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24.02

Radiodays Europe 2016: Bleib stark, Radio!

von Daniel Kähler unter Radio

Europas Radiobranche pilgert Mitte März nach Paris: „Vive La Radio!“ ist das Motto der diesjährigen Radiodays Europe. Aber wie geht es überhaupt einem der ältesten elektronischen Medien im 21. Jahrhundert, während Onlineangebote wie Spotify und YouTube gerade die jungen Medienkonsumenten begeistern? Daniel Kähler hat sich vorab für uns schon mal das Programm angeschaut.

Radiodays Europe 2016: ein Weckruf?

Radiodays Europe

Vom 13. -15. März pilgert die Branche nach Paris. Foto: Radiodays Europe

Dass die Radiodays Europe dieses Jahr in Frankreich stattfinden, ist vielleicht kein Zufall. Denn die französische Radioszene gilt als spannend, während in anderen Ländern Innovationen im Hörfunk spärlicher gesät sind. Vielleicht sind die Radiodays in Paris deshalb auch als Weckruf zu interpretieren. Vertreter vom öffentlich-rechtlichen Radio France und des Marktforschers Médiamétrie geben einen Einblick in die Radioszene unserer südwestlichen Nachbarn.

So ist Frankreich die Heimat der Privatradio-Kette ENERGY, man beweist aber auch, dass ebenso nationale, private Vollprogramme wie RTL mit Talk- und Musikspartensendungen funktionieren. Dazu kommen zahlreiche kleinere Sendergruppen und lokale Stationen. Diese spannende Mischung wird am ersten Kongresstag,  Montag, 14. März, um 12.15 Uhr im Panel „Radio in France – for outsiders“ präsentiert.

Keimzellen der Radioerneuerung

Doch es gibt in ganz Europa – auch in Deutschland – kleine Keimzellen der Radioerneuerung. Entweder sind es ganze Radiowellen oder kleine Experimentierlabors, die meist innerhalb von öffentlich-rechtlichen Anstalten angesiedelt sind und neue Erzählformen für die linearen Programme oder innovative Online-Erweiterungen entwickeln. So betreiben etwa die BBC, die flämische VRT oder Radio Canada kleine „radio labs“, in denen fleißig experimentiert wird. Spannende, neue Ideen und Hintergründe zu diesen Experimentierredaktionen werden am Dienstag, 15. März,  um 13.45 Uhr vorgestellt: „Cooking in the radio labs“.

James Cridland

Radiofutorologe James Cridland sieht die Hörfunkzukunft gelassen. Foto: James Cridland

Es ist also – mal wieder – nichts geringeres als die Zukunft des Radios, über die debattiert und gestritten wird, deshalb lautet der Untertitel des Radiodays-Mottos auch „Creating the future“.

Der Radiofuturologe James Cridland sieht die Hörfunkzukunft gelassen. „Das klassische, lineare Radio wird aussterben – wenn diese Stationen nichts anderes machen, als Musik zu spielen“, so der gebürtige Brite, der unter anderem schon für die BBC tätig war. „Tolles Radio ist eine persönliche Verbindung zum Hörer, die aus Storytelling und Kommunikation besteht!“, sagte er blmplus.de.

Seine Einschätzungen werden in diesem Jahr auf den Radiodays präsentiert („Mobile Apps“, Montag, 11.20 Uhr). Experimente seien aber wichtig, denn zur Radiozukunft gehöre die Personalisierung des Programms. So habe das amerikanische National Public Radio mit „NPR One“ eine App auf den Markt gebracht, die dem Hörer genau die Beiträge vorschlägt, die ihn interessieren, das sei gewissermaßen ein interaktiver News-Radiosender, so Cridland.

Nur Simulcast ist zu wenig

Neue Ideen im Digitalen fordert auch Christian Schalt, Inhaber von NEXT LEVEL AUDIO in Berlin und in diesem Jahr ebenfalls Speaker auf den Radiodays. „Klar ist, dass sich das klassische Radio in Zukunft verändern muss – auch technologisch. Nur ein linearer Simulcast wird in Zukunft zu wenig sein“, stellt der langjährige Geschäftsführer von 98.8 KISS FM klar. „Die Hörer können bei Spotify Songs skippen oder ihr persönliches Programm zusammenstellen. Das verlangen sie in Zukunft auch von ihrem Radio.“

Um ihre guten Positionierungen in der Medienlandschaft nicht zu verlieren, müssen Radiosender also künftig mit Innovationen aufwarten. Einige dieser Ideen werden am zweiten Kongresstag um 15.20 Uhr bei „30 ideas in 45 minutes“ vorgestellt, wo auch Christian Schalt auf der Bühne stehen wird. Er wolle dort konkrete Erfahrungen aus seinen Beratungstätigkeiten vorstellen, so Schalt.

Christian_Schalt

Radioberater Christian Schalt fordert Innovationen. Foto: Christian Schalt

Sicher ist aber: Radio bleibt auch ein mobiles Medium. Vertreter aus Norwegen, Australien und von der Europäischen Rundfunkunion EBU wollen im Panel „Mobile – a giant leap forward“ am Montag um 14.00 Uhr darüber diskutieren, welche Vorteile die Implementierung von Chips für klassisches Radio in Smartphones bedeuten könnte.

Klassisches Broadcast-Radio in mehr Geräte implementieren

Graham Dixon, Vertreter der EBU bei dieser Veranstaltung, sprach gegenüber blmplus.de von einer „bedeutenden Ankündigung“, zu der er jedoch noch keine weiteren Hinweise geben wollte. Radiofuturologe James Cridland wirft aber schon mal einen genauen Blick auf das Thema: „Wir müssen klassisches ‚broadcast radio‘ in mehr und mehr Geräte implementieren. Aber auf clevere Art und Weise, nicht nur als zusätzliches FM-Modul.“ Vielleicht wird so ein „cleverer“ Weg in diesem Panel präsentiert.

Radioberater Christian Schalt prognostiziert: „Der deutsche Radiohörer wird in diesem Jahr das größte Audioangebot aller Zeiten zur Verfügung haben – und er wird es nutzen!“. Dass sich die meisten dieser Angebote, egal ob sie von Radiosendern selbst oder Anbietern wie Spotify kommen, online abspielen werden, ist selbstverständlich. Anders wird das vielleicht in Norwegen aussehen, wo in naher Zukunft die ersten UKW-Sendernetze zugunsten von DAB+ abgeschaltet werden sollen. Mit der Entwicklung von Digitalradio in Europa befassen sich die Teilnehmer des Panels „Digital radio: Europe’s choice?“ am Dienstag um 11.00 Uhr.

Mischung aus Bewährtem und Neuem

Die Situation auf dem Audiomarkt bleibt also spannend. Das Primetime-Angebot des Radios schlechthin wird sich aber wohl nicht verändern: das Frühprogramm. Die australischen Morningshow-Stars Kyle Sandilands und Jackie O Henderson werden kurz nach der Eröffnung der Radiodays um 10.15 Uhr über ihren Wechsel zu einem der nun erfolgreichsten Sender in Sydney und ihre Arbeit berichten (KIIS and say goodbye… The Big Move).

Die Radiomacher müssen also dafür sorgen, dass ihre Angebote durch Innovationen auch für ein junges Publikum attraktiv bleiben – und gleichzeitig die Stärken ihres Mediums herausstellen. Die Radiodays Europe machen Hoffnung, dass diese Mischung aus Bewährtem und Neuem gelingen wird.

Zur Info:
Das gesamte Programm für den 14. und 15. März im Palais des Congrès unter: www.radiodayseurope.com/Programme

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