10.03
Musikstreaming: Playlists für alle Lebenslagen
Musik zu hören, ist ein ungebrochenes Bedürfnis – in allen Altersgruppen und in allen Lebenslagen. Das Internet hat die Verbreitung und den Konsum von Musik allerdings revolutioniert: Während die Schallplattensammlung nur noch etwas für Liebhaber ist, wird neuerdings gestreamt. Jeder dritte Onliner nutzt heute bereits Musikstreaming. Ein Markt mit Potential für Spotify und Co.
Musikstreaming unterscheidet sich in einem sehr wesentlichen Punkt von allen bisherigen Formen der Musiknutzung: Alben oder Lieder werden nicht mehr (einzeln) erworben. Statt Musik „einzeln“ zu verkaufen, ermöglichen die Streaming-Anbieter nur den Zugriff auf die Musik.
Einmal registriert, hat der Nutzer Zugriff auf ein riesiges Musikarchiv mit Millionen von Titeln – solange er monatlich zahlt oder Werbung akzeptiert. Der Charme für die Anbieter: Die Abonnenten werden zu treuen Kunden, egal wie die Hitsituation ist.
Musikstreaming-Angebote existieren in Deutschland zwar bereits seit 2005, erinnert sei hier nur an die Musikflatrate von Napster. Der Durchbruch gelang jedoch erst mit dem schwedischen Dienst Spotify, der im März 2012 in Deutschland startete.
Zahl der Streaming-Hörer hat sich verdreifacht
Seitdem erfreut sich das Musikstreaming einer rasant wachsenden Beliebtheit. Innerhalb nur eines Jahres hat sich 2014 nach BITKOM-Angaben (Verband für die digitale Wirtschaft) die Zahl der Streaming-Hörer in Deutschland von sechs auf 18 Mio. verdreifacht. Damit hört jeder dritte Internetnutzer Musik über Streaming-Plattformen (32 Prozent). Spotify setzte sich dabei vom Start weg deutlich ab und ließ Wettbewerber wie Napster, Simfy, Rdio oder Deezer schnell hinter sich. Inzwischen entfallen laut Audiovermarkter RMS rund 90 Prozent aller Musikstreams in Deutschland auf Spotify .
Marktführer Spotify: Mit werbefinanziertem Angebot zum Erfolg
Ein wichtiger Grund für den Erfolg ist die Wahl des Geschäftsmodells. Während die meisten der rund 20 Streaming-Anbieter in Deutschland allein auf kostenpflichtige Musikabonnements setzen, bietet Spotify – wie auch Deezer, die Nummer zwei im Markt – ein zweistufiges „Freemium“-Modell an.
So lässt sich in der kostenlosen Basisversion per PC auf den gesamten Katalog zugreifen. Allerdings wird hier alle paar Songs ein Werbeblock eingespielt, der sich nicht überspringen lässt. Außerdem ist die Nutzung auf dem Smartphone oder Tablet nur eingeschränkt möglich – bei Spotify können Titel beispielsweise nur im „Shuffle“-Modus gehört werden. Um sich auch per mobiler App gezielt einzelne Songs, Alben oder Playlists anzuhören, benötigen die Nutzer einen (monatlich kündbaren) Premium-Zugang, den laut Spotify rund ein Viertel der Nutzer abonnieren. Eine sehr beachtliche Umwandlungsquote.
Der Premium-Zugang kostet je nach Anbieter zwischen vier und zehn Euro im Monat und bietet neben dem unbeschränkten mobilen Zugriff eine bessere Tonqualität und vor allem Werbefreiheit. Außerdem ist es so möglich, ausgewählte Musik auch für den Offline-Gebrauch zu markieren. Die Tracks werden dann auf dem Gerät gespeichert und sind auch unterwegs verfügbar, ohne, dass die Nutzer dafür ihr mobiles Datenvolumen verbrauchen.
Eine Ausnahme stellen spezielle Bündeltarife dar, die zum Beispiel die Telekom zusammen mit Spotify, Vodafone mit Deezer oder O2 mit Napster anbieten. Hier lässt sich unterwegs unbegrenzt Musik streamen, ohne dass dabei das Datenvolumen verbraucht wird. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Hörer in einem Gebiet bewegen, in dem ein ausreichender Empfang über UMTS oder LTE vorliegt – was zumindest in Großstädten in der Regel der Fall ist.
Riesige Musikauswahl lässt wenige Wünsche offen
Die Kataloge der Streaming-Anbieter umfassen alle denkbaren Genres von Pop und Rock über Oldies, Rap, Metal, Klassik bis hin zu Hörbüchern. Bei über 20 Mio. Songs bleiben dabei wenige Wünsche offen, die Angebote umfassen meist den kompletten Katalog der Künstler. Auch Neuerscheinungen können häufig parallel zum Verkaufsstart der CDs und Downloads abgerufen werden.
Nicht alle Künstler geben ihre Musik allerdings zum Streamen frei: So haben sich Taylor Swift, Farin Urlaub, Herbert Grönemeyer oder Olli Schulz bewusst gegen eine Veröffentlichung per Streaming entschieden. Begründet wird dieser Schritt vor allem mit dem durch die Künstler empfundenen Wertverfall der Musik . Die Diskussion darüber, wie „gerecht“ das Streaming insbesondere in Bezug auf die Ausschüttung für die Künstler sei, wird schon länger geführt.
2018: Rund 35 Prozent der Musikmarkt-Umsätze über Streaming
Bekannt ist, dass Künstler und Labels zur Hochphase der CD in den 1990er Jahren deutlich höhere Erträge erzielen konnten, wie der Bundesverband Musikindustrie in einem 2013 veröffentlichten Bericht resümierte. Klar ist aber auch, dass die Musikindustrie seit dem Rekordjahr 1997 (rund 2,3 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland) auf rund 1,4 Mrd. Euro in 2014 geschrumpft ist und dass durch das Streaming viele Nutzer erreicht werden, die jahrelang kaum oder gar kein Geld für Musik ausgegeben haben und nun wieder mehr investieren als zuvor . Die Menschen lernen anhand von Spotify und anderen Musikdiensten derzeit, dass sich digitale Abonnements für den bequemen Bezug von medialen Inhalten gut eignen.
Prognosen wie die der GfK gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2018 rund 35 Prozent der Gesamtumsätze im Musikmarkt über die Streaming-Angebote erzielt werden und dadurch auch der Gesamtmarkt wieder wächst, in Deutschland auf rund 1,5 Mrd. Euro.
Dass einzelne Künstler dennoch vielleicht besser damit fahren, auf die Verbreitung per Stream zu verzichten, widerspricht dieser Entwicklung nicht.
Playlists für alle Lebenslagen
Die Streaming-Angebote punkten nicht nur mit einer riesigen Auswahl von Songs und Alben. Attraktiv sind sie auch durch die vielen Playlists, die durch Musikredaktionen der Anbieter, aber auch durch andere User zur Verfügung gestellt werden. Diese bieten eine Auswahl nach Genre, Stimmung, Jahres- oder Tageszeit. Playlists zum Joggen und Duschen existieren genauso wie Weihnachts- oder Karnevalsmusikplaylists. Damit bieten die Streaming-Dienste einen Service, der durch herkömmliche Tonträger so nicht abgedeckt wird.
Gleichzeitig können durch Facebook-Verknüpfungen Playlists, musikalische Neuentdeckungen oder auch die gesamte gehörte Musik mit den Freunden aus dem Netzwerk geteilt werden. Musikempfehlungen sind so deutlich einfacher umzusetzen. So werden bereits auf vielen Websites Spotify-Verknüpfungen genutzt, um beispielsweise eine Plattenrezension direkt mit einer Auswahl von Songs oder gleich dem ganzen Album anzureichern.
Mehr Funktionen und neue Angebote
Die Streaming-Dienste erweitern nicht nur ständig ihre Bibliothek, sondern auch die Funktionen und erhöhen auf diese Weise sukzessive den Nutzungskomfort. Zuletzt gab Marktführer Spotify die Integration der Musikerkennungssoftware Shazam bekannt. Hört der Nutzer ein Lied, das ihm gefällt, muss nur noch das Smartphone in die Luft gehalten und die Shazam-App gestartet werden – schon ist der entsprechende Song in eine Spotify-Playlist integriert.
Es ist zu erwarten, dass sich die Anbieter noch viele weitere Funktionen einfallen lassen, um die Angebote weiter aufzuwerten – zumal einige gewichtige Wettbewerber auf dem Weg sind, den Markt noch einmal kräftig durcheinander zu wirbeln. So startete YouTube seinen Musik-(Video-)Dienst „Music Key“ Ende 2014 u.a. in den USA, Großbritannien und Frankreich. Auch Apple will seinen iTunes-Service überarbeiten, mit dem es einst dem Markt für Musikdownloads zum Durchbruch verhalf. Das Ende der Entwicklung des boomenden Markts für Musikstreaming scheint also noch lange nicht erreicht zu sein.
2 Kommentare
Ich denke über kurz oder lang werden sich zwei Gruppen herauskristallisieren, die einen werden sich aus Nostalgie Schallplatten zulegen und unterwegs mit dem Smartphone Musik hören. Die anderen werden vollkommen auf analoge Tonträger verzichten und Musik nur über Spotify oder Apple Music hören. Ich persönlich habe mich sämtlicher analoger Tonträger entledigt und höre Musik nur noch über Spotify. Mit dem passenden Kopfhörer (am besten mit Noise Cancelling) kann ich so überall Musik hören, und das mit der Downloadfunktion auch offline. Die Vorteile von Streaming überwiegen meines Erachtens eindeutig. Wer sich für Noise Cancelling interessiert, kann sich hierüber gerne auf meiner Website weiter informieren.