehr mit der Art der Vermittlung des „Lernstoffs“ zusammen. Wir betreuen Projekte, in denen bewusst Tablets eingesetzt werden, da mit diesen der Einsatz verschiedener Medien leichter abzubilden ist als z.B. mit dem Smartphone oder einem Buch.

Immer wieder konnten wir feststellen, dass Schulen mit Tablet-Klassen versuchen, die Geräte so häufig wie möglich einzusetzen, um etwaige hohe Kosten zu rechtfertigen. So funktioniert das natürlich nicht! Da bislang nur wenige einzelne Schulen, insbesondere im Primarbereich, flächendeckend Tablets oder ähnliches einsetzen, gibt es für aussagekräftige Studien zu Sinn und Unsinn von Tablets im Unterricht keine belastbare Basis.

Schulen brauchen Ausstattung!

Die Technik in Form von Geräten kommt ohnehin in die Schulen, eine Ausstattung mit Konzepten ist hier wesentlich wichtiger – eine Ausstattung mit ausreichender Bandbreite und W-LAN ist obligatorisch. Man sollte die privaten Smartphones, Tablets und Laptops der Schüler systematisch nutzen (Prinzip „Bring your own device“). Aber auch in diesem Fall bleiben die mit der Digitalisierung verbundenen Aufgaben für die Schulen umfangreich und komplex. Damit Pädagogen sich auf guten Unterricht konzentrieren können, brauchen Schulen ein professionelles IT-Management.

Es wird also darauf ankommen, Schulen dabei zu unterstützen, digitale Technologien und Lernformate nicht nur bereitzustellen, sondern den Kindern im Rahmen ganzheitlicher pädagogischer Konzepte eine sinnvolle Integration sog. neuer Medien und Geräte zu vermitteln.

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