01.07
Der digitale Bierdeckel – Micropayment im Journalismus
Mit dem Zahlen für Inhalte im Web ist das so eine Sache. Noch hat kein Bezahlmodell die Nutzer überzeugt. Ein junges Unternehmen aus München namens LaterPay will dies ändern.
Die BILD-Gruppe hat erstmals Zahlen zur Zahlungsbereitschaft Ihrer User veröffentlicht. Rund 200.000 Leser zahlen für BILDplus. 30.000 davon aber nur € 1,99 für die Smartphone-only-Angebote. Etwa 140.000 davon zahlen immerhin € 4,99 im Monat. Knapp 30.000 legen sogar € 9,99 auf den Tisch. Das haben Zahlen des IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträger e.V.) ergeben. Die Verlags-Geschäftsführerin der BILD-Gruppe Donata Hopfen ist gegenüber DWDL.de zufrieden: „Die Ergebnisse der allerersten Paid Content-Ausweisung sind sehr erfreulich. […] Sie zeigen deutlich, dass Leser grundsätzlich bereit sind, für Inhalte im Netz zu zahlen – auch in einem Umfeld, in dem andere Angebote kostenfrei sind. Bezahlangebote sind aber nach wie vor ein Experiment, wir stehen am Anfang der Entwicklung und werden weiter Vieles ausprobieren.“
Teil dieser Entwicklung will auch der neue Micropayment-Dienst LaterPay sein. Er möchte „die Art und Weise verändern, wie Menschen digitale Inhalte im Internet kaufen und verkaufen“, so heißt es auf deren Website. Wie das Ganze funktionieren soll und warum LaterPay die Bereitschaft, im Web für Inhalte zu zahlen, verändern will, hat Gründer Cosmin Ene im Interview verraten:
BLM plus: Herr Ene, was ist der große Unterschied von LaterPay zu bestehenden Micropayment-Diensten und warum haben diese bis dato nicht geklappt?
Cosmin Ene: Bisherige Modelle sind oftmals der Versuch, analog funktionierende Verkaufsmodelle ins Internet zu übertragen. Der digitale Wandel ist insofern für viele Inhalteanbieter eine Herausforderung. Viele Anbieter halten am Abo-Gedanken fest und wissen nicht, wie sie Nutzern ihr Angebot im Internet schmackhaft machen können. Der Punkt ist, dass Nutzer online eher Häppchenlektüre betreiben und deshalb seltener die Verpflichtung eines Abos eingehen wollen. Das Internet ermöglicht den einfachen Aufruf von Informationen und Einzelinhalten. LaterPay ermöglicht den Konsum einzelner Bezahlinhalte, und zwar bequem und unmittelbar. Mit nur zwei Klicks kommt der Nutzer an den gewünschten Inhalt, ohne vorab störende Prozesse wie Registrierung oder Angabe persönlicher Informationen durchlaufen zu müssen. Zur Zahlung wird er erst später aufgefordert, wenn er eine Summe von fünf Euro überschritten hat. Bildlich gesprochen kann man mit LaterPay ein Glas Milch genießen, ohne gleich die ganze Kuh kaufen zu müssen.
Worauf basiert das Prinzip von LaterPay?
Das Prinzip steckt schon im Namen: Use now, pay later! Dahinter steht vor allem unsere Vision, Bezahlvorgänge im Netz so einfach und bequem wie möglich zu gestalten. Hürden wie die Vorabregistrierung entfallen komplett. So wird der Nutzer Schritt für Schritt an Paid Content gewöhnt, denn durch die niedrige Schwelle entfallen Berührungsängste mit dem Bezahlen im Internet. Daher bezeichnen wir LaterPay auch als Micropayment Enabler.
Genau so wichtig wie die Nutzerseite ist uns die Perspektive des Anbieters. Für ihn ist LaterPay deshalb attraktiv, weil er digitale Inhalte ab einem Preis von fünf Cent wirtschaftlich anbieten kann. Zudem kann er auf den einzelnen Artikel herunterbrechen, was sich gut verkauft und was eher den digitalen Laden hütet. Mit diesem Wissen kann er an den entsprechenden Schrauben drehen und Preisaktionen durchführen, um profitabler zu werden. Dabei liegt die Hoheit über die Preisgestaltung und das Geschäftsmodell zu jeder Zeit beim Anbieter.
Warum glauben Sie, dass via LaterPay plötzlich die Nutzer für die Inhalte zahlen wollen und die Gratiskultur im Netz verdrängen?
Zunächst glauben wir nicht an die vielbeschworene Gratiskultur im Netz. Nutzer haben grundsätzlich kein Problem, für digitale Güter und Dienstleistungen zu bezahlen – sofern der Bezahlvorgang einfach ist, der Preis nachvollziehbar, die Inhalte einen klaren Mehrwert haben und der Nutzer keine Angst um seine Daten haben muss. User möchten nur das kaufen, was sie wirklich nutzen wollen und worin sie einen wirklichen Mehrwert für sich sehen. Abomodelle bieten dafür nicht die optimale Lösung und wirken eher abschreckend. Es mangelt daher nicht an der Bereitschaft, für qualitativ hochwertigen Content zu zahlen, sondern an der Möglichkeit. Mit LaterPay hoffen wir, eine Lösung gefunden haben, bisherige Nicht-Zahler zu aktivieren, und zu beweisen, dass die Gratiskultur ein Mythos ist. Wir stehen zu 100 Prozent hinter der Aussage, dass gut gemachte Inhalte, ob Artikel, Video oder Podcast, einen Wert haben, der auch monetär bemessen werden kann.
Für wen ist LaterPay denn interessant? Sehen Sie Laterpay auch bei großen Verlagshäusern?
LaterPay ist für alle Anbieter digitaler Güter im Internet einsetzbar, vom Blogger bis hin zum großen Verlagshaus. Grundsätzlich kann mit unserer Lösung jeder Inhalt im Internet angeboten werden, der in Menge oder Zeiteinheiten bemessen werden kann. Zurzeit sind wir in Gesprächen mit mittelgroßen und großen Verlagshäusern und bieten auch für Blogger viele Möglichkeiten.
Auch für Spielefirmen ist LaterPay spannend. Die Spielebranche hat mit Free-to-Play ein funktionierendes Modell entwickelt, das auf Mikrotransaktionen basiert. Hier dient LaterPay als Conversion Enabler, indem bisher nichtzahlende Spieler ihre Items unmittelbar nutzen können und sich der Bezahlvorgang zeitlich nach hinten verschiebt. So bleiben sie im Spiel und werden gleichzeitig an die Nutzung von Paid Content gewöhnt.
Das Free-to-Play-Modell übertragen wir übrigens auf journalistische Angebote. In unserem Free-to-Read Ansatz kann ein Blogger oder Verlag seine Artikel umsonst anbieten, aber Zusatzinformationen – Bilder, Videos, Hintergründe, etc. – monetarisieren. Daneben steht Pay-per-Use und auch digitale Abos können mit LaterPay umgesetzt werden. Free-to-Read und Pay-per-Use hat der bekannte Blogger und Journalist Richard Gutjahr bereits in seinem Blog mit LaterPay getestet, mit ersten vielversprechenden Ergebnissen.
Warum glauben Sie daran, dass LaterPay den Online-Journalismus revolutioniert?
Revolution steht nicht auf unserer Fahne. Wir wollen einfach nur eine Bezahlmethode etablieren, die mit den Wünschen von Nutzern und Anbietern gleichermaßen im Einklang ist. Wir beschäftigen uns bereits lange mit den Diskussionen und verschiedenen Modellen, um mit digitalen Inhalten Geld verdienen zu können. Wir haben Probleme und Schwierigkeiten auf beiden Seiten identifiziert und LaterPay als Lösung entwickelt. Jetzt ist es unser Job, möglichst viele Anbieter digitaler Inhalte, vom Journalismus über Games, Video und Musik bis hin zu digitalen Services vom Einsatz zu überzeugen. Wir wollen Bezahlinhalte salonfähig machen und dazu beitragen, dass Inhalteanbieter Geld verdienen und die User bezahlte Mehrwerte erfahren.
Sie haben gerade eine große Finanzierungsrunde hinter sich. Wie geht es weiter und in welche Richtung entwickeln Sie?
In den kommenden Wochen werden wir weiteren Kunden ermöglichen mit LaterPay ihre Inhalte zu verkaufen. Dann werden wir unsere Self-Service-Platform sukzessive öffnen und immer mehr Kunden mit journalistischen Inhalten, Games und anderen Inhalten freischalten. Eine Zielgruppe dafür sind Blogger, kleinere Verlage und Fachverlage. Intern sind wir darüber hinaus stets mit der Verbesserung und Weiterentwicklung unseres Systems beschäftigt. Gleichzeitig bereiten wir die Einbindung von LaterPay bei größeren Verlagshäusern und Spieleanbietern vor.
Auf der re:publica wurde auch über Payment-Lösungen diskutiert. Dort hat Richard Gutjahr eine erste LaterPay-Bilanz gezogen:
Nützliche Links:
LaterPay
IVW – Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.
G! gutjahrs blog
Foto und Grafik: LaterPay GmbH
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