Do
01.10

Crowdfunding: „Mach es einfach!“

von Sigrid Eck unter Netzwelt

Wer für eine Idee brennt, sollte sie auch umsetzen und keine Angst davor haben, zu scheitern, so die Empfehlung aller Crowdfunding-Profis bei der 4. IHK Crowdfunding Night in München. Rund 200 Interessierte folgten der Einladung der IHK, des Media Lab Bayern und des WERK1 Bayern, um sich Tipps zu holen und sich auszutauschen.

Schwarmfinanzierung in der Medienbranche

Linette Heimrich, IHK-Gründungsberaterin und Moderatorin des Abends, wollte gleich zu Beginn wissen, wer zum ersten Mal bei der Crowdfunding-Night sei. Und eine Menge Hände gingen nach oben. Das Thema „Schwarmfinanzierung in der Medienbranche“ hatte anscheinend den Nerv getroffen.

Dr. Franz Glatz und Stefan Sutor

Mitveranstalter: Dr. Franz Glatz vom Werk 1 und Stefan Sutor vom Media Lab Bayern.

Zum Auftakt stellten die weiteren Gastgeber kurz ihre Unternehmen bzw. Projekte vor. Dr. Franz Glatz, Geschäftsführer vom WERK1 Bayern, ermutigte die Gäste, sich von IHK und WERK1 beraten zu lassen. Stefan Sutor, bei der BLM für Strategie und digitale Entwicklung verantwortlich, beschrieb das Media Lab: „Wir wollen digitale journalistische Projekte nach vorne bringen. Das Media Lab Bayern ist der Ort für alle, die den Medienwandel mitgestalten wollen.“

Warum Crowdfunding gerade für die Medienbranche und das Media Lab ein wichtiges Thema sei, begründete Sutor folgendermaßen: „Auf neue journalistische Onlineangebote passt kein traditionelles Finanzierungsmodell. Weder die Werbefinanzierung noch das Abomodell.“ Crowdfunding hingegen habe sich schon in mehreren Fällen als die geeignete Startfinanzierung erwiesen.

Nicht das Thema, die Emotionen überzeugen

Danach ging es mitten rein in die Praxis. „Macht es nicht so wie wir 2012“, warnte Filmregisseur Jørg Kundinger augenzwinkernd. Kundinger hatte seine Doku zum Thema Crowdfunding „Capital C“ über Crowdfunding (wie sonst?) finanziert. Dass die Kampagne ein Erfolg wurde, war sehr lange nicht klar. „Und am Ende war es ein lächerlicher Tweet, der alles verändert hat.“ Der Tweet eines prominenten Unterstützers brachte das Geld „quasi über Nacht“, berichtete der Regisseur.

Eine weitere Erfahrung: „Wir waren typisch deutsch und dachten, das Thema wird überzeugen.“ Tat es aber nicht. Die Amerikaner wollten Emotionen und Begeisterung spüren. Erst dann sprang der Funke über. Sein Fazit: „Mach deinen Masterplan. Gib nicht auf. Achte immer auf die emotionale Ansprache.“

Was will die Zielgruppe?

Crwodfunding Night

Klares Bekenntnis! Fotos: IHK München und Oberbayern

Bei startnext.de sind bereits sehr viele Funken übergesprungen. Sie ist nach eigenen Abgaben die größte Crowdfunding-Plattform für kreative und nachhaltige Projekte im deutschsprachigen Raum: Rund 3000 Projekte sind bereits an den Start gegangen, 23 Millionen Euro Kapital vermittelt worden.

Gründer und CEO Tino Kreßner brachte gleich drei Beispiele aus der Medienbranche mit: den Film „Am Borsigplatz geboren“, ein Film über den BVB-Gründer Franz Jacobi; „Langstrecke“ der Süddeutschen Zeitung und das journalistische Projekt „Päng!“

Während es beim Film um klassisches Crowdfunding ging, stand für die SZ und bei Päng! die Marktforschung im Vordergrund. Vor allem: Was will die Zielgruppe? Diese Frage, betonte Kreßner, müsse man sich immer wieder stellen, um zum Erfolg zu kommen. Tipp Nummer zwei: Selbst Crowdfunding-Projekte unterstützen. „Wir reden hier von fünf oder zehn Euro“. Aber dafür lernt man von anderen: Wie schnell versteht man die Idee? Wie läuft das Projekt? Wann gibt es Höhen und Tiefen? Und gibt es ein Dankeschön? Tipp Nummer drei: Klein anfangen und Erfahrungen sammeln: „Nicht gleich mit einem Millionenprojekt starten, das könnte schief gehen.“

„Crowdfunding ist ein Männerthema“

4. IHK Crowdfunding Night

Volles Haus bei der Crowdfunding Night im Werk1 am Münchner Ostbahnhof.

Einen etwas anderen Weg haben Susann Hoffmann und Nora-Vanessa Wohlert eingeschlagen. Für ihre Business-Lifestyle-Plattform „Edition F“ entschieden sie sich für Crowdinvesting über die Plattform Companisto. Dort investieren Nutzer in ein Startup und erhalten im Gegenzug Anteile. Das Duo überzeugte 2014 mehr als 700 Investoren. Mit 250.000 Euro konnten sie „Edition F“ realisieren.

Interessanterweise zählten viele Männer zu den Unterstützern, berichtete Wohlert. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: „Crowdfunding- und investing ist eher ein Männerthema.“ Auch sie hatte Ratschläge parat: „Es ist klug, die ganze Aufmerksamkeit und Social-Media-Aktivitäten auf den ersten Tag der Kampagne zu bündeln. So wird man vielleicht Trending Topic oder mehr geteilt und erreicht mehr Leute als in den Wochen danach.“ Ein weiterer Rat: dranbleiben. „Es geht nicht immer steil nach oben.“

Sie machte denjenigen, die im Publikum saßen und noch am Anfang stehen, Mut: „Ich habe noch nie so viel gelernt wie in den vergangenen eineinhalb Jahren. Ich würde jedem empfehlen, der etwas gründen will: Macht es einfach.“

Was man allerdings nicht unterschätzen dürfe: Bei Companisto sei man vertraglich verpflichtet, alle Anfragen zu beantworten. „Darüber muss man sich bewusst sein. Das ist sehr zeitintensiv und kann ein Vollzeitjob sein“, warnte Hoffmann.

„Scheitern ist nichts Negatives“

Trotz der Erfahrungsberichte hatte das Publikum noch jede Menge Fragen. Das führte zu lebhaften Diskussionen. Zum Beispiel, ob Medien helfen können, Bekanntheit zu schaffen und dadurch mehr Geldgeber zu locken? Nein, sagten die Crowdfunding-Profis auf dem Podium. Ja, sagte ein Teilnehmer. Und muss man „die Hosen runterlassen“, wenn man sich für Crowdinvesting entscheidet? Ja, betonte das Edition-F-Duo. Nein, sagte ein Teilnehmer.

Crowdfunding Night

Das ist wie auf dem Oktoberfest: Crowdfunding – Mach es einfach!

Nicht zuletzt ging es um die existentielle Frage: Was mache ich, wenn ich scheitere? Ganz einfach, antworteten Startnext-CEO Kreßner und Regisseur Kundinger: weitermachen. „Scheitern ist nichts Negatives. Im Gegenteil, man gewinnt Erfahrung“, betonte Kreßner. Es sei besser, frühzeitig zu erkennen, dass eine Idee nicht funktioniert, als sich jahrelang daran abzuarbeiten und dann aufgeben zu müssen.

Ist die Idee cool oder nicht?

Der Filmemacher Kundinger brachte es auf den Punkt: „Du fragst dich: Ist die Idee cool oder nicht? Und wenn nicht, geht das Leben auch weiter.“ Edition-F-Gründerin Nora-Vanessa Wohlert ergänzte: „Man fällt weich. In den Job zurück kannst du immer.“

Wer noch weitere Fragen hatte, konnte die vier Referenten und die Gastgeber beim Networking direkt ansprechen. Im Café vom Werk1 diskutierten Gründer mit Kapitalgebern und Crowdfunding-Erfahrenen. Und mit Sicherheit wurden hier jede Menge neue Kontakte geknüpft. „Nichts ist wertvoller, als sich mit anderen auszutauschen“, hatte IHK-Gründungsberaterin Heimrich zu Beginn des Abends versprochen. Und das galt auch für den Abschluss der Crowdfunding Night.

 

 

 

Kommentar abgeben

Kommentar abgeben

Bitte achten Sie auf höfliche und faire Kommunikation. Mehr dazu unter Blogregeln.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit einem * markiert.

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbedingungen und mir ist bewusst, dass meine Daten zur Verarbeitung meines Kommentares gespeichert werden.