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08.03

Games in Bavaria: Mehr als Bier und Autos

von Robin Hartmann unter Netzwelt

Spieleentwicklung bei uns in Bayern?! Ja, das gibt’s und zwar schon eine ganze Weile. Und dabei reden wir hier nicht nur von einer Hand voll Unternehmen, sondern von der gesamten Wertschöpfungskette: von Studiengängen und Gründern über Servicedienstleister bis hin zu global agierenden Firmen. Die Gamesindustrie, die meist mit modernster Technik virtuelle Erlebniswelten erschafft, bietet einiges zum Entdecken. Robin Hartmann, Projektmanager Games im WERK1, hat für BLMplus ein Resümee gezogen .

Von Studentenprojekten und Raketenwissenschaften

Cubiverse

Cubiverse, ein Studentenprojekt. Foto: Media Design Hochschule München

Videospiele gibt es in den verschiedensten Größen, vom kleinen Hobby- oder Studentenprojekt, wie dem schönen Cubiverse, das an der Media Design Hochschule in München entwickelt wurde, bis zum millionenschweren Blockbuster. Dazu kommen noch Genres, welche vom Text Adventure bis hin zum Grafikfeuerwerk eines großen Rollenspiels auf Konsolen wie der Xbox One reichen.

Und wo wir gerade von Konsolen reden: Natürlich existieren auch noch eine Reihe anderer Plattformen. Es wird ja nicht nur für den Heimcomputer entwickelt, sondern jeder von uns kann sich sicher noch an den Gameboy erinnern oder seinen aktuellen Urenkel, den Nintendo 3Ds. Außerdem: Die Meisten besitzen inzwischen auch Smartphones, auf denen sicher auch das ein oder andere Spiel installiert ist.

Games-Entwickler müssen sich also schon ganz schön viele Gedanken machen, was, für wen und für welche Plattform sie entwickeln möchten, bevor sie loslegen. Denn der Markt ist groß und umfasst mehr als Video- und Computerspiele. Dank des mobilen Internet kommen jede Menge Onlinespiele dazu.

Spieleentwicklung bedeutet Teamarbeit

Spielentwickler

Spieleentwicklung, wie hier auf der Game Jam, funktioniert nur im Team.

In den seltensten Fällen schließt sich dabei eine Einzelperson in den Keller ein und kommt irgendwann mit dem fertigen Spiel wieder heraus. Spieleentwicklung bedeutet Teamarbeit und verbindet das Können von unterschiedlichen Gewerken und Spezialisten. Bei der Entwicklung lässt sich das vereinfacht auf vier Säulen bzw. Berufsbilder herunterbrechen:

  • Gamedesigner: Spielinhalte und grundlegende Mechaniken, Charaktere und Spielregeln werden von den Game Designern ausgearbeitet und stellen die Basis dar, auf der Videospiele entwickelt werden. Designen bedeutet in der Spieleindustrie nicht zu zeichnen bzw. die grafischen Elemente zu erstellen, das machen die Artist‘s.
  • Programmierer: Als Programmierer ist man dafür verantwortlich, das von den Game Designern entwickelte Spielkonzept unter Einsatz verschiedener Technologien und Programmiersprachen umzusetzen, sowie neue Features in ein bestehendes Spiel zu implementieren.
  • Gameartist: Moderne Computer- und Videospiele sowie eine immer größere Anzahl an Online-Spielen beeindrucken heute mit einer qualitativ hochwertigen und detailverliebten Grafik, an deren Realisierung eine Vielzahl an Spezialisten beteiligt ist, sei es nun 2D, 3D oder Animationen. Hier kommen die Gameartists ins Spiel.
  • Projektmanager: Von der Konzeptionsphase bis zum Launch begleitet der Projektmanager/Producer den gesamten Entstehungsprozess eines Spiels, hilft dem Team bei der Planung und unterstützt sie, ihre Ziele in Time, Budget und Quality fertig zu stellen.

Selbstverständlich gibt es noch einige Berufsbilder mehr, die bei so einer Spieleentwicklung nicht fehlen dürfen, zum Beispiel Sound und Musik. Irgendjemand muss sich ja auch um den Vertrieb kümmern. Dabei gilt: Je weniger Personen an einem Projekt arbeiten, desto mehr Aufgaben muss der Einzelne übernehmen. Produktionen reichen dabei von 1-2 Personen bis hin zu Teams von mehreren Hundert Beteiligten.

Wenn alles gut läuft, ist am Ende ein neues Game entstanden und im Idealfall gibt’s auch begeisterte Spieler.

Wirtschaftsfaktor Spieleentwicklung

Weltweit macht die Spieleindustrie ca. 75 Milliarden Dollar Umsatz, dies geht aus den Auswertungen der Marktforschungsagentur Newzoo für 2014 hervor, Tendenz steigend. Deutschland liegt mit seinen ca. 3,7 Milliarden Dollar Umsatz unter den Top 5-Standorten.  Das sind Größen, die nicht den Vergleich mit Film und Musik scheuen müssen und ohne Zweifel zeigen, dass wir hier nicht nur von einer Nische sprechen.

GTA V - Entwicklungskosten und Umsatz

Schon am ersten Tag eingespielt: die Entwicklungskosten von GTA V.

Das Volumen einer Spieleproduktion reicht von mehreren 10.000 Euro für kleinere Produktionen bis hin zu richtig schweren Großproduktionen. Das Spiel „GTA V“ verschlang satte 265 Mio. Dollar in der Entwicklung und Vermarktung, spielte jedoch schon am ersten Tag ca. 800 Millionen wieder ein und finanzierte sich dadurch bereits selbst. Leider schafft das nicht jede Produktion, denn die benötigten Mittel müssen erst einmal zur Verfügung stehen und Entwickler bewegen sich in einem schwer umkämpften Markt.

Mobile Games: gesättigter Markt

Vor allem im mobilen Bereich spricht man von einem „Red Ocean“, also einem sehr gesättigten Markt, in welchem es schwer ist, die benötigte Aufmerksamkeit auf sein Spiel zu lenken. Die Zahlen von Pocketgamer.biz – diese Seite verfolgt unter anderem die Zahlen des Apple Appstore – zeigen, dass die Kategorie Games nicht nur die populärste ist, sondern dass jeden Tag, einschließlich Updates, ca. 400 Spiele eingereicht werden. Es reicht also heute leider nicht mehr, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu schaffen, wenn es am Ende vielleicht keiner sieht.

Trotz aller Herausforderungen schaffen es in Deutschland nicht wenige davon zu leben. Laut dem Branchenverband BIU (Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware) sind in Deutschland rund 13.000 Menschen in der Computer- und Videospieleindustrie beschäftigt. Wenn wir auch die angrenzenden Bereiche wie Fachverkäufer, Institutionen, Journalisten etc. hinzuzählen, steigt die Zahl auf über 30.000 Personen

Spieleindustrie muss sich im internationalen Markt behaupten

Deutschland ist zwar eines der umsatzstärksten Länder der Spieleindustrie, aber nur ein geringer Bruchteil davon kommt auch wirklich unseren Unternehmen zu Gute. Laut BIU sind es nur 7% des Umsatzes in Deutschland, der auch bei den deutschen Entwicklern und Publishern bleibt.

Das kommt daher, dass die Spieleindustrie in internationalen Gewässern segelt. Spiele, die nur für einen lokalen Markt entwickelt werden, bilden inzwischen die Ausnahme. Die deutsche Industrie muss sich deshalb dem Vergleich zu Ländern wie Kanada, Finnland, China, UK etc. stellen, die auch fantastische Produktionen vorweisen und außerdem mit Förderungen wie Steuervergünstigungen oder speziellen Fonds locken.

Support für die Industrie

Das, was unsere Spieleindustrie ausmacht, sind die Menschen, die dahinter stehen. Fotos: Gamescom/Robin Hartmann

„Moment mal… warum denn Support? Hieß es nicht eben, dass die Branche Milliarden Umsätze macht?“ Ja, schon. Aber angesichts des internationalen Wettbewerbs und der Spieleindustrie als bedeutendem Standortfaktor ist es wichtig, unserer Industrie und Community in Bayern einiges zu bieten.

Über den FFF-Bayern besteht die Möglichkeit für Spieleunternehmen Konzept-, Prototypen- und Produktionsförderung zu beantragen. So wurden in den letzten Jahren schon 72 Projekte mit mehr als 3,8 Millionen Euro gefördert.

Das MedienNetzwerk Bayern punktet vor allem mit seiner Vernetzung zwischen verschiedenen Industrien. Ein tolles Beispiel dafür war der Zusammenschluss von MedienNetzwerk, BICCnet, Medical Valley und WERK1, die gemeinsam die Veranstaltungsreihe „Healthcare meets Games & IT“ auf die Beine stellten. Hier prallten nicht nur zwei sehr unterschiedliche Welten aufeinander, sondern es entstanden auch wertvolle Kontakte, um voneinander zu lernen.

Brücken zwischen Politik und Industrie schlagen

Bayerns Gründerzentren helfen mit ihrem digitalen Fokus jungen Unternehmen Fuß zu fassen. Allen voran das WERK1 in München, das zudem noch Treffpunkt der Industrie für eine Vielzahl an Veranstaltungen ist und einen eigenen Projektmanager (also mich) beschäftigt, um Brücken zwischen Politik und Industrie zu schlagen, sowie die Spieleindustrie allgemein zu unterstützen.

Aber auch die Industrie selbst weiß sich zu helfen, viele Usergroups und Events mit dem Schwerpunkt Games entstanden aus der Community heraus und finden mittlerweile regelmäßig statt. Nicht verwunderlich ist auch, dass ein Großteil der Bayerischen Spieleindustrie in München sitzt. Hier hat sich daraus sogar ein eigener Verband (Games Bavaria Munich e.V.) gegründet, um sich noch besser zu vernetzen und aufzutreten.

Ich persönlich freue mich sehr darauf zu sehen, wie die Spieleindustrie in Bayern weiter an Bedeutung und Unterstützung gewinnen wird. Wenn Industrie, Institutionen und Politik an einem Strang ziehen, werden wir zu Hause bald noch öfter von heimischen Games begeistert werden. Aber nächste Woche lockt erst mal die Game Developers Conference (GDC) in San Francisco. Mal sehen, wer aus Bayern sich dort trifft.

Weitere Informationen:

Ein Großteil der in Bayern stattfindenden Events und Aktionen der Spieleindustrie laufen unter der Dachmarke Games/Bavaria. Neugierige und Wissenshungrige finden auf der Website www.games-bavaria.com ein Firmenregister der bayerischen Spieleunternehmen, einen Eventkalender und Ansprechpartner.

Gebündelt gibt’s die Informationen dieses Beitrags auch in der dazugehörigen Präsentation oder in der gerade erschienenen Standortbroschüre Games Bavaria.

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