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02.08

Ein Jahr Media Lab Bayern – Förderung für Medien-Startups

von Pia Lexa unter Netzwelt

Ein Jahr Media Lab Bayern – das heißt auch ein Jahr Förderung für Medien-Startups. Am 28. Juli feierte das Media Lab der BLM seinen ersten Geburtstag und verabschiedete die zweite Runde mit Startup-Fellows aus dem Förderprogramm. Vor rund 90 Gästen präsentierten die Teams im Münchner WERK1, wie weit sie in den vergangenen Monaten gekommen sind.

Ein Jahr Media Lab Bayern: Demoday & Birthday Bash

Ein Jahr Media Lab Bayern

Lina Timm, Leitung Media Lab Bayern, schneidet die Geburtstagstorte an. Foto: BLM_Petra Ragaller

Sechs Monate haben die Startup-Fellows im Media Lab Bayern verbracht und sich stark weiterentwickelt. Wie viel in den ersten Monaten einer Startup-Gründung passiert und wie wichtig, ja überlebenswichtig, auch das Umschwenken – im Fachjargon “pivoting” ist, hat diese zweite Förderrunde im Rahmen des Founders Fellowship-Programms noch viel stärker gezeigt.

“Diesmal gab es definitiv mehr Dynamik, mehr Chaos und mehr Bewegung. Einige Teams haben sich während der sechs Monate komplett neu zusammengesetzt, haben ihre Ideen gleich mehrmals über den Haufen geworfen und sich ganz neu aufgestellt”, erzählt Lina Timm, Leiterin des Media Lab Bayern.

“Das hat uns zwar oft Nerven gekostet, ist aber ein wichtiger Prozess auf der Suche nach dem perfekten Produkt für den Markt“, so Timm.

Pioniere, die Wege ebnen

Ein Jahr Media Lab Bayern - Georg Dahm

Gründer Georg Dahm ermutigte die Startup-Teams, Pionierarbeit zu leisten. Fotos: Media Lab Bayern_C. Gschoßmann

Welchen Schwierigkeiten man bei der Gründung eines Medien-Startups begegnen kann, weiß auch Georg Dahm, Gründer von Fail Better Media und Keynote-Speaker des Abends.

Dahm ermutigte die Teams dazu, ihren Weg weiter zu gehen und den typischen Vorbehalten gegenüber dem Geld verdienen im Journalismus mit einem trotzigen “Journalism doesn’t scale – my ass!” frei übersetzt: “Journalismus skaliert sehr wohl!” zu begegnen.

Das soll heißen: Schnelles Marktwachstum ist auch für journalistische Startups möglich. Was die Branche jetzt brauche, so Dahm, wären Pioniere, die Wege ebnen und Erfahrungswerte schaffen, wo noch keine sind.

Holodeck 4.0: Faszinierende Virtual Reality

Die Pioniere des Media Lab haben in den vergangenen Monaten einen guten Sprung nach vorne gemacht. Zum Pitch beim Demoday traten die Teams von Holodeck 4.0, Snaptrack, Jornu und Bohéme an.

Den Auftakt der Pitches machte Jonathan Nowak Delgado, dessen Startup “Holodeck 4.0” Virtual Reality bietet, in der man sich frei bewegen kann. Die Technologie stammt vom Frauenhofer IIS in Nürnberg. Dort befindet sich auch der Prototyp des Holodecks, eine mit Sensorentechnologie ausgestattete Halle, die bis zu hundert Personen fasst. Die Besucher können mit Headsets durch die Virtual Reality spazieren und beispielsweise interaktive Spiele oder Dokumentationen erleben.

Im Media Lab Bayern hat das Team insbesondere daran gearbeitet, ein journalistisches Storytelling zu schaffen, das die neuen Möglichkeiten der Technologie ausreizt und darstellen soll. “Storytelling in der Virtual Reality wird insbesondere dadurch erschwert, dass der Zuseher selbst entscheidet, wohin er seinen Blick wendet. Im Holodeck, kann er aber darüber hinaus noch entscheiden, wohin er gehen will”, erläutert Nowak die Schwierigkeiten der neuen Technologie.

Im Media Lab suchte er sich zwei neue Teammitglieder, die bereits Profis im analogen Storytelling waren. Virtual Reality war für Janine Dittmann und Felix Hoch aber dann doch eine Herausforderung. Was sie dabei zuerst lernten: Virtuelle 3D-Welten zu erstellen ist vor allem wahnsinnig teuer und lohnt sich daher nur für Projekte, die eher zeitlos sind. Im Rahmen des Fellowship-Programms entwickelten sie eine virtuelle Doku, die sich mit dem Thema Rassismus beschäftigt. Der Nutzer kann sich in die Rolle eines Fluggastes mit Migrationshintergrund versetzen und bekommt immersiv die Vorurteile und Gedanken der anderen Menschen am Flughafen zu spüren.

Snaptrack: Erfolg von Snapchat Stories messen

Snaptrack

Wie lässt sich der Erfolg von Snapchat messen? Mit Snaptrack, so Marvin Göldner.

Marvin Göldner vom Startup Snaptrack betrat beim Demo Day die Bühne mit dem Satz: “Ich bin dann wahrscheinlich das Chaos, von dem Lina gesprochen hat.” Das Team um Göldner hat nicht nur seine Besetzung, sondern auch die Geschäftsidee selbst mehrfach geändert. Mitunter auch wochenweise.

Die erste Idee war, eine Nachrichten-Morningshow im Internet zu starten. Nach Versuchen mit Facebook Live und Snapchat erkannte Göldner irgendwann die Problematik, dass es keine Tools gibt, um den Erfolg von Snapchat-Stories überhaupt zu messen. Für Marken und Publisher, die auf Snapchat unterwegs sind, ist aber genau das wichtig. So können sie ihre Geschichten optimieren.

Kurzerhand taten sich Göldner und ein anderes Team des Media Lab, das vor allem aus Entwicklern bestand, zusammen. Beim Digital Journalism Hackathon codeten sie über Nacht einen ersten Prototypen und feilten ihn in der verbleibenden Zeit im Fellowship weiter aus. Jetzt ermöglicht “SnapTrack” das Auslesen von Metriken von Snapchat-Accounts, außerdem können mehrere Redakteure an einer Snapchat-Story arbeiten. Mit der Idee wurde das Team jetzt in einen Berliner Startup-Accelerator aufgenommen.

Jornu: Individuell Journalisten abonnieren

Welche Medieninhalte wollen die User eigentlich und wie kann man dem Journalismus seine Glaubwürdigkeit zurückgeben? Dieser Frage hat sich vor knapp sieben Monaten das Team Jornu gestellt, damals beim ersten Hackathon des Media Lab im Dezember 2015. Das Team um Lisa Altmeier und Steffi Fetz hat die sechs Monate dazu genutzt, eine Plattform zu bauen, auf der User Abonnements für einzelne Journalisten abschließen können.

Auf diese Weise können sich die User eine eigene Redaktion zusammenstellen, ganz nach den individuellen Interessen. Die Idee ist über die Monate gleich geblieben, nur an den Claims und der genauen Ausrichtung hat das 5er-Team gefeilt. Jetzt ist die Plattform bereit für den Beta-Test – wer möchte, kann sich über jornu.com registrieren. Wenn die Version sich bewährt, soll es im Herbst an den richtigen Launch gehen.

Bohème: ein digitaler Lesezirkel

Für Amadeo Gaigl vom Startup Bohème hingegen ist die Frage weniger, „was“ konsumiert wird, als „wo“ und „wann“ die Nutzer Zeit für Medieninhalte haben. Die Frage stellte sich das Team zum ersten Mal in einem Kaffeehaus in Wien, in dem das Zeitunglesen zur Atmosphäre und Kultur einfach dazu gehört. Weil die alten Zeitungsspanner aber ziemlich „oldschool“ waren, wollte Gaigl das Gefühl in die Moderne übertragen.

Sein Team baute eine App, die den Zugang zu Premiuminhalten von Zeitungen und Zeitschriften ermöglicht, wenn man gerade in teilnehmenden Cafés oder Arztpraxen sitzt. So kann der Nutzer zum Beispiel die digitale Ausgabe der Süddeutschen Zeitung auf seinem Handy lesen. Möglich wird das über iBeacons, die erkennen, wenn sich ein Handy in einer Location aufhält.

Neben der Location sind es für das Team aber auch bestimmte Situationen, in denen sie die Leser mit Medieninhalten versorgen möchten: zum Beispiel unterwegs. Bohème ist mittlerweile in einigen Zügen der Südostbayernbahn sowie an Bord einiger Fernbusse des Anbieters “Flixbus” zugänglich. In der Zeit im Media Lab Bayern ist es Bohème damit als erstes Unternehmen gelungen, die Beacontechnologie in Zügen zu installieren. Parallel dazu haben sie ihr Vertriebsnetzwerk aufgebaut und wollen bald auch in anderen deutschen Städten starten.

Media Lab Bayern strukturiert Fellowship um

Demoday des Media Lab Bayern

Ideen und Erfahrungen austauschen beim Demoday des Media Lab Bayern am 28. Juli.

Während der Fellowship-Zeit im Media Lab Bayern haben die Teams vor allem immer wieder an den Fragen gearbeitet: Was wollen die User eigentlich und wie können wir ihre Probleme lösen?Auch das Lab hat sich nach der zweiten Förderrunde diese Fragen gestellt: Wie können wir die Startups besser unterstützen und noch stärker auf die spezifische Situation von Gründern in der Medienbranche eingehen?

„Insbesondere die Dynamik in den Teams hat uns dazu bewogen, dem bisherigen Fellowship ein Programm voranzustellen, in der sich Teams und Ideen finden können“, erklärt Lina Timm. So gibt es noch mehr Spielraum zum Experimentieren. Das neue Media Entrepreneurship Program, das im September starten soll, richtet sich jetzt auch an Einzelpersonen, die noch keine Startup-Idee und kein Team haben. Zwei Monate haben die Teilnehmer eng begleitet von Coaches ab Oktober Zeit, ein Themenfeld und Mitgründer zu finden. Das Programm können sie auch in Teilzeit absolvieren.

Startups, die schon über dieses Stadium hinaus sind, können sich auf das zweite Programm bewerben. Das Media Startup Fellowship fördert Teams mit validierter Idee ab Januar 2017 mit einem Prototyping Budget von 10.000 Euro, Büroräumen, Coaching, Mentoring und Workshops. Das Ziel: einen Prototypen mit validem Geschäftsmodell zu entwickeln. Mit diesen beiden neuen Programmen hat auch das Media Lab Bayern umgeschwenkt – „pivoting“ eben. Für beide Programme läuft die Bewerbungsfrist noch bis zum 4. September!

 

 

 

 

 

 

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