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16.02

Digital Media Camp 2017: Von Bots über Hatespeech bis zum Adblock-Showdown

von Christoph Gschossmann unter Netzwelt

Zwei Tage, über 67 Sessions, fast 300 Teilnehmer und ein spannendes Aufeinandertreffen von Adblock Plus-Sprecherin Laura Sophie Dornheim und Blogger Sascha Pallenberg: Das zweite Digital Media Camp des Media Lab Bayern hatte gleich einige Premieren.

Kontroverse Diskussionen und spannende Sessions beim Digital Media Camp 2017

Bei einem Barcamp weiß man vorher eigentlich nie, was einen erwartet. Eigentlich. Diesmal jedoch irgendwie schon. Beim zweiten Digital Media Camp, dem Barcamp des Media Lab Bayern rund um digitalen Journalismus, wussten fast alle der 296 Teilnehmer, dass eines der heißesten Themen Adblock Plus hieß. Wie auf Barcamps üblich konnte beim Digital Media Camp jeder eine Session vorschlagen  —  und schon beim “Call for Ideas” vor dem Wochenende meldete sich nicht nur Adblock Plus-Unternehmenssprecherin Laura Sophie Dornheim, sondern auch Blogger und Adblock-Gegner Sascha Pallenberg für eine Session an. Unter Digitaljournalisten wird derzeit kontrovers diskutiert: Sind Adblocker der Feind? Berauben sie die Zunft ihrer Existenzgrundlage im Web? Oder machen sie das werbeüberflutete Surferlebnis erst wieder erträglich?

Campfeeling auf dem Digital Media Camp / Foto: Schenk

Fake-News bis digitaler Nachlass: Themenvielfalt auf dem #dmcmuc

Bevor diese Debatte aber so richtig startete, gab es einige andere Themen, die die Gemüter bewegten. Zum Beispiel “Fake News”. Seit Trump ist der Begriff in aller Munde, aber wo und wie unterscheidet man zwischen klassischen Falschmeldungen oder Satire? Eine Session widmete sich ausschließlich der Begriffsdefinition des Buzzworts.

Auch Hasskommentare sind eines der aktuellsten Themen in den digitalen Medien. In einer Session sprachen die Teilnehmer daher über Strategien, wie man als Publisher mit Trollen möglichst gut fertig wird. Michael Praetorius zeigte den Teilnehmern währenddessen, welche Kniffe er beim Livestreamen auf Facebook & Co anwendet. Zum Beispiel: keine bunte Themenmischung zu liefern, sondern möglichst spezifisch zu sein.

Richard Gutjahr, einer der frisch gekürten “Journalisten des Jahres” in der Kategorie Reporter National des Medium Magazins, klärte am Sonntag über „Good bots, bad bots“ auf und brachte damit etwas Licht in die verworrene Welt der automatisierten Messages. Und ließ es sich nicht nehmen, Sascha Pallenberg mitten im Microsoft-Atrium einen Adblock-Plus-Aufkleber auf dessen Käppi zu drücken.

Sascha Pallenberg und Laura Dornheim halten eigene Sessions

Und dann war es so weit. Sowohl Laura Dornheim als auch Sascha Pallenberg hielten eigene Sessions zum Tagesthema Adblock Plus, einem der beliebtesten Browser-Plugins weltweit. Adblock Plus stellte sich damit auf dem Digital Media Camp erstmals öffentlich einem der heftigsten Kritiker der Software.

Pallenberg hatte in den vergangenen Monaten und Jahren mit seinen ehemaligen Kollegen von Mobilegeeks viel Zeit in die Recherche über die Adblock-Firma gesteckt. Daher auch der Titel seiner Session: „Adblock Plus  —  was dahinter steckt.“ Der Blogger nahm darin kein Blatt vor den Mund. Er bekundete zwar zuerst seinen Respekt für Dornheim, stellte aber klar, dass er „so lange weiter mache, bis Adblock Plus illegal“ sei. Die Fronten waren geklärt.

Als nichts weniger als „digitale Schutzgelderpresser“ und „Mafia der Werbebranche“ bezeichnete er die Kölner Firma, die laut seinen Recherchen das Vertrauen von Millionen von Nutzern missbrauche. Das Publikum war dabei allerdings nicht in allen Punkten auf seiner Seite  —  viele hatten Adblocker installiert, weil ihnen die heutige Onlinewerbung schlicht zu nervig wird.

Blogger Sascha Pallenberg in seiner Session zu Adblock Plus / Foto: Gschoßmann

In Pallenbergs Session (hier zum Stream von Lousy Pennies) kam Dornheim kaum dazu, sich zu rechtfertigen. Stattdessen gab sie den Besuchern des Digital Media Camps in zwei eigenen Sessions (hier zu einer Session von Dornheim) die Möglichkeiten, Fragen zu stellen und ihre Antworten gegen Pallenbergs Argumente abzuwägen. Die Teilnehmer konnten sich im Austausch miteinander ihr eigenes Bild machen, ganz im Sinne eines Barcamps.

Bedarf an digitalen Barcamps riesig

Neben der großen Adblock-Debatte bekamen auf dem Digital Media Camp aber auch kleinere, dafür nicht minder wichtige Themen Platz: Zum Beispiel, wie Blinde Social Media erleben, und, was nach dem Tod mit dem Facebook-Account passiert (hier geht’s zum kompletten Sessionplan mit allen Themen).

„Wer mag nächstes Jahr wiederkommen?“, fragte Lina Timm, Leiterin des Media Lab Bayern, das das Digital Media Camp initiiert und organisiert hat, schließlich am Sonntagnachmittag. Per Handzeichen wurde noch einmal offensichtlich, was in vielen Gesprächen über das gesamte Wochenende hin deutlich wurde: Der Bedarf nach Austausch auf Barcamps dieser Art ist riesig.

Erneut war der offizielle Hashtag #dmcmuc mit 4461 Tweets das Nummer-1-Trending Topic der deutschen Twitter-Charts. Die Besucher reisten unter anderem aus Norddeutschland, Amsterdam und Wien nach München an. RP-Journalist Daniel Fiene verfolgte das Barcamp auf Twitter  —  und bereute seine Entscheidung, nicht selbst nach München gefahren zu sein. Und wie viele andere fragte auch er: Wann ist der Termin 2018?

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